Pathomechanismen der MS-Progression
Bei der Multiplen Sklerose (MS) persistieren die lokale Entzündungsreaktion und die axonale Degeneration am Rand chronisch aktiver Läsionen. Kennzeichnend für diese im MR als Eisenringe imponierenden Entmarkungsherde sind eine fehlende Remyelinisierung und ein langsam akkumulierender Gewebsschaden, der eine mögliche Erklärung für die unabhängig von Schubaktivität vorhandene Progression der Erkrankung ist.
MS-Läsionen weisen einige Besonderheiten auf, die sowohl für das Verständnis der Pathogenese als auch für die Differenzialdiagnose von Bedeutung sind. Ein ganz wichtiger Player sind die Effektorzellen, also Makrophagen, Mikroglia und Monozyten, die das Myelin fressen. „Das Typische an einer MS-Läsion ist, dass das Myelin mehr oder weniger intakt vom Axon heruntergeschält wird“, erklärt Dr. Simon Hametner, PhD, Abteilung für Neuropathologie und Neurochemie, Universitätsklinik für Neurologie, Medizinische Universität Wien. Damit unterscheidet sich die MS deutlich von anderen Entmarkungserkrankungen, die neuropathologisch ganz ähnlich aussehen können, wie dem Steroid-anbehandelten primären ZNS-B-Zell-Lymphom oder der Adrenoleukodystrophie: Bei diesen Erkrankungen findet man das Myelin noch über längere Zeit in Form von Granula im Extrazellularraum. Im Gegensatz dazu kommt es bei der MS zu einer „sauberen“ Entmarkung. Es finden sich zwar Myelingranula in den Makrophagen, aber praktisch keine Myelinreste im Extrazellularraum.