6. Juli 2022

Zurückhaltende Bewertung der neuen Variante BA.2.75; Umfrage zum Gesundheitsgefühl der Österreicher

+++ Forscher bewertet Corona-Variante BA.2.75 noch zurückhaltend – 12.529 Neuinfektionen sind höchster Wert seit Anfang April – Infektionsplus dürfte sich durch "Ferieneffekt" abschwächen – Umfrage: Gesundheitsgefühl der Österreicher sank in Corona-Pandemie – Wien weitet wegen hoher Nachfrage Impfangebot aus – CureVac wirft BioNTech Patentrechtsverletzungen vor – Deutscher Gesundheitsminister befürchtet "schweren" Herbst +++

Coronavirus Warnung
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Forscher bewertet Corona-Variante BA.2.75 noch zurückhaltend

Eine weitere Sublinie der Corona-Variante Omikron namens BA.2.75 wird von einem Experten für Virusevolution noch mit Zurückhaltung gesehen. Sie habe zwar eine Reihe von relevanten Mutationen, sei aber bislang sehr selten und hauptsächlich in Indien beobachtet worden, teilte Richard Neher vom Biozentrum der Universität Basel mit. "Es ist durchaus möglich, dass BA.2.75 eine global erfolgreiche Variante wird, es ist aber zu früh, dies mit Sicherheit zu sagen."

In den vergangenen Tagen hatten mehrere andere Wissenschafter auf Twitter auf die Sublinie hingewiesen und sich über mögliche Folgen der Erbgutveränderungen ausgetauscht. So schrieb zum Beispiel der britische Virologe Tom Peacock, dass der Erreger mehrere Mutationen am sogenannten Spike-Protein aufweise, mit dem das Virus menschliche Zellen entert. Einzeln betrachtet lasse keine der Veränderungen wirklich aufhorchen, aber wenn alle zusammen auftauchten, sei es eine andere Sache. Ein weiterer Forscher schränkte aber auch selbst ein, dass die bisherigen Einschätzungen noch sehr spekulativ seien. (APA/dpa)

12.529 Neuinfektionen sind höchster Wert seit Anfang April

In 24 Stunden sind in Österreich 12.529 Neuinfektionen mit dem Coronavirus verzeichnet worden (Stand Mittwoch, 6.7., 9.30 Uhr). Das sind etwas mehr als Mitte vergangener Woche und der höchste Wert seit 14.085 Fällen am 8. April. Elf Covid-Tote kamen innerhalb eines Tages hinzu. Im Krankenhaus liegen 958 Personen, 24 weniger als am Vortag, aber 102 mehr als vor einer Woche. 58 Betroffene werden auf Intensivstationen betreut, plus zwei zum Dienstag und elf mehr zur Vorwoche.

Seit Pandemiebeginn gab es in Österreich 4.487.675 bestätigte Fälle. Eine oder mehrere Infektionen hinter sich haben 4.354 923 Personen, innerhalb der vergangenen 24 Stunden galten 9.530 als wieder virusfrei. Landesweit gab es am Mittwoch rund 114.000 aktiv Infizierte. In den vergangenen 24 Stunden wurden 90.869 PCR-Tests eingemeldet. Davon waren mit 13,8 Prozent relativ viele positiv, im Wochenschnitt beträgt die aktuelle Positivrate bereits 9,8 Prozent.

1.694 Impfungen wurden am Montag durchgeführt. Davon waren 93 Erststiche sowie 173 Erst- und 1.428 Drittimpfungen. Insgesamt haben laut den Daten des E-Impfpasses 6,8 Millionen Personen in Österreich zumindest eine Impfung erhalten. 5,5 Millionen Menschen und somit 61,4 Prozent der Einwohner verfügen derzeit über einen gültigen Impfschutz. (APA)

Infektionsplus dürfte sich durch "Ferieneffekt" abschwächen

Der Zuwachs an SARS-CoV-2-Infektionen durch die BA.4/BA.5-Varianten in Österreich hält laut Covid-Prognosekonsortium in den kommenden sieben Tagen an, wird aber geringer als in den Vorwochen. Die Abschwächung erkläre sich durch Änderungen im Kontakt- und Testverhalten seit Beginn der Schulferien im Osten, was die Modellrechner in dem Mittwochs-Update als "Ferieneffekt" zusammenfassen. Am 13.7. wird eine Sieben-Tage-Inzidenz von 1.100 Fällen je 100.000 Einwohner erwartet.

Bei dieser Zahl der Fallprognose für den kommenden Mittwoch handelt es sich jedoch wie immer um einen Mittelwert, der laut den Experten von TU Wien, MedUni Wien und Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) nur in Zusammenhang mit der Schwankungsbreite aussagekräftig ist. Innerhalb eines 68-prozentigen Konfidenzintervalls wird eine Sieben-Tage-Inzidenz im Bereich von 880 bis 1.500 Fällen je 100.000 Einwohner erwartet. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 2,5 Prozent ist auch ein Wert über 1.900 oder unter 640 möglich.

