23. Apr. 2024Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin

Auswirkungen von Wetter und Klima auf die Lunge

Wetterextreme werden häufiger und beeinflussen auch die Gesundheit und damit das Gesundheitswesen. Die Lunge ist ein wichtiges Portalorgan für Umwelteinflüsse. Im Rahmen des Jahreskongresses der DGP wurden in zwei Sessions die Auswirkungen von Wetter und Klima auf die menschliche Gesundheit – im Speziellen auf die Lungengesundheit – (heiß) diskutiert.

Symbolbild zum Thema Hitzewelle in der EU
bluedesign/AdobeStock

Klimawandel als gesundheitliche Herausforderung

„Veränderungen, die mit dem Klimawandel einhergehen, treiben nicht-übertragbare Erkrankungen voran. Der Klimawandel stellt die größte Herausforderung für unsere Gesundheit im 21. Jahrhundert dar“, postuliert Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann, Direktorin der Hochschulambulanz für Umweltmedizin, Universität Augsburg, Deutschland. „Europa ist jener Kontinent, der sich am schnellsten und am stärksten erwärmt“, zu diesem Schluss kommt der aktuelle Report für Europa des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC).1

Traidl-Hoffmann erläutert weiter: „Die Zukunft der menschlichen Klimanische schließt sich: In den nächsten 50 Jahren werden drei Milliarden Menschen ihre Klimanische verlieren, wodurch es zu Migrationswellen großen Ausmaßes kommen wird.2 Wenn zudem bestimmte Kipppunkte der Erde kippen, dann sind die ablaufenden Prozesse unumkehrbar und unberechenbar.“ Umweltänderungen und verschiedene Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Hitzewellen, Stürme, Feuer, die dadurch entstehen bzw. vermehrt auftreten, wirken auf den menschlichen Körper, und fast alle betreffen auch die Lunge.

Luftverschmutzung. „Lange bekannt ist, dass Luftverschmutzung auf die Haut, die Schleimhäute und die Lunge wirkt. Wohnen in der Nähe von stark befahrenen Straßen erhöht die Prävalenz von Neurodermitis bei Kindern, und damit steigt auch das Risiko für Allergien signifikant“, so die Dermatologin.

In Städten sind die Prävalenz und die Inzidenz von Asthma bronchiale höher als am Land.3 „Bereits die Umweltexposition vor der Geburt steigert beispielsweise das Risiko für atopische Dermatitis. Durch Umweltschadstoffe wird das Inflammasom getriggert und führt zu Entzündungsprozessen, die die Entstehung von Asthma bronchiale und chronisch entzündlichen Lungenerkrankungen forcieren“, so Traidl-Hoffmann.4

Hinzu kommen epigenetische Einflüsse und Veränderungen der Gene, die durch Umwelteinflüsse aktiviert werden und vererbbar sind. Traidl-Hoffmann: „Umweltveränderungen, die wir jetzt erleben, werden auf die zukünftige Generation übertragen.“

Pollen. Durch den Klimawandel kommt es zu längeren Pollenflugzeiten und mehr Pollen pro Tag in der Luft. Durch Schadstoffe in der Luft erhöht sich die Pollenkonzentration und auch der Allergengehalt der Pollen steigt. Die Pollen sind aggressiver und es gibt z.B. mit Ambrosia auch neue Pollenarten. Untersuchungen des Environmental Health Center (EHC) am Helmholtz-Zentrum in München zufolge führen NO2, CO2 und Trockenheit bei Ambrosia zu einer vermehrten Produktion von Pollen und des Hauptallergens Amb a1.

Hitze. „An vielen Orten wird die Hitze als Gesundheitsrisiko unterschätzt und Hitze wirkt insbesondere auf Menschen mit chronischen Lungenerkrankungen“, betont Traidl-Hoffmann. „Auch in Mitteleuropa sind wir Hitze ausgesetzt und das Problem ist, dass wir darauf nicht vorbereitet sind.“ So ist die Hitzebelastung in Deutschland vergleichbar mit jener in Indien. In den letzten Jahren sind nicht nur Hospitalisierungen, sondern auch die Mortalität aufgrund von Lungenversagen während Hitzeperioden angestiegen.5

Was können wir tun? „Klimaschutz ist Gesundheitsschutz“, stellt Traidl-Hoffmann klar. „Die Klimakrise ist ein medizinischer Notfall, der sofortiges Handeln erfordert“, unterstreicht sie und verweist auf den erst kürzlich publizierten Flagship Report 2023 des German Advisory Council on Global Change (WBGU)6 und auf klimabewusste Verordnung von Inhalativa laut S2k-Leitlinie (z.B. Pulverinhalatoren bevorzugen)7 oder die aktuelle Forderung von Aromenverbot in E-Zigaretten.

