Immuntherapien: Der Preis der Wirksamkeit
Immuntherapien mit Checkpoint-Inhibitoren finden mittlerweile bei einer Vielzahl von Tumoren in der metastasierten Situation Anwendung und kommen zunehmend auch in neoadjuvanten und adjuvanten Strategien zum Einsatz. Diese Therapien haben nicht das von den zytostatischen Chemotherapien bekannte Nebenwirkungsprofil, sind jedoch ebenfalls nicht frei von Toxizität, wobei insbesondere therapieinduzierte Autoimmunerkrankungen Probleme bereiten können.
Auf Immuntherapien zu verzichten ist im Management zahlreicher Tumorerkrankungen schwierig geworden, so Prof. Dr. Niels Reinmuth von der Asklepios Lungenklinik Gauting. Enthält man Patientinnen und Patienten die Behandlung mit einem Checkpoint-Inhibitor vor, so bedeute das beispielsweise im Falle des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms, dass man – vorausgesetzt es liegt keine onkogene Treibermutation vor – auf dem Standard vergangener Jahrzehnte behandle. Mangels Alternativen muss in solchen Fällen auch mit Outcomes gerechnet werden, wie sie vor 20 Jahren akzeptiert werden mussten. Allerdings bestehen auch für Immuntherapien Kontraindikationen. Allerdings sind absolute Kontraindikationen gegen Checkpoint-Inhibitoren selten und beschränken sich auf Unverträglichkeiten gegenüber dem Medikament oder seinen Komponenten. Dabei wird laut Beipacktexten beispielweise eine Unverträglichkeit gegenüber L-Histidin genannt. Reinmuth unterstreicht jedoch, dass er noch niemals Patientinnen und Patienten mit einer solchen Unverträglichkeit gesehen habe und darauf auch nicht routinemäßig getestet werde.
Komplexer wird das Bild, wenn man die zahlreichen Ausschlussgründe betrachtet, die in den klinischen Studien mit diesen Medikamenten angewandt wurden. Hier sind bekannte Autoimmunerkrankungen ebenso zu nennen wie Infektionen, instabile Hirnmetastasen, Einnahme von Kortikosteroiden oder Zustand nach Organtransplantation. Da Checkpoint-Inhibitoren nun jedoch bereits einige Jahre im klinischen Einsatz sind, gibt es mittlerweile auch Daten zu deren Einsatz bei Patientinnen und Patienten, die in eine der genannten Gruppen fallen. Im Falle der Autoimmunerkrankungen sind dies sogar relativ viele, da einige dieser Krankheiten mit einem erhöhten Krebsrisiko assoziiert sind. Beispielsweise leiden bis zu 25% aller Lungenkrebspatienten und -patientinnen auch unter einer Autoimmunerkrankung.1
Längeres Überleben bei immunmediierten Nebenwirkungen?
Weiterlesen
- Passiglia F et al., Transl Lung Cancer Res 2021; 10(6):2876–2889
- Gulati N et al., Cancer Med 2021; 10(21):7457–7465
- Ghisoni E et al., Eur J Cancer 2021; 149:153–164
- Tang K et al., J Natl Cancer Inst 2022; 114(8):1200–1202
- Remon J et al., J Thorac Oncol 2020; 15(6):914–947
- Haanen J et al., Ann Oncol 2022; 33(12):1217–1238
- Brahmer JR et al., J Immunother Cancer 2021; 9(6):e002435