Die geringste Inzidenz wird in Kärnten (620 bis 1.000 Fälle) und die höchste in Wien (1.400 bis 2.200) prognostiziert. Aktuell liegt die österreichweite Sieben-Tage-Inzidenz bei rund 800 Fällen. Insbesondere in der Altersgruppe der Fünf- bis 14-Jährigen und speziell in den Bundesländern Wien und Niederösterreich wurde in den vergangenen Tagen die deutlichste Abflachung der Infektionskurven beobachtet, berichteten die Forscher in ihrer wöchentlichen Prognose im Auftrag des Gesundheitsministeriums (http://go.apa.at/rOh9RTKh).

Die als "Ferieneffekt" zusammengefassten Auswirkungen beinhalten die Schließung der Schulen und die verstärkten urlaubsbedingten Abwesenheiten an Arbeitsplätzen sowie reduzierte Freizeitkontakte. "Auch eine geringere Bereitschaft sich testen zu lassen, die möglicherweise auch bereits vor Beginn der eigentlichen Ferien einsetzt, kann nicht ausgeschlossen werden", heißt es in dem Update.

Die zwei Wochen in die Zukunft reichende Prognose für den Spitalsbelag geht von einem deutlichen Zuwachs von 926 Patienten am (gestrigen) Dienstag (5.7.) auf im Mittelwert 1.650 Betroffene am 20.7. aus. Als Schwankungsbreite werden 1.178 bis 1.650 Personen angegeben. Auf den Intensivstationen könnten sich die Belagszahlen von 56 auf 75 bis 129 Schwerstkranke in etwa verdoppeln (Mittelwert 98). Wegen der niedrigen Belagszahlen können jedoch übliche wochentagsbedingte Schwankungen zu hohen relativen Abweichungen führen, betonten die Prognoseexperten. (APA)

Umfrage: Gesundheitsgefühl der Österreicher sank in Corona-Pandemie

Die Österreicher fühlen sich nach der Covid-19-Pandemie weniger gesund als vorher, berichtete Reinhard Raml vom Meinungsforschungsinstitut IFES (Institut für empirische Sozialforschung GmbH) am Dienstag, 5.7., bei einer Pressekonferenz in Wien. Laut "Austrian Health Report 2022“ (www.austrianhealthreport.at) bezeichnet nur knapp ein Fünftel (19 Prozent) der Menschen den eigenen Gesundheitszustand als "sehr gut". Vor der Pandemie (2019) waren dies noch 36 Prozent.

Die Zufriedenheit mit dem eigenen körperlichen und seelischen Befinden steigt mit dem Alter: Jeder Dritte über 60 Jahren gibt ihm die Höchstnote, aber nur jeder Fünfte zwischen 18 und 29 Jahren. Außerdem fühlen sich von Westen nach Osten die Leute weniger gesund.

Die jungen Menschen in Österreich erklärten sich viel mehr von der Pandemie eingeschränkt als die älteren. 41 Prozent der 18- bis 29-Jährigen gaben an, "ich habe das Gefühl, durch die Pandemie viel in meinem Leben versäumt zu haben", aber nur 15 Prozent der über 60-Jährigen. "Für die jüngeren Menschen dauerte die Pandemie im Vergleich zu ihrer übrigen Lebenszeit viel länger", sagte Raml.

Die Pandemie verschlechterte laut der Umfrage die Behandlung von Nicht-Covid-19-Erkrankungen. Fast jeder Dritte (29 Prozent) suchte keinen Arzt auf, obwohl er sich krank wähnte. Bei neun Prozent der Befragten musste ein Operationstermin verschoben werden.

Die unmittelbaren Auswirkungen einer Corona-Infektion kenne fast jeder Zweite: 46 Prozent der Personen gaben an, "Corona gehabt zu haben". Acht Prozent machten diese Erfahrung mehrmals. Die unter 30-Jährigen hatten öfter eine SARS-CoV-2-Infektion als der Rest der Bevölkerung, bei ihnen waren es nämlich 60 Prozent. Auch klagen sie häufiger als ältere Personengruppen über Long-Covid-Symptome wie Müdigkeit, Schwächegefühl, Erschöpfung, Kopfschmerzen und Beunruhigungszustände. Ein Drittel der jungen Menschen machte Angst- und Depressionsperioden durch, aber nur ein Zehntel der älteren, berichtete Raml.