Platanenhusten

Präsentiert von Dr. Andrea Elmer, MVZ Wiesbaden – Fachbereich Pneumologie, DKD Helios Klinik Wiesbaden, Deutschland

„Am 11. Mai 2022 kam es in Wiesbaden zu einem Großeinsatz von Feuerwehr, Polizei und Rettungsdiensten. 40 Schüler einer Gesamtschule klagten über Atemnot, Reizungen der Augen und des Nasenrachenraumes. Zunächst wurde ein Reizgasunfall bzw. Anschlag vermutet. Die Symptome verstärkten sich nach Verlassen des Schulgebäudes im Schulhof. Die Schule befand sich in unmittelbarer Nähe zu einem Industriegebiet.

Es wurde keine Fremdgaseinwirkung bzw. Schadstoffbelastung festgestellt.

Zur Aufklärung der Lage wurde der pädiatrische Pneumologe aus der Klinik an den Einsatzort gebracht.

25 Kinder mussten stationär behandelt werden, allerdings waren auch viel Angst und Aufregung mit im Spiel. Bei allen Kindern waren die Sauerstoffwerte unauffällig und die Symptome reversibel.“

Ursache waren besondere klimatische Bedingungen mit einer Temperatur von >29°C, Trockenheit und Windböen bis 50km/h und der Schulhof, der geschlossen umbaut und dicht mit hohen, alten Platanen bepflanzt ist. Die ersten Symptome traten in den Klassenzimmern mit geöffneten Fenstern auf.

Die Symptome wurden durch „spiky hairs“ (Sternhaare), die auf der Unterseite von jungen Platanenblättern, Knospen und frischen Zweigen vorkommen, ausgelöst. Diese Irritanzien verursachen eine mechanische Reizung von Konjunktiven, Schleimhäuten der oberen Atemwege und führen zu Kontaktdermatitis sowie Hustenreiz bei Einatmung. Bei Trockenheit und Wind brechen sie bei Berührung oder durch Wind ab, verwirbeln in der Luft und können zu sehr hohen lokalen Partikelkonzentrationen führen.

Baumpflegerinnen und -pfleger kennen dieses Phänomen bei Platanen im Frühsommer und meiden diese Zeiten bzw. schützen sich entsprechend (Schutzbrille, Maske; Blätter und Äste nicht fegen).

Europa erwärmt sich schneller

„Mit der übermäßigen Anreicherung der Atmosphäre mit CO2 durch den Menschen wurde der Temperaturanstieg vorangetrieben, der mindestens seit 1980 weltweit beobachtet wird“, erläutert Michaela Schütz, Ph.D., Arbeitsgruppe Klimageografie und Umweltmodellierung, Fachbereich für Geografie, Philipps Universität Marburg, Deutschland. „Die globale Erwärmung findet statt, nur fällt sie regional sehr unterschiedlich aus.“ Vor allem in den nördlichen Regionen der Erde wird eine Erwärmung von 5–6 Grad Celsius prognostiziert, während es in anderen Regionen 1–2 Grad sind bei 2 Grad globaler Erwärmung. Auch mehr Niederschlag wird für die nördliche Hemisphäre prognostiziert.

Trockene Sommer, feuchte Winter. Laut Schütz zeigt die Zunahme der Anzahl heißer Tage (≥30°C) am Beispiel Deutschland einen linearen Trend (Zeitraum 1950–2020) mit einer Zunahme von 8,3 heißen Tage pro Jahr. Eine starke Abnahme (-12,8 Tage) hingegen gibt es bei den Eistagen (<0°C Tagesmaximum). Auch die Belastung durch Hitzewellen ist lokal sehr unterschiedlich.

