30. Apr. 2025Trotz guter Krankheitskontrolle

Fatigue und Schmerz belasten Rheuma-Patienten

Die meisten Menschen mit Rheuma-Erkrankungen leiden in ihrem Alltag vor allem unter Schmerzen und Fatigue. Diese Probleme werden in der Praxis bisher allerdings massiv unterschätzt, denn die Therapie zielt primär auf die Entzündungsaktivität ab, unter der Annahme, dass eine gute Krankheitskontrolle auch diese Symptome lindert.

Schmerz und Fatigue belastet Rheuma-Patienten
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Am EULAR-Kongress forderte die Rheumatologin Prof. Dr. Astrid van Tubergen, Universität Maastricht, dazu auf, das Bewusstsein für diese Problematik zu schärfen, Bewertungsinstrumente für Schmerz und Fatigue in die Praxis zu implementieren und damit der Unterschätzung von Schmerz und Fatigue bei Rheuma entgegenzuwirken.

Fatigue ist für viele bei Rheuma das Hauptproblem

Nur 26% aller Rheuma-Patientinnen und -Patienten sind mit ihrer Behandlung zufrieden, zitierte Prof. van Tubergen, aus einer amerikanischen Querschnittserhebung. Kein gutes Zeugnis.

Denn die Therapie zielt primär auf die Krankheitsaktivität und die geschwollenen Gelenke ab. Doch die Betroffenen leiden im Alltag vor allem unter Schmerzen und Fatigue. Dabei sind Fatigue und fehlende Energie für die meisten Menschen mit Rheuma das Hauptproblem beim Leben mit ihrer Erkrankung.

Auf Platz 2 folgt der Schmerz noch vor der eingeschränkten Beweglichkeit oder den beeinträchtigten Alltagsaktivitäten. „Vielleicht liegt es daran, dass wir Fatigue und Schmerz, anders als die geschwollenen Gelenke oder die Krankheitsaktivität, nicht sehen oder messen können“, versuchte Prof. van Tubergen diese Diskrepanz in der Wahrnehmung erklären.

Keine einheitliche Definition der Fatigue

Schmerz und Fatigue sind eben subjektiv. Viele Rheuma-Betroffene glauben wahrscheinlich, dass diese Symptome schicksalhaft zu ihrer Krankheit gehören. Ein großes Missverständnis, das dazu führt, dass Ärztinnen und Ärzte sowie Patientinnen und Patienten aneinander vorbeireden. Die Betroffenen sind in der Folge unzufrieden.

Fatigue ist ein komplexes, höchst subjektives Symptom, welches verschiedene Subtypen beinhaltet, erklärte die Expertin. Eine einheitliche Definition gibt es nicht. Man unterscheidet zwischen körperlicher oder psychologischer Fatigue. Symptome können fehlende Energie, eine rasche Ermüdbarkeit, Muskelschwäche („weiche Knie“), eine verlangsamte geistige Reaktionsfähigkeit oder eine kognitive Ermüdung sein.

Symptome trotz Krankheitskontrolle

Auch Schmerz ist ein komplexes Symptom. Aber zumindest gibt es hier eine einheitliche Definition: Schmerz ist „eine unangenehme sensorische und emotionale Erfahrung, die mit tatsächlichem oder potenziellem Gewebeschaden verbunden ist oder diesem ähnelt“.

Aber auch Schmerz ist sehr subjektiv und wird von biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren beeinflusst. Zu unterscheiden sind nozizeptive Schmerzen, z. B. durch eine Gelenkentzündung, neuropathische Schmerzen, z. B. beim Karpaltunnelsyndrom, oder noziplastische Schmerzen wie bei der Fibromyalgie.

„Wir haben lange gedacht, dass die Symptome verschwinden, wenn wir besser behandeln“, berichtete Prof. van Tubergen. Doch leider trifft das für Fatigue und Schmerz nicht zu.

So litten einer dänischen Querschnittsstudie zufolge etwa zwei Drittel der Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis, Psoriasisarthritis oder Spondylarthritis trotz niedriger Krankheitsaktivität unter Fatigue.

In einer prospektiven Studie aus den Niederlanden hatten 43% der Patientinnen und Patienten mit Rheuma-Erkrankungen trotz guter Krankheitskontrolle anhaltend eine Fatigue. Auch für den Schmerz sieht das nicht anders aus: So klagen selbst in Remission viele Betroffene über Schmerzen. Etwa 70% der Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis und moderater Krankheitsaktivität haben anhaltend Schmerzen, auch bei optimaler Therapie sind es immer noch 30%. Diese Ergebnisse suggerieren, dass nichtinflammatorische Mechanismen und eine zentrale Sensibilisierung bei den geklagten Schmerzen involviert sind.

Die Awareness für Fatigue bei Rheuma verbessern

Um dem Leid der Betroffenen gerecht zu werden, gilt es, sowohl bei den Rheuma-Patientinnen und -Patienten als auch beim Gesundheitspersonal das Bewusstsein für Schmerzen und Fatigue zu schaffen und Instrumente zur Bewertung dieser Symptome, zum Beispiel eine einfache NRS-Skala (0–10), in die tägliche Praxis zu integrieren, forderte Prof. van Tubergen. Der Fokus auf die eher sichtbaren Symp­tome führe zu einer verzögerten Behandlung von Fatigue und Schmerz.

Sie empfahl daher, das inflationäre Messen der Krankheitsaktivität und die daraus resultierende Eskalation der Therapie zu stoppen. Durch diese Maßnahmen kann der Unterschätzung von Fatigue und Schmerz mit all seinen negativen körperlichen, emotionalen und sozialen Aspekten entgegengewirkt werden. Um die Patientenzufriedenheit zu erhöhen, sollte daher immer ein maßgeschneiderter Behandlungsplan gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten erstellt werden.

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin CliniCum rheuma