17. Jän. 2024Corona-Update

Corona-Impfung als großer Lebensretter; illegaler Verkauf von Paxlovid in Bayern

+++ Corona-Impfungen retteten rund 25.000 Leben in Österreich – Ö: Zentrum für postvirale Erkrankungen wird ausgeschrieben – Deutsche Apotheken sollen Paxlovid illegal verkauft haben – Zu wenig geboostert: schwere Covid-Verläufe bei Briten – WHO fordert mehr Impfungen und weiteren Schutz gegen Corona +++

Nuthawut Somsuk/GettyImages

Corona-Impfungen retteten rund 25.000 Leben in Österreich

Die Corona-Impfungen haben bis März 2023 in Europa über 1,4 Millionen Leben gerettet, in Österreich waren es rund 25.000. Das ergab eine Studie des Netzwerks für die Überwachung von Atemwegserkrankungen der WHO. Die Arbeit zeige einmal mehr: „Ab 60 wird‘s kritisch“, ab 80 Jahren sei die Impfung „essenziell“, schrieb der Molekularbiologe Martin Moder am Mittwoch, 17.1., auf der Plattform X. Die meisten verhinderten Todesfälle gab es nach der dritten Dosis.

Die Forschungsergebnisse wurden auf einem Preprint-Server veröffentlicht (https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2024.01.12.24301206v1), das heißt, sie wurden noch nicht in einem Fachblatt publiziert und von Peers bewertet. Der Forscher und „Science Buster“ Moder bezeichnete sie auf X als „sehr gute, aktuelle Studie“ zu durch die Impfung direkt geretteten Leben.

Indirekt vermiedene Todesfälle durch bspw. reduzierte Spitalsauslastung seien nicht miteinberechnet. Außerdem fehlen die Daten einiger großer europäischer Länder wie Polen und der Türkei. „Die realen Zahlen für Europa dürften deutlich über diesen Werten liegen“, betonte Moder. Zudem zirkuliert SARS-CoV-2 auch nach dem Ende des Untersuchungszeitraums noch weiter.

Die Auswirkungen der Covid-19-Schutzimpfung bei Erwachsenen wurde nach Altersgruppe, Impfdosis und Zeitraum der Variantenzirkulation untersucht, halten die Studienautorinnen und -autoren fest. Es seien reale Daten herangezogen worden, die von 34 Ländern und Gebieten der WHO-Europaregion gemeldet wurden. Die Forschenden schätzten, dass die Corona-Impfprogramme in der Bevölkerung ab 25 Jahren mit einer Reduktion der Todesfälle um 57% verbunden waren.

96% der verhinderten Todesfälle in Europa betrafen Menschen ab 60 Jahren. Die Drittimpfung rettete mit rund 721.000 die meisten Leben in Europa. Die meisten Toten wurden in der vorherrschenden Phase der Omikron-Variante vermieden (67%). „Unsere Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung eines aufrechten Covid-19-Impfschutzes, insbesondere bei älteren Bevölkerungsgruppen“, betonten die Forschenden. Impfkampagnen sollten den Wert der Schutzimpfung für die Rettung von Leben hervorheben.

Den laut der Studie geretteten 25.000 Menschenleben in Österreich bis Ende März 2023 standen bis damals rund 22.300 gemeldete Todesfälle gegenüber. Ohne Schutz durch Impfung hätte es hierzulande nach den WHO-Berechnungen also mehr als doppelt so viel Corona-Tote gegeben.

Bei bisher mehr als 21 Mio. verabreichten Covid-Impfungen in Österreich wurden selten schwerwiegende Nebenwirkungen registriert. Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) erfasste u.a. zwei vermutete Todesfälle durch Vakzin-induzierte thrombotische Thrombozytopenie. Über das Impfschadengesetz wurden bis Ende 2023 insgesamt 2.251 Fälle in Bezug auf die Covid-Impfung geltend gemacht, hieß es am Mittwoch auf APA-Anfrage im Gesundheitsministerium. Dabei ging es neben Thrombosen auch um Myokarditis (Herzmuskelentzündung), Perikarditis (Herzbeutelentzündung), Guillain-Barre-Syndrom, Embolien und das Chronic Fatigue Syndrom (CFS). 846 Anträge wurden bisher abgelehnt und 340 zuerkannt, 1.065 Verfahren waren zu Jahresbeginn noch offen, erläuterte das Büro von Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). (APA)

Ö: Zentrum für postvirale Erkrankungen wird ausgeschrieben

Für das vom Gesundheitsministerium im Vorjahr angekündigte Nationale Referenzzentrum für postvirale Erkrankungen wird es ab Februar eine europaweite Ausschreibung geben. Die Einrichtung werde als „Wissenshub“ fungieren, Forschung betreiben und Gesundheitspersonal bei komplizierten Fällen beraten. „Im Sommer wird feststehen, wer das Zentrum betreibt“, teilte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) nach einem Gespräch mit Betroffenen am Mittwoch, 17.1., auf der Plattform X mit.