"Die Umfrageergebnisse legen weiters den Schluss nahe, dass ein höheres Einkommen gesünder macht", hieß es: Während nämlich nur knapp ein Drittel (31 Prozent) aller Österreicher mit einem monatlichen Netto-Einkommen von über 3.500 Euro eine dauerhafte Krankheit oder chronische Leiden haben, sind es bei den übrigen 45 Prozent.

Der "Austrian Health Report 2022" wurde vom Meinungsforschungsinstitut IFES im Auftrag der Pharmafirma Sandoz Österreich durchgeführt. Es befragte ein Panel von 1.006 Personen aus der österreichischen Wohnbevölkerung über 18 Jahren im Mai und Juni 2022 zu ihrem Gesundheitszustand und persönlichen Auswirkungen der Pandemie. Ein zweiter Teil mit Befragungen von Menschen, die im Gesundheitssystem arbeiten, würde demnächst durchgeführt, so Raml. (APA)

Wien weitet wegen hoher Nachfrage Impfangebot aus

Bis zu zwei Stunden Wartezeit für die Corona-Schutzimpfung hat es am Sonntag, 3.7., im Austria Center (ACV) in Wien gegeben. Aufgrund der hohen Nachfrage an Auffrischungsimpfungen weitet die Stadt das bestehende Angebot nun wieder aus. Die Städtischen Impfzentren werden – die ersten starten kommenden Montag (11.7.) – wieder sechs Tage die Woche geöffnet, neue Impftermine freigeschaltet. Vor acht Tagen hat die Bundeshauptstadt den vierten Stich für alle ab zwölf Jahren freigegeben.

Haupt-Impfstraße in Wien ist das ACV. Die Stadt wies am Montag darauf hin, dass vermehrtes Kongressgeschehen im ACV weiterhin zu längeren Wartezeiten führen kann. Auch Aufnahmestopps sind möglich. Die aktuelle Auslastung der Impfstraße ACV kann unter www.acv.at/de/gesundheitsservice/impfen abgerufen werden. Am Wochenende erhielten jene Personen, die nicht mehr geimpft werden konnten oder die nicht so lange warten wollten, einen Impfgutschein für andere Zentren.

In der vergangenen Woche haben sich 12.599 Menschen in Wien ihre Auffrischungsimpfung geholt. Um die zusätzliche Nachfrage mit möglichst kurzen Wartezeiten abzuarbeiten, werden die städtischen Impfzentren künftig wieder Montag bis Samstag mit je zwei Impfstraßen pro Impfzentrum offen haben, kündigte die Stadt in einer Aussendung am Montag an. Das Impfzentrum TownTown in Landstraße macht nächsten Montag, 11.7., den Anfang. Ab 18.7. haben zusätzlich die Impfzentren Karmelitergasse in der Leopoldstadt und Gasgasse in Rudolfsheim-Fünfhaus Montag bis Samstag geöffnet. Erst in drei Wochen, am 25. Juli, weiten die Impfzentren Schrödingerplatz in der Donaustadt, Schöpfwerk in Meidling und Wassermanngasse in Floridsdorf ihre Impfzeiten von Montag bis Samstag von 08:00 bis 12:00 Uhr und 13:00–17:00 Uhr aus.

Zusätzlich zur Ausweitung der physischen Impfangebote werden für alle Impfzentren schrittweise weitere Termine freigeschaltet. Diese können wie gewohnt entweder telefonisch über das Gesundheitstelefon 1450 oder online unter impfservice.wien gebucht werden, informierte die Stadt.

Wienerinnen und Wiener werden gebeten, das Angebot in Anspruch zu nehmen. Insbesondere die Grundimmunisierung, also drei Impfungen, solle abgeschlossen werden. Auf eigenen Wunsch kann die Auffrischung, also der vierte Stich, verabreicht werden. Das gelte insbesondere für die Infektionswelle im Sommer, bei Kontakt zu Personen mit Risikoerkrankungen, wenn man selbst Risikoerkrankungen hat sowie für den Besuch von Angehörigen vulnerabler Gruppen. Auch bei hoher Kontaktfrequenz im Alltag, insbesondere am Arbeitsplatz, bei Veranstaltungen oder voranstehenden Auslandsreisen, wird zum vierten Stich geraten. (APA)

CureVac wirft BioNTech Patentrechtsverletzungen vor

Das deutsche Biotech-Unternehmen CureVac hat eine Klage gegen den ebenso deutschen Corona-Impfstoffhersteller BioNTech und zwei Tochterunternehmen eingereicht. Es geht CureVac um eine angemessene Entschädigung für eine Verletzung geistiger Eigentumsrechte, teilte die Firma mit. Die Klage wurde vor dem Landgericht Düsseldorf erhoben. Es gehe um vier Patente. BioNTech wies den Vorwurf der Patentrechtsverletzung zurück.