„Sowohl beim durchschnittlichen Niederschlag als auch beim extremen Niederschlag wurde in den letzten Jahren eine Zunahme verzeichnet, vor allem im Winter, aber auch im Frühling und im Herbst“, so Schütz weiter. Die Sommer sind dagegen trockener und heißer geworden, die Winter milder und regenreicher.

Dürre. „In der Vergangenheit hat es immer wieder Dürren gegeben, aber die Abstände zwischen den Dürreperioden werden geringer. So gab es in Deutschland 2018 eine sehr lange und intensive Dürreperiode, die bis 2023 angehalten hat“, berichtet Schütz und erklärt weiter: „Die Temperatur wird weiter ansteigen und auch die extreme Hitze wird zunehmen. Die Prognose für Dürren zeigt recht deutlich, dass diese zunehmen werden, womit auch die Waldbrandgefahr steigen wird.“

Einflüsse des lokalen Klimawandels

Thermische Belastung. „Zusätzlich zum Klimawandel spielt in Städten die Überwärmung durch die urbane Bebauungsstruktur eine verstärkende Rolle. Dadurch weisen Städte wärmere Temperaturen auf als das Umland“, informiert Prof. Dr. Elke Hertig, Lehrstuhl für Regionalen Klimawandel und Gesundheit, Medizinische Fakultät, Universität Augsburg, Deutschland. Laut Prognosen am Beispiel Augsburg (umlegbar auf jede andere Großstadt in Mitteleuropa) ist mit einer Zunahme von mehr als 60 heißen Tagen pro Jahr zu rechnen.8 Viel grüne Infrastruktur reduziert hingegen die Hitze in den Städten.

Zwischen Hitze und Mortalität besteht ein starker Zusammenhang. Bei allen respiratorischen Erkrankungen gibt es einen Mortalitätsanstieg von 2,3% pro Grad Temperaturerhöhung.9 Thermische Belastung aggraviert Atemwegserkrankungen, es kommt zu hitzebedingten Lungenproblemen wie z.B. Lungenödem, akutem Atemnotsyndrom oder erhöhtem pulmonalem Stress durch hitzebedingte Hyperventilation.10 „Bei Hitze erfolgt die Wärmeabgabe nicht nur über die Haut, sondern auch über die Lunge. Allerdings ist der Wärmetransport bei Lungenvorgeschädigten eingeschränkt, sodass nur ein begrenztes effizientes Abatmen der Wärme stattfinden kann“, weiß Hertig. Durch dehydrierungsbedingte Minderdurchblutung der Lunge kommt es zu einer größeren Infektanfälligkeit. Die Luftverschmutzung insbesondere in den Großstädten hat einen zur Hitze zusätzlichen indirekten Effekt bei Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen.10

Luftschadstoffe. „Zwischen steigenden Temperaturen und steigenden Ozonkonzentrationen besteht ein direkter Zusammenhang“, so Hertig weiter. Mit Zunahme der Intensität und Häufigkeit von Waldbränden sowie der veränderten Häufigkeit von bestimmten Wetterlagen wie länger andauernden Hochdruckwetterlagen kann sich der Luftschadstoffgehalt in der Luft erhöhen (z.B. bodennahes Ozon).11 Hertig: „Wir sehen kaum Überschreitungen von Ozonwerten (von Informations- und Alarmwerten, 180µg/3 bzw. 240µg/3; Anm.), aber die mittleren und etwas höheren Ozonkonzentrationen nehmen deutlich zu. Insbesondere in den Nachmittagsstunden treten hohe Ozonkonzentrationen auf, im Jahresgang vor allem in den Frühjahrs- und Sommermonaten.“ Die WHO hat 2021 neue Leitlinien für Luftschadstoffe herausgebracht mit der Empfehlung, dass 100µg/3 als täglich maximales 8-Stunden-Mittel nicht überschritten werden sollten.12 „In den Sommermonaten sind wir allerdings permanent einer schädlichen Dauerexposition ausgesetzt“, kommentiert Hertig. „Bis Ende dieses Jahrhunderts wird geschätzt, dass es bei bodennahem Ozon (100µg/3) in Vorstädten und Städten zu mehr als 100 Überschreitungstagen pro Jahr kommen wird. Die Kombination von Hitze (>30°C) und Ozon (Ozonmax 100µg/3) wird an mehr als 50 Tagen pro Jahr der Fall sein.“ Hitze- und Ozonwellen fördern die Übersterblichkeit, vor allem, wenn die Wellen gleichzeitig auftreten.

