Spuren von Insekten und Spinnentieren lesen
Ob Milbe, Zecke, Wespe oder Mücke: Ihre Bisse oder Stiche schmerzen nicht nur, sondern können Allergien auslösen und mitunter gefährliche Krankheiten übertragen. Um welches Insekt oder Spinnentier es sich handelt, lässt sich meist an typischen Mustern erkennen.
Gleich vorweg: Die meisten Insektenstiche von Gelsen, Wespen & Co sind in unseren geografischen Breiten ungefährlich. Allerdings kann vor allem das Bienen- oder Wespengift – seltener ein Hummel- und Hornissenstich – allergische Reaktionen auslösen – bis hin zum lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schock. Während Wespen den Stachel wieder zurückziehen können, bleibt jener der Bienen als typisches Erkennungsmerkmal in der Haut stecken, samt Giftblase an der Rückseite des Stachels.
Daher ist die erste Maßnahme, den Stachel entgegen der Eintrittsrichtung möglichst rasch, aber vorsichtig mit Finger, Pinzette oder einer Karte zu entfernen, ohne die Giftblase zu zerquetschen. Treten in den ersten Minuten nach Insektenstichen allergische Reaktionen wie starke Schwellung, Juckreiz, Übelkeit, Atemnot und Schwindel auf, heißt es sofort handeln. Bei bereits bekannten Allergien kommt das Notfall-Set mit Adrenalin-Fertigspritze, Kortison und Antihistaminika zum Einsatz. Dieses sollte man im Freien immer bei sich haben, auch im Garten.
Spitzwegerich als bewährtes Hausmittel
Bei erstmaligem Auftreten von Insektengiftallergien oder bei einem Stich in Mund oder Rachen kommt es auf die rasche notärztliche Hilfe an. Bis dahin soll man Eiswürfel lutschen und den Hals mit Umschlägen von außen kühlen. Doch was tun, wenn keine Eiswürfel zur Verfügung stehen? Ein vor allem unter Imkerinnen und Imkern bekanntes Hausmittel ist in diesem Fall der überall wachsende Spitzwegerich: einfach ein zerquetschtes Blatt auf die Einstichstelle pressen – das wirkt kühlend, abschwellend und auch Juckreiz-mildernd.
Stiche von Zecken, die nicht zu den Insekten, sondern zu den Milben als Unterklasse der Spinnentiere gehören, spürt man zunächst nicht – erst, wenn sie zu jucken beginnen. Daher sollte man nach Aufenthalten oder Arbeiten in der Natur den ganzen Körper auf Zecken absuchen, um sie am besten noch vor dem Zustechen zu finden. Aber auch nach dem Festsetzen sollte man die Zecke möglichst rasch entfernen, um der Borreliose vorzubeugen: Im Gegensatz zum (impfpräventablen) FSME-Virus, das direkt mit dem Stich übertragen wird, gelangt die Bakterienart Borrelia burgdorferi meist erst nach 24 Stunden vom Zeckendarm in die Wunde.
Auf Zecken-Wanderröte achten
Typisches Kennzeichen für eine Borrelieninfektion ist die Wanderröte (Erythema migrans), die einige Tage bis zu einem Monat nach dem Zeckenstich im Bereich der Einstichstelle oder auch an anderen Körperstellen auftritt und sich ringförmig ausbreitet:
Sie ist in der Mitte üblicherweise etwas blasser ist als am Rand, aber auch eher untypische, weil nicht kreisrunde Hautrötungen können als Hinweis dienen (siehe Bild). Ein wichtiges Erkennungsmerkmal ist, dass die gerötete Stelle nicht juckt. Durch frühe Behandlung mit Antibiotika können schwere Krankheitsverläufe (Neuroborreliose) abgewendet werden.
Zecken können neben FSME und Borreliose eine Reihe weiterer Krankheiten übertragen, wie z.B. das Rückfallfieber. Sie liegen auch in Österreich als Vektoren für Zoonosen an der Spitze: „Mit 16 verschiedenen übertragenen Erregern übertragen Zecken mehr Krankheiten als jeder andere Vektor“, wird Assoc.-Prof. Dr. Amélie Desvars-Larrive vom Complexity Science Hub (CSH) Wien und der Veterinärmedizinischen Universität Wien in der APA zitiert. Generell habe die Anzahl der Zoonose-Erreger in Österreich zwischen 1975 und 2022 zugenommen, wie eine rezente Publikation mit Online-Karte (interaktive Version hier) mit aufwändig recherchierten Daten zeigt.