In dem Verfahren müsse geklärt werden, zu welchen Anteilen die jeweiligen Patente in die Entwicklung des BioNTech-Impfstoffs eingeflossen seien, sagte CureVac-Chef Franz-Werner Haas. Welche Summe sich CureVac vorstellt, sagte er nicht. Dies müsse im Verfahren geklärt werden. Die Parteien seien sich in dieser Frage nach zahlreichen Gesprächen uneinig.

CureVac strebt nach eigener Aussage keine einstweilige Verfügung an und beabsichtigt auch nicht, rechtliche Schritte einzuleiten, die Produktion, Verkauf oder Vertrieb des BioNTech-Impfstoffes Comirnaty behindern könnten. CureVac war nach hoffnungsvollem Start Mitte 2021 daran gescheitert, einen Corona-Impfstoff auf den Markt zu bringen und will jetzt mit seinem britischen Partner GlaxoSmithKline bei der Entwicklung eines neuen Vakzins der zweiten Generation Vorreiter sein. Ende März wurde eine klinische Studie seines neuen Kandidaten begonnen.

CureVac argumentiert, das geistige Eigentum des Unternehmens schütze mehrere Erfindungen, die für das Design und die Entwicklung von Corona-Impfstoffen von BioNTech als wesentlich angesehen würden. Diese betreffen demnach etwa die Herstellung von mRNA-Molekülen. CureVac habe die schnelle Entwicklung der Impfstoffe als früher Pionier der mRNA-Technologie unterstützt. "Dementsprechend müssen die Rechte an geistigem Eigentum in Form einer fairen Vergütung anerkannt und respektiert werden, um in die Weiterentwicklung der mRNA-Technologie und neuer Klassen lebensrettender Medikamente investieren zu können."

BioNTech erklärte, die Arbeit des Unternehmens sei "originär, und wir werden sie entschieden gegen alle Anschuldigungen der Patentverletzung verteidigen". Es sei nicht ungewöhnlich, dass andere Pharmaunternehmen im Zuge des Erfolgs des BioNTech-Vakzins nun behaupteten, der Impfstoff verletze möglicherweise ihre geistigen Eigentumsrechte.

Gegründet wurde CureVac im Jahr 2000 von Ingmar Hoerr. Er gilt als Entdecker der neuen Impftechnik. Sie basiert wie die Impfstoffe von BioNTech und Moderna auf der sogenannten Messenger-RNA (Boten-RNA). Das Unternehmen hat seinen Sitz in Tübingen und beschäftigt mehr als 500 Mitarbeiter in Tübingen, Frankfurt und Boston. Hoerr hatte sich aus gesundheitlichen Gründen im Frühjahr 2020 als Vorstandsvorsitzender zurückgezogen. (APA/dpa)

Deutscher Gesundheitsminister befürchtet "schweren" Herbst

Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach befürchtet im Herbst eine deutliche Verschlechterung der Corona-Situation. "Es wird ein schwerer Herbst werden, wir müssen vorbereitet sein", sagte der SPD-Politiker am Freitagabend, 1.7., in den ARD-"Tagesthemen". Er glaube, dass "wir mit der BA.5-Variante, die sich jetzt hier ausbreitet, große Schwierigkeiten bekommen werden". Er rechne mit sehr hohen Fallzahlen, was auch zu einer Überlastung der kritischen Infrastruktur führen könne.

Am Freitag hatte ein Sachverständigenausschuss ein lang erwartetes Gutachten über die Wirksamkeit bisheriger Corona-Schutzmaßnahmen vorgestellt. Demnach können Schutzmaßnahmen wie das Maskentragen auch weiter gegen das Coronavirus hilfreich sein. Hinter vielen anderen bekannten Auflagen setzt der Sachverständigenausschuss aber große Fragezeichen, mangels ausreichender Daten seien keine sicheren Bewertungen möglich.

Lauterbach räumte in der ARD ein, man habe bisher "nicht die perfekten Daten" gehabt. Mit einem Pandemie-Radar in Krankenhäusern und einem Abwassermonitoring gehe er im September aber von einer besseren Datenlage aus. Das Gutachten sei "keine Bibel, aus der zu zitieren ist" und auch "nicht das letzte Wort", betonte der Gesundheitsminister.

"Im Gutachten sind viele Maßnahmen nach dem Motto "Sie helfen, aber wir wissen nicht, wie stark sie helfen" bewertet worden", sagte der Minister am Freitagabend im ZDF-"heute journal". Auch internationale Literatur und weitere Experteneinschätzungen würden daher nun in Beratungen über ein neues Infektionsschutzgesetz einbezogen. Einen Lockdown wie zu Beginn der Pandemie schloss Lauterbach aus: "Das würden wir nicht wiederholen." (APA/dpa)