NSCLC: Metastase führte zu Fehldiagnose
Tumore im Mediastinum sind selten, und Bronchialkarzinome wie das nicht-kleinzellige Lungenkarzinom (NSCLC) sind kaum mit dem Auftreten einer großen mediastinalen Masse assoziiert. Im vorliegenden Fall führte dieser Umstand zu einer Verzögerung der Diagnosestellung, da die Metastase größer als der Primärtumor war und die junge Patientin zudem Nichtraucherin ist. Der Fall weist auch auf die Bedeutung früher molekularer Tests hin.

Interessanterweise treten bei Patienten mit NSCLC, die Rearrangements im anaplastischen Lymphomkinase (ALK)-Gen aufweisen, häufiger Perikard- und Pleurabefunde auf.
Leitsymptom Husten
Die 39-jährige Frau stellte sich mit Husten vor. Die Computertomographie präsentiert eine 9,0×6,6×7,0 cm große Masse im Mediastinum, eine 3,1×2,1×2,0 cm großen Masse im rechten Oberlappen der Lunge und eine 5,4×3,1×7,2 cm große Läsion der Nebenniere.
Die Mediastinoskopie zeigte maligne Zellen mit unscharfen Grenzen, prominenten Nukleoli und klarem Zytoplasma. Die Immunhistochemie (IHC) war positiv für CD30, INI1, Pan-Cytokeratin und D2-40 (alkalische Phosphatase der Plazenta und Podoplanin) und negativ für AFP, b-hCG, Calretinin, und weitere Marker.
Auf Basis dieser Befunde wurde ein embryonales Karzinom als wahrscheinlichste Diagnose angesehen und die Patientin an die onkologische Gynäkologie überwiesen, wo sie eine Chemotherapie mit Bleomycin, Cisplatin und Etoposid erhielt.
Eine nach zwei Zyklen durchgeführte CT zeigte eine Zunahme der mediastinalen Masse.
Erneute Untersuchung
Die Patientin wurde zur weiteren Abklärung rücküberwiesen mit der Empfehlung, eine zusätzliche Untersuchung der ursprünglichen Biopsie-Proben durchzuführen. Diese ergab schließlich eine ALK-Positivität, bestätigt durch Next-Generation-Sequenzierung (EML4-ALK-Fusion, Variante 3a/b).
Nach einer Diskussion zwischen mehreren Pathologen in verschiedenen Einrichtungen war man der Ansicht, dass das Vorhandensein einer ALK-Fusion ausreichend Beweise lieferte, um die Diagnose in ein schlecht differenziertes Adenokarzinom der Lunge zu ändern.
Die Patientin erhielt Alectinib (600mg BID), woraufhin sich alle Läsionen verkleinerten. Nach drei Monaten wurde eine konsolidierende Strahlentherapie des Mediastinums, des rechten Lungenoberlappens und der Nebenniere durchgeführt. Das führte zu einem radiologisch vollständigen Ansprechen führte.
Die Patientin zeigte über 3,5 Jahre hinweg keine Anzeichen einer aktiven Erkrankung in der Bildgebung. Danach wurde bei ihr eine neue, ca. 1,5 cm große, sich vergrößernde Läsion im rechten Okzipitallappen festgestellt, die mit stereotaktischer Radiochirurgie behandelt wurde. Fast sechs Jahre nach der Erstdiagnose lebt die Patientin weiterhin unter stabiler Alectinib-Therapie ohne weitere Dosisanpassung.
Diskussion
Dieser Fall zeigt, wie wichtig es ist, bei allen Patienten mit einem neuen intrathorakalen Malignom die Diagnose Lungenkrebs in Betracht zu ziehen. Dies gilt auch, wenn der Patient jung ist und nie geraucht hat.
In der Erstdiagnostik zeigte die Bildgebung drei Tumorherde, wobei die mediastinale Masse fälschlicherweise als Primärtumor statt als Metastase angesehen wurde. Da histologische Merkmale nicht eindeutig waren, wurde eine molekulare Testung nicht sofort durchgeführt. Man orientierte sich an der anatomischen Lokalisation, wodurch ein embryonales Karzinom als wahrscheinliche Diagnose angenommen wurde.
Zu den häufigsten Tumoren im vorderen Mediastinum zählen primäre Thymuskarzinome, Keimzelltumoren und Lymphome. Die initiale Fehldiagnose führte dazu, dass die Patientin zunächst keine optimale Therapie erhielt.
Fazit
Der Fallbericht veranschaulicht die Bedeutung frühzeitiger molekularer Tests, insbesondere wenn die histologische Beurteilung und IHC nicht schlüssig sind.
Da es sich um eine junge Frau handelte, die nie geraucht hatte und eine Lungenläsion aufwies, hätte bereits bei der ersten Differentialdiagnose Lungenkrebs in Betracht gezogen werden müssen - auch wenn es ungewöhnlich ist, dass sich ein Patient mit einer Metastase vorstellt, die grösser als der Primärtumor ist.
Nach der korrekten Diagnose zeigte die Patientin unter zielgerichteter Therapie ein langanhaltendes Ansprechen. Die zusätzliche Strahlentherapie trug zur Verlängerung der Erstlinientherapie bei. Studien unterstützen diesen konsolidierenden Ansatz beim NSCLC und anderen Krebserkrankungen, da er die Dauer des Ansprechens auf systemische Behandlungen und das Gesamtüberleben verlängern kann.