Harmlose, aber lästige Wanzen
Weitere, weltweit vorkommende Blutsauger sind die zu den Insekten gehörenden Bettwanzen. Sie verstecken sich tagsüber in Ritzen in (Hotel-)Zimmern, Möbeln oder Gepäckstücken, um sich in der Nacht an ihren Wirten gütlich zu tun. Wacht man morgens mit makulopapulösen, rötlichen Läsionen auf, die an mehreren, oft unbedeckten Körperstellen dicht nebeneinander liegen – häufig mehrere hintereinander als „Wanzenstraße“ –, könnten Wanzenbisse dahinterstecken.
Während manche Menschen die Stiche gar nicht bemerken, treten bei anderen Quaddeln und starker Juckreiz auf. Wanzen übertragen normalerweise keine Krankheiten, aber durch Kratzen der juckenden Stellen kann es zu Sekundärinfektionen kommen. Der Rat insbesondere an Reisende: Gepäckstücke verschließen, bei Verdacht auf Bettwanzen (cave Kotspuren: schwarze Punkte auf Sockelleisten, Bilderrahmen, Möbeln etc.) Zimmer und Unterkunft wechseln, nach Rückkehr auch ungebrauchte Wäsche waschen.
Starker Juckreiz bei Flohstichen
In der Regel ebenfalls ungefährlich sind Flöhe. Die 2–4mm langen, seitlich abgeplatteten Insekten sind wie die Bettwanzen nachtaktiv. Flohstiche lösen ähnliche Hautreaktionen aus wie andere Insektenstiche, allerdings helfen Hinweise wie ein roter Punkt an der Einstichstelle, ein rötlicher Ring um den Biss oder auch die Entstehung von 3 oder mehreren Papeln oder Quaddeln in einer meist geraden Linie. Gegen den oft starken Juckreiz helfen kühlende Gels, mitunter sind Antihistaminika vonnöten, wenn eine allergische Reaktion auftritt.
Borkenkrätze oft bei Abwehrgeschwächten
Krätz- bzw. Grabmilben wiederum sind kleine Spinnentiere. Sie leben im Gegensatz zu Hausstaubmilben, die sich nur von abgefallenen Hautschuppen ernähren, in der Epidermis – samt Eiablage in den Bohrgängen. Milbenbisse führen typischerweise zu geröteten Schwellungen, wobei die Bohrgänge gut mit einer Lupe und auch die Milben selbst als kleine Punkte zu erkennen sind. Krätzmilben können Scabies verursachen, erste Symptome sind Brennen und starker Juckreiz.
Nach einiger Zeit bilden sich Knötchen, Pusteln und Blasen, bei immungeschwächten Menschen kann es auch zur „Borkenkrätze“ (Scabies crustosa) mit starker Krustenbildung durch besonders viele Milben kommen. Für die Behandlung der gewöhnlichen Krätze reichen meist topische Antiscabiosa wie Permethrin-haltige Cremen. Bei Kontraindikationen gegen Permethrin oder bei der Borkengrätze kann auch Ivermectin oral indiziert sein.
Bleiben noch die Gelsenstiche. In Österreich konnte man bisher rund 50 verschiedene Gelsenarten aus 7 verschiedenen Gattungen nachweisen. Darunter auch etliche exotische Gelsenarten wie Aedes albopictus (Asiatische Tigermücke, Überträger u.a. des Dengue-, Chikungunya- und Zika-Virus) oder Aedes japonicus (Asiatische Buschmücke, Überträger u.a. des West-Nil-Virus). Wie man die verschiedenen Gelsenarten erkennt und sich auch vor den Krankheiten, die sie übertragen, schützen kann, lesen Sie in unserem medonline-Bericht hier.
Weiterlesen
BMSGPK, RKI, AWMF-Leitlinien, Gesundheitsinformation.de, APAMED.