„Wir verbessern die Behandlung von postviralen Erkrankungen“, verwies der Ressortchef auf Long Covid und ME/CFS als schwere Form davon. Bis zum Sommer werde ein Aktionsplan erarbeitet. „Wir werden auch Betroffene in diesen Prozess einbinden, um gute Lösungen zu erhalten, die sich in der Praxis bewähren“, versicherte Rauch. Die Behandlung von postviralen Erkrankungen erfordere eine differenzierte und mehrstufige Diagnostik und Behandlung durch Hausärzte als erste Anlaufstelle, Fachärzte und spezialisierte Einrichtungen.

Volksanwalt Bernhard Achitz hatte erst am Wochenende einen Ausbau der Long-Covid-Ambulanzen gefordert. In ganz Österreich gelte es, „eine Versorgungsstruktur für Long Covid und ME/CFS zu schaffen“. Es brauche „Ausbau statt Rückbau“. Das Referenzzentrum für postvirale Erkrankungen sei langfristig sicher sinnvoll in Hinblick auf die Erforschung und Entwicklung funktionierender Therapien, „aber kurzfristig brauchen die betroffenen Menschen ein enges Netz an kompetenten, spezialisierten Ambulanzen“, betonte Achitz. (APA)

Deutsche Apotheken sollen Paxlovid illegal verkauft haben

Gegen mehrere Apothekerinnen und Apotheker in Bayern ermittelt, weil sie das Corona-Medikament Paxlovid illegal ins Ausland verkauft haben sollen. „Über die Zahl der unterschlagenen Packungen Paxlovid kann derzeit nur spekuliert werden“, sagte ein Pressesprecher der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) in Nürnberg am Montag, 15.1.

„Wir sind erst am Anfang der Ermittlungen. Es könnte in dem einen oder anderen Ermittlungsverfahren aber schon um einen Schaden in Millionenhöhe gehen.“ Die acht Apotheken im Fokus der Ermittlungen in Bayern sollen demnach bis zu gut 2.500 Packungen der Arznei geordert haben. Wie viele davon illegal weiterverkauft worden sein könnten, konnte der Sprecher am Montag zunächst nichts sagen. Etwa 70 Ermittler hatten demnach Mitte Dezember Objekte in Oberbayern, Mittelfranken, Oberfranken und der Oberpfalz durchsucht. Dabei stellten sie den Angaben zufolge zahlreiche Dokumente sicher. Für die Verdächtigen gelte die Unschuldsvermutung.

Nach Informationen von WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“, die zuvor darüber berichteten, erstattete das Bundesgesundheitsministerium bundesweit an mehr als 25 Staatsanwaltschaften Strafanzeigen gegen Apotheker. Das Bundesgesundheitsministerium stellt das Medikament nach Angaben der ZKG Apotheken kostenlos für Patienten zur Verfügung. Es dürfe jedoch nicht an Dritte weiterverkauft werden. An diese Vorgabe sollen sich die Beschuldigten nicht gehalten haben. Deshalb würden sie der Unterschlagung verdächtigt, möglich seien auch Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz.

Die Arznei Paxlovid soll Patientinnen und Patienten im Fall einer akuten Corona-Infektion vor einem schweren Krankheitsverlauf bewahren. Paxlovid war vom deutschen Gesundheitsministerium in großer Menge eingekauft worden, allein für 2022 sollten eine Million Packungen bereitstehen, wie es damals geheißen hatte. (APA/dpa)

Zu wenig geboostert: schwere Covid-Verläufe bei Briten

Unzureichende Covid-19-Impfungen haben in Großbritannien laut einer landesweiten Studie im Corona-Sommer 2022 mehr als 7.000 Todesfälle oder Krankenhauseinweisungen verursacht. Die Autorinnen und Autoren der ersten Untersuchung zur gesamten britischen Bevölkerung, die am 15.1. im Medizinfachblatt „The Lancet“ veröffentlicht wurde (https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(23)02467-4/fulltext#%20), betonten, ihre Befunde zeigten, wie wichtig Auffrischungsimpfungen gegen die mitunter lebensgefährliche Atemwegserkrankung seien.