Klima und Gesundheit: Schutz und Anpassung. „Der Klimawandel lässt sich nicht mehr aufhalten, daher sind Anpassungsmaßnahmen unerlässlich“, fasst Hertig zusammen. „Es braucht verhaltensbezogene und präventive Maßnahmen, Monitoring und Technologien wie Frühwarnsysteme. Denn: Klimaschutz ist Gesundheitsschutz.“

Extremwetterereignisse und gesundheitliche Auswirkungen

Ereignis
kurzfristig
langfristig
mittelfristig
Psychische Gesundheit
Hitze
Hitzeschlag, Hitzekollaps, erhöhte Mortalität
Verschlechterung chronischer Erkrankungen, erhöhtes Unfallrisiko
Infektionen, Vektor-assoziierte Erkrankungen
Stress, Angststörungen, Erschöpfung, posttraumatische Belastungsstörung,
Depression, Suizid, …
Und: Aggravation chronischer Erkrankungen
Starkregen/Überschwemmungen
Ertrinken, Hypothermie, Verletzungen, Intoxikationen
(respiratorische) Infektionen, Vektor-assoziierte Erkrankungen, Intoxikationen
Allergien, z.B. Schimmelpilze, Atemwegserkrankungen, Schadstoffexposition
Stürme
Verletzung, Tod
Verletzung, Vergiftung, CO-Vergiftungen
Dürre
erhöhte Luftschadstoffbelastung
Infektionen, Gastroenteritis, z.B. Cholera
Unter- und Mangelernährung
Brände
Rauchgasintoxikation, Verbrennung, Tod, Zunahme an Luftschadstoffen
respiratorische und kardiovaskuläre Erkrankungen
Rot = relevant für die Lungen

Quelle: Vortrag Dr. Andrea Elmer, MVZ Wiesbaden – Fachbereich Pneumologie, DKD Helios Klinik Wiesbaden, Deutschland

COPD in Zeiten des Klimawandels

„Weltweit trägt die Luftverschmutzung auch zum Risiko für COPD bei. Deshalb wurde ein neuer COPD-Subtyp vorgeschlagen, der COPD-Typ 5 durch Umwelteinflüsse (environmental exposure-related; Anm.)13“, gibt Univ.-Prof. Dr. Daiana Stolz, MD, MPH, FERS, FCCP, Klinik für Pneumologie, Universitätsklinikum Freiburg, Deutschland, Einblick. „Weltweit sind 50% der COPD-Fälle mit dieser Exposition assoziiert.“ Umweltverschmutzung kann bereits im Kindesalter zu einer massiven Störung der Lungenentwicklung führen und ist nicht nur mit einem erhöhten Risiko für COPD verbunden, sondern auch für Exazerbationen sowie für die Abnahme der Lungenfunktion verantwortlich.14 „Dabei ist das Risiko für die kleinen Atemwege bei Frauen und bei Rauchern deutlich erhöht. Jede Luftverschmutzung kann zu einer Inflammation in der Lunge führen, es gibt keine sicheren Levels“, betont Stolz.

„Feinstaubpartikel wie PM2,5 akkumulieren in der Lunge und führen zu epigenetischen Änderungen in der Genregulation, die ihrerseits zu Lungenerkrankungen führen können“, so die Expertin weiter. Klimaänderung verstärkt die Probleme mit der Luftqualität durch erhöhte Feinstaub- und Allergenkonzentration.“15

„Durch Klimaänderungen sind vor allem Kinder betroffen und gefährdet: Im Vergleich zu Erwachsenen ist die Deposition in den Atemwegen bei Kindern um das 4-Fache erhöht, was die Entwicklung von allergischen Erkrankungen fördert“16, unterstreicht Stolz.

