Corona, Influenza und Co. die Stirn bieten
Die Covid-19-Impfung schützt zweifelsfrei vor einem schweren Verlauf, aber nur bedingt vor der Infektion. In Entwicklung befindliche intranasale Impfstoffe, die eine starke mukosale Immunantwort induzieren, könnten das ändern. Was noch in der Impfstoff-Pipeline gegen respiratorische Erkrankungen steckt, war am Österreichischen Impftag zu erfahren.
Bereits als Student der Biotechnologie an der Universität für Bodenkultur Wien befasste sich Prof. Dr. Florian Krammer mit Influenza-Viren. Der Virologe verbrachte die letzten Jahre in New York, wo er bis heute als Professor für Vakzinologie an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai forscht. In der Corona-Pandemie wurde Prof. Krammer einem breiten Publikum in Österreich bekannt. Seit Kurzem leitet der gebürtige Steirer das Ignaz Semmelweis Institut der Medizinischen Universität Wien, das sich noch im Aufbau befindet. Ziel ist es, auf zukünftige Pandemien besser vorbereitet zu sein.
Einen wichtigen Teil der Forschung werden Studien zur Wirksamkeit von Impfstoffen einnehmen. Beim Österreichischen Impftag Mitte Jänner in Wien gab Prof. Krammer einen Überblick, welche neuen Impfstoffe gegen respiratorische Erkrankungen in der Pipeline sind und was man von ihnen erwarten kann.
Warum die herkömmlichen Covid-Impfungen zwar vor einem schweren Verlauf, aber nicht unbedingt vor einer Infektion schützen, erklärte Prof. Krammer so: Mit den Impfstoffen, die i.m. appliziert werden, erhält man eine gute systemische Immunantwort: Die Antikörper im Serum steigen, eine T-Zell-Antwort wird ausgelöst. Beides schützt vor allem die Lunge, nicht aber die oberen Atemwege. Macht man hingegen eine natürliche Infektion durch, werden spezielle Antikörper und spezielle T-Zellen gebildet, die nur auf mukosalen Oberflächen vorkommen.
Dadurch bekommt man auch einen Schutz in den oberen Atemwegen. „Die wissenschaftliche Idee ist nun, dass es eine starke mukosale Immunantwort braucht, um einen Schutz vor der Infektion zu haben“, sagt Prof. Krammer und ergänzt: „Das trifft im Übrigen auf alle respiratorischen Erreger zu.“
Um die Immunantwort in den oberen Atemwegen zu induzieren, wurden auf Initiative der amerikanischen Regierung in den letzten zwei Jahren mehrere intranasale Covid-19-Impfstoffe entwickelt, die bereits in klinischer Erprobung sind, zwei davon sogar in Phase IIb. Das heißt, es handelt sich um Wirksamkeitsstudien, bei denen es darum geht, ob mit den nasalen Impfstoffen – im Vergleich zu herkömmlichen Impfungen – Infektionen verhindert werden können. Prof. Krammer rechnet Anfang 2026 mit ersten Ergebnissen. In China und Indien sind bereits intranasale Impfstoffe zugelassen, allerdings fehlen Daten zu deren Wirksamkeit.
Das humane Metapneumovirus (hMPV) wurde erst 2001 entdeckt und ist ähnlich aufgebaut wie RSV. Sie Seroprävalenz steigt mit dem Alter und erreicht mit 10 Jahren etwa 100%. „5-10% aller pädiatrischen Hospitalisierungen mit Atemwegsinfektion in den USA sind dem hMVP zuzuschreiben“, erklärt Prof. Krammer. Ähnlich wie RSV könne auch hMPV im Alter oder bei Vorerkrankungen zu Problemen führen.
Die nahe Verwandtschaft mit RSV macht man sich bei der Impfstoffentwicklung zunutze. Es wird die gleiche Technologie wie bei RSV angewandt: Das Fusionsprotein als Impfantigen wurde so verändert, dass es stabil ist und hohe Titer neutralisierender Antikörper hervorruft. Zwei Impfstoffe, bei denen es sich um einen Kombinationsimpfstoff mit RSV handelt, sind bereits in Phase II, etliche weitere in Phase I der klinischen Entwicklung.
Bei den Influenza-Viren unterscheidet man jene, die saisonale Epidemien (A und B), und solche, die Pandemien auslösen (A). Letztere springen im Grunde vom Tierreservoir (Vögel, Säugetiere) auf den Menschen über. „Da gibt es momentan mit H5N1 relativ viele Sorgen in den USA, aber auch global“, erläutert der Experte.
Für die saisonale Influenza existiert eine Reihe guter Impfstoffe, so Prof. Krammer, u.a. ein intranasaler Lebendimpfstoff für Kinder sowie ein hochdosierter und ein adjuvantierter Impfstoff für ältere Personen. Alle Impfstoffe sind mittlerweile nur mehr trivalent, weil durch die Corona-Maßnahmen einer der beiden Influenza-B-Stämme „verloren“ ging. Das heißt, die aktuellen Impfstoffe enthalten die Stämme A(H3N2), A(H1N1) und B/Victoria.
In Entwicklung (Phase III) befinden sich mRNA-Impfstoffe, die bei den Influenza-A-Komponenten gegenüber traditionellen Impfstoffen etwas bessere Immunantworten auslösen, in Hinblick auf die B-Komponente jedoch weniger immunogen zu sein scheinen. mRNA-Impfstoffe hätten den großen Vorteil, dass sie erst im Sommer angepasst werden müssten und die aktuellen zirkulierenden Stämme besser berücksichtigt werden könnten.
Ein weiterer Schwerpunkt in der Impfstoffentwicklung liegt in der Herstellung von Kombinationsimpfstoffen gegen Influenza und Covid-19. Einer der beiden mRNA-Impfstoffe, der bereits in Phase III erprobt ist, könnte bald die Zulassung bekommen – zumindest in den USA, wie Krammer einschränkend erwähnt. Neben herkömmlich hergestellten Kombinationsimpfstoffen, die sich in den Phasen II und III der klinischen Entwicklung befinden, wird auch an weiteren Kombinationsimpfstoffen gearbeitet. Angesichts der Tatsache, dass die Impfwilligkeit in Bezug auf Covid-19, RSV und Influenza sehr unterschiedlich ausgeprägt ist, stelle sich allerdings die Frage, wie sinnvoll diese Kombinationsimpfstoffe sind, gab Prof. Krammer zu bedenken.
Österreichischer Impftag 2025