Eine Coronaprämie für (fast) alle

Das vergangene Jahr war für uns alle eine große Herausforderung, mussten wir uns doch immer sehr kurzfristig auf die unterschiedlichsten Neuerungen einstellen und an plötzlich, über uns hinweg entschiedene, Gegebenheiten anpassen. So haben wir alle in Mittagspausen und nach Dienstschluss literweise Desinfektionsmittel zubereitet, Masken gezählt und Testungen organisiert. Wir mussten flexibel bleiben, was die Diensteinteilungen anbelangte, und Urlaube vorzeitig konsumieren oder streichen. Schließlich konnten auch die Dienstgeber Kundenfrequenz und Umsatzlage nicht vorhersagen.

Foto: Nicole Heiling

Mag. Karoline Sindelar, MSc; FORUM!pharmazie

In vielen Apotheken war und ist die wirtschaftliche Situation prekär, und über lange Jahre geschätzte Mitarbeiter mussten in Kurzarbeit geschickt oder gekündigt werden. Aber auch zuhause waren wir ge- und auch überfordert mit Homeschooling, fehlender Kinderbetreuung und Quarantänesituationen. Ganz zu schweigen von allen KollegInnen, die eine COVID-Erkrankung und alle damit einhergehenden Ängste, um die Familie und die eigene Gesundheit, durchstehen mussten. Umso erfreulicher war natürlich die Nachricht des KV-Verhandlungsteams, dass allen Angestellten eine steuerfreie Coronaprämie, gestaffelt nach Dienstausmaß, zuteil werden würde! Eigentlich ein toller Erfolg!

Die Freude über diese fantastische Anerkennung der Leistung aller Angestellten im ganzen letzten Jahr währte allerdings nur kurz. Denn nicht jeder Angestellte hat auch wirklich Anrecht auf die Coronaprämie! Nur wer am Stichtag, dem 15. Dezember 2020, über die pharmazeutische Gehaltskasse besoldet war, der bekam auch eine Prämie ausbezahlt. Eine Kollegin also, die das ganze Jahr im 10/10tel-Dienst tätig war und sich seit 14.12. in Karenz befindet, bekam keine Prämie ausbezahlt. Ebenso wenig ein Kollege, der jahrelang durchgehend im 8/10tel-Dienst beschäftigt war, dessen Dienstverhältnis allerdings mit 30.11. beendet wurde. Auch für KollegInnen, die einen Großteil des vergangenen Jahres in Kurzarbeit geschickt worden waren, wurde die Coronaprämie automatisch angepasst/gekürzt, da die GHK-Meldung nicht zwischen Kurzarbeit und eigentlichem Dienstausmaß unterscheiden kann. Ebenso erhielt eine ehemalige Aspirantin, deren Aspirantenjahr mit 31.10.20 geendet hatte und die mit 1.11.20 in einen 9/10tel-Dienst übernommen wurde, weniger als 30 Euro Coronaprämie. Durch die Übernahme in den neuen Dienstvertrag war die besagte Kollegin nun erst ab 1.11.20 anspruchsberechtigt für die Coronaprämie, ungeachtet dessen, dass sie bereits das gesamte Jahr als Aspirantin tätig gewesen war und somit zumindest Anspruch auf wenigstens 150 Euro gehabt hätte.

Warum also bekommen einige KollegInnen nun weniger oder gar keine Prämie? Wurden sie vergessen oder gar übersehen? Sind sie anderen verhandlungstaktischen Manövern zum Opfer gefallen?

Natürlich sind KV-Verhandlungen immer schwierig und oftmals langwierig, und man muss mit viel Fingerspitzengefühl verhandeln, um das Beste für „seine“ Seite mitzunehmen. Es ist allerdings unverständlich und politisch unvertretbar, dass der Delegiertenversammlung der GHK (als entscheidendes Gremium) dieses Kollektivvertragspaket, samt unzulänglicher Berechnungsmethoden, erst am 17.12.20 zur Abstimmung vorgelegt wurde. Somit wurde uns jegliche Diskussionsmöglichkeit zum Ausgleich der sozialen Ungerechtigkeit genommen.

Natürlich braucht die GHK eine gewisse Vorlaufzeit, um noch rechtzeitig die Gehaltsauszahlungen inklusive der Prämie anzuweisen. Ebenso musste die Prämie noch im Jahr 2020 ausbezahlt werden, um steuerfrei zu bleiben. Allerdings waren all diese bestimmenden Faktoren schon seit dem Beschluss der Regierung zu steuerfreien Coronaprämien im Herbst bekannt. Es wäre daher wirklich schön gewesen, die KV-Verhandlungen in diesem Sinne einmal vorzeitig zu beenden, der Delegiertenversammlung die Möglichkeit der echten Prüfung und Abwägung zuzugestehen und ALLEN angestellten KollegInnen die verdiente Coronaprämie zuteil werden zu lassen.

Wir fordern eine rasche Lösung im Nachhinein (z.B. über eine Dotierung aus dem WUFO der GHK) für alle KollegInnen, die im letzten Jahr ebenso einen entscheidenden Beitrag für unseren Berufsstand geleistet haben und genau am 15.12.20 nicht über die GHK besoldet waren!

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Gastkommentar, für den der jeweilige Autor verantwortlich ist; die Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und Herausgeber wieder.