Verwestlichung der Ernährung fördert chronische Erkrankungen
Ein rezenter in „Nature Medicine“ publizierter Review der MedUni Innsbruck zeigte die Auswirkungen von westlicher Ernährung auf das Darmmikrobiom, die Entstehung chronischer Entzündungen sowie von Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems, des Darms und Stoffwechselerkrankungen.
Typische westliche Ernährungsgewohnheiten, geprägt durch industrielle, kulturelle und diätetische Entwicklungen, sind eng mit der Zunahme nichtübertragbarer Krankheiten verknüpft. Da sich die „Verwestlichung“ der Ernährung nicht mehr auf westliche Gesellschaften und urbane Gegenden beschränkt, wird dieser Anstieg weltweit beobachtet. Dies zeigte ein Ende Juli in „Nature Medicine“ publizierter Review von Ass.-Prof. Dr. Timon E. Adolph, PhD, und Univ.-Prof. Dr. Herbert Tilg, beide MedUni Innsbruck.
Veränderungen im Darmmikrobiom und chronische Entzündungen
Für die Übersichtsarbeit überprüften Adolph und Tilg rund 300 aktuelle epidemiologische, translationale und klinische Studien, die die westliche Ernährung mit chronischen Krankheiten wie Fettleibigkeit, Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und soliden Tumoren in Verbindung bringen. Sie betonen die Notwendigkeit für Healthcare Professionals (HCPs) und Gesellschaften, die schädlichen Auswirkungen westlicher Ernährungsweisen anzugehen, um nachhaltige Gesundheitsverbesserungen zu erzielen.
Erkrankungen durch westliche Ernährung
Die Ergebnisse der analysierten Studien zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen der westlichen Ernährung und einer Vielzahl chronischer Erkrankungen:
- Darmmikrobiota und chronische Entzündungen: Durch die Fortschritte in Sequenzierungstechniken wurde ein tieferes Verständnis des menschlichen Darmmikrobioms ermöglicht. Westliche Ernährung, die durch wenig Ballaststoffe und einen hohen Gehalt an Fett, Zucker und Lebensmittelzusatzstoffen gekennzeichnet ist, hat zu einer signifikanten Reduktion der Diversität des Darmmikrobioms geführt. Diese Reduktion ist ein Schlüsselfaktor für die Entstehung chronischer Entzündungen, die wiederum eine Vielzahl von Erkrankungen fördern, darunter Adipositas, Typ-2-Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen.
- Adipositas und Typ-2-Diabetes: Der Review legt dar, wie die westliche Ernährung direkt zur Entstehung von Adipositas und damit verbundenen Stoffwechselerkrankungen wie Typ-2-Diabetes beiträgt. Besonders betont wird die Rolle der Darmmikrobiota, die durch diese Ernährungsweise negativ beeinflusst wird, was zu metabolischen Dysregulationen führt. Sie schlagen Ernährungsumstellungen als mögliche Intervention vor.
- Kardiovaskuläre Erkrankungen: Atherosklerose, eine Hauptursache für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wird mit westlichen Ernährungsweisen in Verbindung gebracht, die reich an Low-Density-Lipoproteinen (LDL) und Cholesterin sind. Die Arbeit überprüft Beweise, die Ernährungsgewohnheiten mit kardiovaskulären Risikofaktoren wie erhöhten Triglyceriden und dem Verzehr von rotem Fleisch in Verbindung bringen, und erörtert die Möglichkeiten, diese Risiken durch Ernährungsumstellungen zu mindern. Besonders die mediterrane Diät, die reich an Gemüse und Obst ist und wenig Fleisch und Süßigkeiten beinhaltet, war in der primären sowie der sekundären Prävention atherosklerotisch kardiovaskulärer Erkrankungen (ASCVD) wirksam.
- Gastrointestinale und hepatische Erkrankungen: Aspekte des westlichen Lebens und der westlichen Ernährung sind Risikofaktoren für die Entwicklung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (IBD). Auch für die Entstehung der metabolischen Dysfunktion-assoziierten steatotischen Lebererkrankung (MASLD, vormals nicht-alkoholische Fettlebererkrankung, NAFLD) stellt die westliche Ernährung – besonders der hohe Zucker- und Fettkonsum – einen Risikofaktor dar.
- Solide Tumoren: Die Ergebnisse weisen ebenfalls auf einen Zusammenhang zwischen westlichen Ernährungs- und Lebensgewohnheiten und einem erhöhten Risiko für die Entwicklung solider Tumoren wie Leber- und Darmkrebs hin. Dies wird vor allem auf die Veränderungen des Darmmikrobioms durch typische westliche Nahrungsmittel zurückgeführt.
Fazit
Die Autoren kommen zu dem Fazit, dass die Verwestlichung der Ernährung sowie der Konsum von Alkohol und Drogen, Zigarettenrauchen, Salzkonsum und sitzender Lebensstil Menschen krank machen. Trotz großer Evidenz für die gesundheitsschädlichen Auswirkungen der westlichen Ernährung seien das öffentliche Bewusstsein und die politischen Maßnahmen zur Bekämpfung dieses Problems unzureichend, so Adolph und Tilg. Es gelte nun, weitere wissenschaftliche Erkenntnisse darüber zu erlangen, welche Ernährung im Gegensatz zur westlichen Ernährung am besten für bestimmte Personen bzw. Personengruppen geeignet ist. Dies könne nur durch große prospektive Ernährungsstudien erforscht werden, die verschiedene diätische Interventionen beleuchten, erforscht werden.
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