25. Feb. 2021

Rückenmarkstimulation: gute Wirkung bei chronischen Rückenschmerzen

Einer Studie zufolge wirkt die neuartige DTM-Rückenmarkstimulation deutlich besser gegen bestimmte Formen von chronischen Rückenschmerzen als konventionelle Stimulationsmethoden, weil sie zusätzlich zu Neuronen auch Gliazellen anregt.

Senior Gesundheitspersonal im Gespräch mit Patientin im Krankenzimmer. Doktor, der der älteren Frau zuhört, die Rückenschmerzen hat.
izusek

Die Rückenmarkstimulation mit elektrischen Impulsen könnte eine erfolgversprechende Alternative sein, wenn herkömmliche Therapien bei diesen Beschwerden nicht den gewünschten Erfolg haben. Besonders wirksam scheint die neue Rückenmarkstimulationstechnik DTM (Differential Target Multiplexed) zu sein. In  einer zwölfmonatigen Studie konnten bei 79 Patienten mit chronischen Rückenproblemen deutlich bessere Resultate erreicht werden als mit konventionellen Stimulationstechniken. „Als Alternative oder Begleittherapie zu anderen Behandlungsformen, die alleine zu keiner ausreichenden Linderung geführt haben, hat diese neue Art der implantierbaren Rückenmarkstimulation großes Potenzial, die Schmerzversorgung von Patienten mit chronischen Rückenschmerzen zu verbessern“, sagt ÖSG-Vorstandsmitglied Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Eisner, Universitätsklinik für Neurochirurgie Innsbruck, anlässlich der 20. Österreichischen Schmerzwochen der Österreichischen Schmerzgesellschaft, bei denen heuer Rückenschmerzen im Fokus stehen.

Schmerzen bei 84 Prozent der Patienten mehr als halbiert

Das Verfahren zeigte gute Ansprechraten: Der Großteil der Studienteilnehmer (84%), die mit dem neuartigen DTM-Schema behandelt wurden, erreichten eine mehr als 50-prozentige Schmerzreduktion, während dies bei konventionellen Stimulationsverfahren nur bei etwa der Hälfte (51%) der Probanden der Fall war. Bei etwas über zwei Dritteln (69%) der Patienten reduzierte DTM die Rückenschmerzen um mehr als 80 Prozent (35,1% bei konventioneller Rückenmarkstimulation). Zwölf Monate nach Behandlungsbeginn konnte mit DTM die mit der Visuellen Analogskala (VAS) gemessene durchschnittliche Schmerzstärke bei Rückenschmerzen von 7,26 auf 1,74, bei Beinschmerzen von 6,18 auf 1,45 gesenkt werden.

Gliazellen als Schlüssel zur Schmerzreduktion

Der Wirkmechanismus der Rückenmarkstimulation ist sehr komplex und noch nicht vollständig erforscht. Das schmerzlindernde Prinzip beruht darauf, dass elektrische Impulse die Neurotransmission über schmerzleitende Bahnen im Rückenmark beeinflussen und somit auch das Schmerzempfinden verändern. Die neue DTM-Wellenform moduliert nun nicht nur Nervenzellen (Neuronen), sondern auch Gliazellen (Zellen im Nervengewebe), die zwölfmal häufiger im Rückenmark vertreten sind als Neuronen. „Gliazellen spielen eine wichtige Rolle im Schmerzgeschehen – sie können bestimmte Botenstoffe freisetzen, die Neuronen sensibilisieren und entzündungsfördernd sind“, erklärt Prof. Eisner. Zudem lassen Laborstudien vermuten, dass Gliazellen mit elektrischer Stimulation dazu gebracht werden können, Neurotransmitter freizusetzen, die die Zellkommunikation beeinflussen und somit schmerzlindernd wirken.