Vertrauen als Voraussetzung für die HPV-Impfung
Laut Cochrane-Review braucht es für eine breite Akzeptanz der HPV-Impfung viel mehr als Aufklärung.

Die Impfung gegen humane Papillomviren (HPV) ist eine effektive Maßnahme zur Prävention von Zervixkarzinomen und anderen HPV-assoziierten Erkrankungen. Doch die Akzeptanz der HPV-Impfung von Kindern und Jugendlichen ist hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
In Österreich ist die HPV-Impfung seit 2014 Teil des kostenfreien Kinderimpfprogramms. Rund 50 Prozent der 14-Jährigen sind hierzulande vollständig gegen HPV geimpft.
Komplexe Impfentscheidungen
Eine qualitative Evidenzsynthese, erstellt von einem Team um Sara Cooper (University of Cape Town), liefert nun wichtige Erkenntnisse zu den vielschichtigen Ursachen für Akzeptanz, Skepsis oder sogar Ablehnung der HPV-Impfung. Die Ergebnisse von 71 Studien mit qualitativen Erhebungen – beispielsweise Interviews und Fokusgruppen – sind in dieser Übersichtsarbeit berücksichtigt. Die Studien haben die Einstellungen und Praktiken von Jugendlichen und deren Eltern sowie anderen Betreuungspersonen in Bezug auf die HPV-Impfung beleuchtet.
Die Entscheidung für oder gegen eine HPV-Impfung basiert demnach nicht nur auf individuellem Wissen und persönlichen Einstellungen. Vielmehr ist sie das Ergebnis eines komplexen Prozesses, in den soziale, politische, ökonomische, strukturelle und moralische Faktoren einfließen.
Ein wichtiges im Cochrane-Review identifiziertes Thema ist das Vertrauen bzw. Misstrauen gegenüber jenen Institutionen und Personen, die von der Bevölkerung mit dem Impfen in Verbindung gebracht werden. Dazu zählen etwa Lehrkräfte und Schulen, die pharmazeutische Industrie, die Regierung sowie Wissenschaft und Biomedizin – und natürlich auch Ärztinnen und Ärzte.
Dialog und Integrität
Demnach kann Gesundheitspersonal eine Schlüsselrolle bei der Zustimmung zur HPV-Impfung spielen – das ist gut abgesichert durch die vorliegende Evidenz. Ausbildung und Fachwissen wirken vertrauensfördernd, ebenso wie positive Beziehungserfahrungen und gemeinsame ethnische Zugehörigkeit.
Auf der anderen Seite können – laut Studien aus Europa und Nordamerika – Ärztinnen und Ärzte wahrscheinlich auch Misstrauen generieren, das bis zur Ablehnung der HPV-Impfung führen kann: etwa wenn die Impfaufklärung als zu oberflächlich, unausgewogen und widersprüchlich empfunden wird. Ähnliche Reaktionen treten auf, wenn dem Gesundheitspersonal kommerzielle Interessen oder rassistische Einstellungen zugeschrieben werden.
Historische oder aktuelle Erfahrungen mit struktureller Diskriminierung und Ausbeutung sind laut Cochrane-Review bzw. eingeschlossenen Studien aus den USA und aus Rumänien offenbar ebenfalls ausschlaggebend. Dann hinterfragen die Betroffenen die Absichten des in einer Machtposition befindlichen Fachpersonals und vermuten eigennützige Motive.
Weitere im Review identifizierte Einflussfaktoren sind unter anderen: biomedizinisches Wissen bzw. Nicht-Wissen, Wahrnehmung von Nutzen und Risiken, Erfahrungen mit anderen Impfungen und Impfprogrammen, Familiendynamiken, soziales Umfeld und Medien, sozio-kulturelle Einstellungen (etwa in Bezug auf Sexualität) sowie Zugang zu Impfungen. Diese zu berücksichtigen könnte laut Cochrane-Team bei der Planung, Implementierung und Verbesserung von HPV-Impfstrategien hilfreich sein – und letztlich eine höhere Akzeptanz für HPV-Impfungen bei Jugendlichen und deren Erziehungsberechtigten schaffen.
Weitere Details zu Ergebnissen und Methodik unter:
Cooper S, Schmidt B-M, Jama NA, Ryan J, Leon N, Mavundza EJ, Burnett RJ, Tanywe AC, Wiysonge CS. Factors that influence caregivers’ and adolescents’ views and practices regarding human papillomavirus (HPV) vaccination for adolescents: a qualitative evidence synthesis. Cochrane Database of Systematic Reviews 2025, Issue 4. Art. No.: CD013430. doi: 10.1002/14651858.CD013430.pub2

* Cochrane Österreich ist die nationale Vertretung des internationalen Forschungsnetzwerks Cochrane, zu dem sich Gesundheitsfachleute aus über 130 Ländern zusammengeschlossen haben, um zuverlässige und unabhängige Evidenzsynthesen bereitzustellen. Cochrane Österreich wird vom Niederösterreichischen Gesundheits- und Sozialfonds gefördert. Mehr Infos und Newsletter: www.cochrane.at