Extremwetterereignisse (EWE)

Laut der World Meteorogical Organization (WMO) sind EWE ungewöhnlich, vor allem im Ausmaß, in der Dauer und der Ausdehnung. „Mit der Zunahme der Erderwärmung steigt jedoch die Wahrscheinlichkeit für EWE“,1 betont Dr. Andrea Elmer, MVZ Wiesbaden – Fachbereich Pneumologie, DKD Helios Klinik Wiesbaden, Deutschland, und verweist auf den Sachstandsbericht Klimawandel und Gesundheit 2023 des Robert-Koch-Instituts.17

„Pneumologisch sind 4 Bereiche relevant: Hitze, EWE, Allergien und Luftschadstoffbelastung“, weiß Elmer aus der Praxis (siehe Abbildung). EWE verstärken die bronchiale Hyperreagibilität, wobei Asthma-Erkrankte besonders vulnerabel sind. EWE wie Waldbrände führen zu einer hohen Feinstaubbelastung. So sind Feinstaubpartikel (PM2,5 und kleiner) für Asthmapatientinnen und -patienten schädlicher (Asthma-Exazerbationen) als PM, die aus anderen Quellen entstanden sind.18 EWE jeglicher Art (Stürme, Überflutungen, Waldbrände, Temperaturextreme) verschlechtern die Situation für Personen, die an Asthma leiden.19

Gewitter-Asthma

„Von Gewitter-Asthma sind saisonal Personen mit Aeroallergien (Pollen, Pilzsporen) betroffen, viele müssen akut notfallmedizinisch behandelt werden. Gewitter-Asthma tritt unerwartet auf und die hohe Fallzahl kann schnell zur Überlastung der Gesundheitssysteme führen“, berichtet Dr. Andrea Elmer, MVZ Wiesbaden – Fachbereich Pneumologie, DKD Helios Klinik Wiesbaden, Deutschland. Es handelt sich dabei um eine komplexe Interaktion von meteorologischen Faktoren und individuellen Voraussetzungen bzw. Risiken. Das bisher größte Ereignis wurde in Melbourne 2016 verzeichnet, wo innerhalb von 30 Stunden mehr als 3.300 Menschen in den Notaufnahmen behandelt werden mussten. Ursache waren damals Gräserpollen.

„Der Mechanismus ist noch nicht restlos geklärt. Pollen gelangen durch Aufwinde in höhere Luftschichten, wo sie aufplatzen. Hierbei wird dieses Phänomen durch eine Interaktion von Wind, elektrischer Aufladung und Entladung sowie Blitzen hervorgerufen, wobei Blitze eine besondere Rolle spielen“, erläutert Elmer. Die sogenannten Sub-Pollenpartikel (<2,5µm) gelangen durch Abwinde in Bodennähe und dringen in die tieferen Atemwege ein, was zu Asthmaanfällen führt.20

„Risikofaktoren sind hohe Pollenkonzentrationen in den Tagen vor dem Gewitter, Niederschläge und hohe Luftfeuchtigkeit, Gewitter, Blitze sowie plötzliche Temperaturänderungen. Der Klimawandel verstärkt alle diese Umweltfaktoren. Auf individueller Ebene spielen Pollen- oder Pilzsporensensibilisierung, hohe sIgE-Level, vorbestehendes Asthma, nicht kontrolliertes Asthma, Hospitalisierung wegen Asthma und mangelnde ICS-Compliance eine tragende Rolle“, so Elmer.

Die saisonale allergische Rhinitis ist für sich ein Risikofaktor: 88% der Betroffenen in Melbourne hatten eine saisonale allergische Rhinitis, aber 57% aller Patientinnen und Patienten hatten kein vorbekanntes Asthma (von diesen hatten 51% Symptome, die mit einem latenten Asthma vereinbar waren). Wichtig: Das Gewitter-Asthma betrifft auch die Helfer! 25% hatten selbst Symptome.

Was kann man tun? Elmer fasst zusammen: „Risikogruppen identifizieren, Aufenthalt im Freien an Risikotagen vermeiden, mildes Asthma nicht unterschätzen, ICS/LABA-Therapie einhalten. Ein epidemisches Gewitter-Asthma ist sehr schwer vorhersehbar. Daher sollte man auf Patientenebene ansetzen und die Awareness verbessern. Eine Allergen-Immuntherapie wirkt übrigens protektiv. Patientinnen und Patienten mit allergischer Rhinitis und Immuntherapie sind nicht in der Notaufnahme gelandet.“

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin CliniCum pneumo