MUI Innsbruck: Von der Stiftungsprofessur zur regulären Professur für Kinderonkologie
Mit der Berufung von Univ.-Prof. Dr. Roman Crazzolara als Professor für pädiatrische Onkologie führte die Medizinische Universität Innsbruck die 2019 errichtete Stiftungsprofessur jetzt in eine normale über. Prof. Crazzolaras Schwerpunkt liegt weiterhin in der Therapiebegleitung und Selbstermächtigung der jungen Patienten.
medonline: Wie kam es dazu, dass die Universität Innsbruck erst jetzt eine Professur etabliert hat?
Crazzolara: Die Universität musste für diesen Bereich erst im Strukturplan eine ordentliche Professur schaffen. Um diesen Prozess abzukürzen und die Forschung voranzutreiben, hat die Kinderkrebshilfe Tirol Vorarlberg 2019 eine finanzielle Unterstützung von 500.000 Euro für die Errichtung einer Stiftungsprofessur angeboten. Die Stiftungsprofessur war auf fünf Jahre befristet, bis 2024. Parallel dazu hat die Universität diesen Bereich mit einer ordentlichen Professur abgesichert und fixiert.
Was hat sich jetzt für Sie geändert?
Mit der ordentlichen Professur ist dieser Bereich nachhaltig abgesichert. In Verhandlungen mit Universität konnten zudem mehr Ressourcen, etwa für Personal, zur Verfügung gestellt. Zugleich hat sich die Kinderkrebshilfe bereit erklärt, mit weiteren 500.000 Euro Forschungsprojekte zu unterstützen.
Ihr Schwerpunkt liegt in Therapiebegleitung, an welchen Schwerpunkten arbeiten Sie hier?
Der Forschungsbereich lautet Patient Reported Outcome, kurz PRO. Im Mittelpunkt dieses Ansatzes stehen die Symptome der Patienten, die wir mittels standardisierter Methoden abfragen und monitoren sowie in den klinischen Alltag einbeziehen. Es geht nicht nur darum, wann und zu welchem Zeitpunkt Patienten welche Symptome haben, sondern darum, wie wir mit diesen Informationen die Therapie optimieren können.
Univ.-Prof. Dr. Roman Crazzorala ist seit 2024 Professor für pädiatrische Onkologie und Hämatologie an der Medizinischen Universität Innsbruck, nachdem er dort bereits seit 2019 die erste Stiftungsprofessur für Kinderonkologie übernommen hatte. Crazzolara gilt als international anerkannter Experte für supportive Therapie bei Krebserkrankungen und Telemedizin.
Welche Vorteile haben die Patienten im Alltag durch den PRO?
Wir können durch die systematische Erfassung der Symptome vorbeugend wirken oder frühzeitig eingreifen. Wenn wir etwa sehen, dass sich die Patienten verschlechtern, können wir sie beraten, wie sie sich helfen können, damit eine stationäre Aufnahme gar nicht notwendig wird, oder wir holen sie frühzeitig zur Behandlung und verkürzen so einen Aufenthalt.
Was bringt PRO-Erfassung den Patienten?
Wir wollen den Patienten mehr Verantwortung geben, mehr Empowerment. Gerade bei Symptomen wie z.B. Schmerzen oder Wohlbefinden können sie sehr viel zu ihrer eigenen Lebensqualität beitragen. Das ist gerade in einer Zeit, wo die Ressourcen in der Medizin knapper werden, wichtig. Künftig wird man nicht mehr wegen jeder Kleinigkeit ins Krankenhaus gehen können. Das ist auch etwas, was die Behörden verlangen, also zum Beispiel die Arzneimittelbehörden wie die EMA. Der Trend geht dahin, Medikamente dann nur zuzulassen, wenn diese in den Dokumenten auch PRO-Daten inkludiert sind.
Das ist ein spannender Ansatz. Geht nicht auch Ihr zweiter Schwerpunkt, die Telemedizin, in diese Richtung?
Das stimmt. Wir setzen stark auf Telemedizin, vor allem bei simplen Sachen wie Blutabnahme, Nebenwirkungen oder bei der Medikamentendosierung. Diese Schritte kann man heutzutage mit der Technik sehr gut virtuell abdecken.
Wie wird dieses Angebot angenommen von den betroffenen Patienten und den Familien?
Sehr gut. Wir betreuen die Familien zu Beginn, wenn wir die Diagnose stellen, sehr engmaschig und kennen sie gut. Das macht es einfach, sich dann virtuell via Video auszutauschen.
Wie stark spielen beim Einsatz von Tool wie PRO oder Telemedizin wirtschaftliche Faktoren eine Rolle?
Bei der Telemedizin liegt die Ersparnis ganz eindeutig im Transport der Patienten. Die Patienten ersparen sich bei unserem Einzugsgebiet (Tirol, Vorarlberg und Südtirol) im Durchschnitt sechs Stunden Autofahrt pro telemedizinischer Beratung. Da die meisten Patienten von der Rettung geholt und zurückgebracht werden, wird hier eine Ressource für andere Bereiche frei. Ob dadurch die Behandlung günstiger wird? Ich denke, da muss man viele Faktoren berücksichtigen.
Es geht ja auch immer darum, die stationären Aufenthalte zu verringern.
Genau. Die Zentrumsmedizin läuft Gefahr, wie ein Magnet zu wirken. Die Patienten möchten natürlich zu Spezialisten gehen. Aber wir müssen lernen, diese Kompetenz wieder teilweise zurückzugeben an die peripheren Krankenhäuser und an die niedergelassenen Ärzte. Wir haben dort ein funktionierendes System. Und bei uns in den Leitspitälern enden die Kapazitäten auch irgendwann.
Vielen Dank für das Gespräch!