Nach der Zulassung von Corona-Vakzinen hatten sich in Großbritannien mehr als 90% der Erwachsenen impfen lassen. Als die Corona-Infektionswelle im Sommer 2022 nachließ, trat der Studie zufolge jedoch eine Impfmüdigkeit ein: Von Juni bis September 2022 hatten demnach etwa 44% der Erwachsenen in Großbritannien keinen ausreichenden Corona-Impfschutz mehr.

Auf Grundlage von Daten des Nationalen Gesundheitsdienstes NHS sowie von Modellrechnungen schätzen die Studienautorinnen und -autoren, dass es bei ausreichendem Impfschutz der gesamten erwachsenen Bevölkerung im Sommer 2022 insgesamt 7.180 weniger Krankenhauseinweisungen und Todesfälle wegen des Coronavirus gegeben hätte. Das wären fast 20% der 40.000 Krankenhausaufenthalte und Todesfälle wegen Corona-Infektionen in jenem Sommer.

Bei den nicht ausreichend geimpften Erwachsenen handelte es sich der Studie zufolge tendenziell um jüngere, nicht-weiße, ärmere Männer. Außerdem litten sie demnach kaum an Vorerkrankungen.

Die leitende Wissenschafterin des Forschungsinstituts Health Data Research UK, Cathie Sudlow, sagte bei einer Pressekonferenz, die von ihr geleitete Studie zeige, dass „vollständig und richtig geimpft zu sein, gut für Einzelpersonen und gut für die gesamte Gesellschaft“ sei. Die WHO hatte vergangene Woche gewarnt, dass die Übertragung des Coronavirus infolge der Weihnachts- und Silvesterfeiern wieder zugenommen habe.

Für die Studie wurden anonymisierte und verschlüsselte Gesundheitsdaten aller Menschen in Großbritannien ab sechs Jahren ausgewertet. Es war die erste Studie im Vereinigten Königreich mit diesem riesigen Datensatz. (APA/ag)

WHO fordert mehr Impfungen und weiteren Schutz gegen Corona

Die Weltgesundheitsorganisation betrachtet den Umgang mit Covid-19 weltweit mit Sorge. „Obwohl wir nicht in einer Krise sind, bleibt Covid-19 weiterhin eine Bedrohung der globalen Gesundheit“, sagte die Epidemiologin Maria Van Kerkhove letzten Freitag (12.1.) in Genf. Es werde zu wenig geimpft und die Menschen ergriffen zu wenig Schutzmaßnahmen. Dazu gehöre, dass bei Menschenansammlungen Masken getragen werden, Leute mit Symptomen zu Hause bleiben und Räume gut gelüftet werden.

Mehr getan werde müsse auch, um Langzeitfolgen einer Corona-Infektion besser zu untersuchen und zu behandeln. Nach Angaben von Van Kerkhove erleben nach Schätzungen 6% der Menschen, die eine Corona-Infektion mit Symptomen haben, längerfristige Komplikationen. Dazu gehören unter anderem starke Ermüdung, aber auch neurologische Leiden und Herzerkrankungen.

Von längerfristigen Komplikationen ist die Rede, wenn Symptome mehr als drei Monate anhalten. Die WHO sei besorgt, welche Folgen in fünf oder mehr Jahren noch sichtbar sein werden. All dies seien gute Gründe, Infektionen möglichst zu vermeiden. Die Impfstoffe schützten vor schweren Verläufen. Besonders ältere Menschen über 75 und jüngere mit anderen Erkrankungen oder schwachem Immunsystem sollten alle sechs bis zwölf Monate eine Auffrischung erhalten.

Die WHO kritisiert, dass in vielen Ländern kaum noch getestet werde. Die tatsächliche Zahl der Fälle dürfte weit über den gemeldeten Fällen liegen. Abwasser-Untersuchungen legten nahe, dass das Virus zwei- bis 19-mal so viel zirkuliere, wie die gemeldeten Zahlen vermuten ließen. Bis Ende 2023 waren der WHO rund 7 Mio. Todesfälle durch Covid-19 gemeldet worden. Die wahre Zahl dürfte allerdings mindestens dreimal so hoch sein, wie Van Kerkhove sagte. Die Covid-19-Statistiken der WHO können hier eingesehen werden: https://data.who.int/dashboards/covid19/cases (APA/dpa)