22. Sep. 2025Ist es Zeit für neue Leitlinien in der Dermatologie?

Psoriasis & Co.: Frauen und Männer ticken auch kutan anders

Ein systematischer Review untersuchte den Einfluss des Geschlechts auf den Verlauf und die Behandlungsergebnisse entzündlicher Hauterkrankungen am Beispiel der Psoriasis bei Frauen und Männern.

Psoriasis auf der Haut des Ellenbogens einer jungen Frau in einem weißen T
 vadim yerofeyev/stock.adobe.com
Frauen erhalten eher topische Therapien, systemische Therapien hingegen verzögert.

Genderaspekte in der Dermatologie betreffen etwa Prävalenzen, Ausprägungen, Therapieentscheidungen, Ansprechraten und Nebenwirkungen, aber auch Compliance und psychische Auswirkungen. Ziel der Arbeit war es, systematisch zu erfassen, inwiefern geschlechtsspezifische Unterschiede in klinischen Studien dokumentiert sind. Und welche Konsequenzen sich daraus für Diagnostik und Therapie ergeben.

Die Mehrzahl der ausgewerteten Studien waren retrospektive, nicht interventionelle Beobachtungsstudien (65,1%) und prospektive Beobachtungsstudien (21,7%). Es waren aber auch einige Querschnittsstudien und randomisierte kontrollierte Studien darunter.

Exemplarisch wurden die Gender-Unterschiede am Beispiel der Psoriasis und Psoriasis-Arthritis aufgezeigt. Insgesamt 49 Studien gingen auf die Unterschiede zwischen Männern und Frauen bei Psoriasis und Psoriasis-Arthritis ein.

Folgende Themen standen im Fokus der Analyse:

  1. Therapie-Auswahl: Frauen erhielten eher topische Therapien, Männer eher systemische. Frauen bekamen etwas häufiger herkömmliche Therapien, Männer etwas häufiger Biologika.
  2. Start der Therapie: Bei Frauen war ein verzögerter Start der sogenannten b-DMARDS (biologische krankheitsmodifizierende antirheumatische Medikamente) zu verzeichnen.
  3. Ansprechen auf die Therapie: Das weibliche Geschlecht stellte einen negativen Prädiktor für das Ansprechen auf herkömmliche Therapien wie Methotrexat dar. Hinsichtlich Psoriasis Area and Severity Index (PASI) und Dermatology Life Quality Index (DLQI) profitierten Männer mehr von TNF-Inhibitoren als Frauen. Auch sprachen Männer besser auf unterschiedliche biologische Therapien an. Bei atopischer Dermatitis stellt das weibliche Geschlecht interessanterweise einen positiven Prädiktor für das Ansprechen auf Dupilumab dar.
  4. Therapie-Adhärenz: Frauen zeigen sich adhärenter, was die Anwendung von topischen Therapien bei Psoriasis betrifft. Das gilt weniger für TNF-Inhibitoren und Biologika.
  5. Nebenwirkungen: Mehr Frauen als Männer leiden unter den Nebenwirkungen der Medikamente. Das gilt für topische Therapien genauso wie für herkömmliche und biologische systemische Therapien.
  6. Erwartungen an die Therapie: Frauen hielten es – anders als Männer – vor allem für wichtig, weniger depressive Verstimmungen zu haben, besser zu schlafen und eine bessere Alltagsproduktivität zu entwickeln.

Hypothesen zu vermindertem Ansprechen

Dass Frauen eher topische Therapien und systemische Therapien verzögert erhalten, könnte der Tatsache geschuldet sein, dass sich Psoriasis häufig erstmals in den reproduktiven Jahren manifestiert.

Die Zurückhaltung bei der Medikation könnte eine Konsequenz daraus sein, dass etliche Substanzen in der Schwangerschaft kontraindiziert oder bei Schwangeren nicht zugelassen sind.

Hier gilt es einerseits Patientinnen und die Ärzteschaft besser zu schulen. Andererseits ist noch intensivere Forschung zu betreiben, welche Medikamente während der Schwangerschaft und in der Stillzeit ohne Bedenken infrage kommen.

Erhöhte Immunogenität bei Frauen

Auch eine erhöhte Immunogenität bei Frauen und die weiblichen Sexualhormone dürften eine Rolle spielen. Denn diese biologischen Voraussetzungen können dazu führen, dass Anti-TNF-Antikörper gebildet werden, der Metabolismus von TNF-Medikamenten beeinträchtigt ist und die Wirksamkeit und Verträglichkeit der Medikamente beeinflusst werden.

Außerdem leiden Frauen mit chronischen Erkrankungen häufiger an Depressionen oder Angstzuständen. Das erhöht das Risiko für chronische Schmerzen, eine negativere Wahrnehmung der Erkrankung und schlechtere Bewältigungsstrategien.

Fehlende Dosisanpassung bei niedrigerem Gewicht

Nicht zuletzt spielt bei den Nebenwirkungen eine Rolle, dass die Therapie nicht an das jeweilige (niedrigere) Körpergewicht bei Frauen angepasst wird. Um die im Titel gestellte Frage zu beantworten: Es ist noch nicht an der Zeit für neue Richtlinien, aber es ist an der Zeit, die Ergebnisse jeder klinischen Studie in Hinblick auf Geschlecht und Gender bewerten, so die Autorinnen und Autoren. „Und ja, irgendwann könnte es auch an der Zeit für neue Richtlinien sein.“