
GLP1-RA: Herausforderung Adhärenz
Glucagon-like Peptide-1 Rezeptoragonisten (GLP1-RA) wirken effektiv gegen Diabetes, Übergewicht und Adipositas. Doch eine neue Studie zeigt, dass viele Patienten die Therapie innerhalb eines Jahres abbrechen, besonders jene ohne Typ-2-Diabetes. Warum sind die Abbruchraten so hoch, und wer nimmt die Therapie später wieder auf?

GLP1-RA werden zunehmend für die Gewichtsreduktion von Patienten mit und ohne Typ-2-Diabetes eingesetzt. Studien zeigen, dass sie nicht nur das Körpergewicht signifikant senken, sondern auch die Blutzuckerkontrolle verbessern und das kardiovaskuläre Risiko mindern.
Für eine langfristige Wirkung ist jedoch eine kontinuierliche Einnahme nötig: Setzt man GLP1-RA ab, folgt oft eine rasche erneute Gewichtszunahme. Dennoch stoppen viele die Behandlung.
Die neue Studie (1) beleuchtet die Hintergründe. Eingeschlossen waren 125 474 erwachsene Amerikaner, die zwischen 2018 und 2023 wegen Übergewicht oder Adipositas mit GLP1-RA (Liraglutid, Semaglutid oder Tizepatid) behandelt wurden.1
Die Ergebnisse zeigen, dass 53,6 % der Patienten die Therapie innerhalb eines Jahres beendeten. Auffällig war der Unterschied zwischen Patienten mit und ohne Typ-2-Diabetes mit 46,5 % vs. 64,8 %. Zwei Jahre nach Therapiebeginn lagen die Abbruchquoten bei 64,1 % (Diabetes) bzw. 84,4 % (kein Diabetes).
Nebenwirkungen und Alter als Einflussfaktoren
Die Untersuchung zeigt, dass mehrere Faktoren das Risiko eines Therapieabbruchs erhöhen. Mäßige bis schwere gastrointestinale Nebenwirkungen, häufig bei GLP1-RA, steigern das Abbruchrisiko etwa deutlich (HR 1,38 bei Diabetes, HR 1,19 ohne Diabetes). Bis zu 70 % der Patienten berichten über Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Verstopfung und Bauchschmerzen. Diese sind allerdings meist mild und vorübergehend.
Auch das Alter spielt eine Rolle: Patienten ab 65 Jahren beenden die Therapie häufiger als Jüngere (HR 1,28 mit Diabetes, HR 1,18 ohne Diabetes). Ein spürbarer Gewichtsverlust senkte hingegen die Abbruchrate: Eine 1%ige Gewichtsabnahme reduzierte die Abbruchwahrscheinlichkeit um 3,1 % bei Diabetes-Patienten und um 3,3 % bei Patienten ohne Diabetes.
In der US-Studie brachen Patienten mit höherem Einkommen die Therapie seltener ab: Ein Jahreseinkommen über 80 000 US-Dollar senkte das Abbruchrisiko um 28 % im Vergleich zu einem Einkommen von 30 000 US-Dollar (HR 0,72).
Wer nimmt die Therapie wieder auf?
Diese Studie ist die erste, die auch das Wiederaufnahmemuster nach einem Therapieabbruch charakterisiert. Von den 81 919 Patienten, die ihre Therapie abbrachen, hatten 41 792 eine Gewichtsmessung zum Zeitpunkt des Abbruchs und wurden in die Reinitiationsanalyse aufgenommen. 47,3 % der Patienten mit Diabetes nahmen die Therapie innerhalb eines Jahres wieder auf. Unter den Patienten ohne Diabetes entschieden sich 36,3 % für eine erneute Behandlung. Zwei Jahre nach Therapieende hatten 57,3 % der Patienten mit Diabetes und 46,4 % der Patienten ohne Diabetes die GLP1-RA wieder aufgenommen.
Ein wichtiger Faktor für die Wiederaufnahme war die Gewichtszunahme nach dem Absetzen. In der Diabetes-Gruppe führte eine 1%ige Gewichtszunahme zu einer 2,3 % höheren Wahrscheinlichkeit der Wiederaufnahme. Bei Patienten ohne Diabetes betrug dieser Effekt 2,8 %. Interessanterweise spielte das Einkommen bei der Wiederaufnahme der Therapie keine signifikante Rolle, obwohl sich tendenziell zeigte, dass Patienten mit höherem Einkommen eher zu GLP1-RA zurückkehrten.
Während in den USA hohe Medikamentenkosten ein entscheidender Faktor für den Therapieabbruch sind, spielt in Europa die Kostenerstattung eine wesentliche Rolle für die Adhärenz. So übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland und Österreich grundsätzlich nur für Patienten mit Typ-2-Diabetes die Kosten, sofern bestimmte Indikationen erfüllt sind. Adipositas-Patienten ohne Diabetes müssen die Therapie selbst finanzieren. Zusätzlich erschweren Lieferengpässe die kontinuierliche Versorgung.
- Rodriguez PJ et al. Discontinuation and Reinitiation of Dual-Labeled GLP-1 Receptor Agonists Among US Adults With Overweight or Obesity. JAMA Netw Open. 2025 Jan 2; 8(1):e2457349. doi:10.1001/jamanetworkopen.2024.57349.