22. März 2023Corona-Update

Nur neutralisierende Antikörper schützen vor Neuinfektion; Aus für Gecko-Kommission

+++ Nur neutralisierende Antikörper bieten Schutz vor Neuinfektion – Gecko-Kommission wird Ende März aufgelöst – Biden unterzeichnet Gesetz zur Freigabe von Geheimdokumenten – Neue Hinweise zum Corona-Ursprung: Marderhunde als Überträger? – China ließ erstmals mRNA-Impfstoff zu – WHO-Chef hofft auf Ende der Corona-Pandemie in diesem Jahr +++

Nuthawut Somsuk/GettyImages

Nur neutralisierende Antikörper bieten Schutz vor Neuinfektion

Für den Schutz gegen Neuinfektionen mit dem Coronavirus ist nicht ausschließlich das Vorhandensein von Antikörpern entscheidend, sondern ob es sich dabei um ausreichend neutralisierende Antikörper handelt. Nur diese verhindern das Andocken des Virus an die menschlichen Zellen, zeigte ein Forschungsteam der MedUni Wien in einer Übersichtsarbeit zum bisherigen Wissensstand. Dabei entdeckten die Wissenschafter:innen auch eine bisher unbekannte Schwachstelle des Virus, hieß es am Montag, 20.3., in einer Aussendung.

Auch in einer mittlerweile endemisch gewordenen SARS-CoV-2-Situation ist weiterhin mit Mutationen des Virus und Erkrankungen durch neue Varianten zu rechnen. Zwar ist die Immunität der Bevölkerung aufgrund durchgemachter Infektionen und Impfungen vorhanden, doch andererseits erkranken immer wieder auch geimpfte und vulnerable Personen mehrfach an Covid-19, erläuterte die MedUni. In üblichen Antikörpermessungen werden die Eigenschaften der Antikörper meist nicht unterschieden, hieß es weiter.

Um die neutralisierenden Antikörper zu bestimmen, ist eine spezielle Blutuntersuchung nötig. Klassische Virusneutralisationstests können wegen des infektiösen Virus nur in wenigen hochspezialisierten Labors unter hohen Sicherheitsauflagen durchgeführt werden. Am Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie der MedUni Wien wurde bereits 2020 ein einfaches Verfahren entwickelt, mit dem der Schutz vor Neuinfektionen gegen verschiedene Virusvarianten rasch untersucht werden kann. Die Analyse der neutralisierenden Antikörper könnte wertvolle Informationen liefern, um Zeitpunkt sowie Auswahl der angepassten Impfstoffe für Auffrischungsimpfungen festzustellen, erklärte das Forschungsteam um Rudolf Valenta.

In einer weiteren Studie identifizierte das Team mittels der Bestimmung neutralisierender Antikörper bei geimpften Personen eine bisher unbekannte "Achillesferse" von SARS-CoV-2. So wurde beobachtet, dass die Fähigkeit zur Virusabwehr mit der Bindung neutralisierender Antikörper gegen ein bisher unbekanntes Epitop, also eine bestimmte Region an der Virusoberfläche, zusammenhängt. Bemerkenswert sei, dass es sich um eine Stelle des Virus handelt, die sich in den verschiedenen Virusvarianten nicht verändert hat, also eine konservierte Stelle. Dies sei relevant für die Herstellung verbesserter Impfstoffe, betonte die MedUni. Beide Erkenntnisse wurden im "International Journal of Molecular Sciences" publiziert (https://www.mdpi.com/1422-0067/24/6/5352; https://www.mdpi.com/1422-0067/24/6/5104). (APA)

Gecko-Kommission wird Ende März aufgelöst

Die im Dezember 2021 eingesetzte Kommission zur gesamtstaatlichen COVID-Krisenkoordination (GECKO) wird drei Monate vor Ablauf ihres Mandats, nämlich mit 31. März, "geordnet" aufgelöst. Bundeskanzler Karl Nehammer kommt damit einem mehrheitlichen Vorschlag der Kommission vom Montag, 20.3., nach, hieß es am Abend aus dem Kanzleramt. Zuvorgekommen ist man damit möglicherweise Rücktritten einiger Mitglieder, die im Vorfeld kolportiert wurden.

Der "Kurier" hatte berichtet, dass offenbar der Virologe Andreas Bergthaler, der Simulationsforscher Niki Popper und Generalmajor Thomas Starlinger aus Protest gegen die Linie der Regierung vor dem Abgang stünden, und Gesundheitsminister Johannes Rauch hatte bereits in einer Stellungnahme "die Rücktritte aus der Gecko-Kommission" bedauert. Nach der Sitzung vom Montag hieß es aus der Gecko-Kommission gegenüber der APA allerdings: "Es gibt kein offizielles Austrittsgesuch."

Weder die genannten Mitglieder noch deren Vorsitzender Rudolf Striedinger wollten die Rücktritts-Gerüchte kommentieren. Darüber müsse man nicht unbedingt weiter diskutieren, "weil es nicht dazu gekommen ist", sagte Striedinger gegenüber der "ZiB2".

Die Kommission selbst – ein im Bundeskanzleramt angesiedeltes Beratungsgremium der Regierung – habe ihre Auflösung bereits mit Ende März vorgeschlagen. Das Mandat wäre eigentlich noch bis Ende Juni gelaufen. Man habe gesehen, dass die Tätigkeit als Krisenkommunikationsinstrument der Regierung nicht mehr notwendig sei, so Striedinger. Die Krisenkoordination soll nun in den Regelbetrieb der Ressorts übergeführt werden.

Nehammer und Rauch dankten den Expert:innen für ihren Einsatz bei der Beratung der Regierung. Die Kommission habe "in einer schwierigen Zeit hervorragende Arbeit geleistet und dazu beigetragen, dass Österreich gut durch die Pandemie kommt", schrieb Rauch auf Twitter und ergänzte: Ich habe mich immer schützend vor die Wissenschaft gestellt und werde das auch weiterhin tun. Impfen rettet Leben. Alle demokratischen Kräfte in Österreich sind in der Verantwortung, das auch in Zukunft deutlich zu sagen."

Nicht nur die Aussage Nehammers, die Politik sei "expertenhörig" gewesen in der Corona-Pandemie, soll ein Grund für Unmut von Gecko-Mitgliedern gewesen sein, sondern auch die Corona-Passagen im Arbeitsübereinkommen von ÖVP und FPÖ in Niederösterreich. Striedinger fühlte sich von der Politik nicht missachtet: "Der Bundeskanzler hat immer auf uns gehört", sagte er, aber jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, wo man zum Urteil gekommen sei, dass die Beratungs-Arbeit nicht mehr nötig ist. (APA)

Biden unterzeichnet Gesetz zur Freigabe von Geheimdokumenten

US-Präsident Joe Biden hat ein Gesetz in Kraft gesetzt, mit dem Geheimdokumente zum Ursprung der Corona-Pandemie freigegeben werden sollen. Dabei gehe es auch um "mögliche Verbindungen zum Institut für Virologie in (der chinesischen Stadt) Wuhan", erklärte Biden am Montag, 20.3. Seine Regierung werde "so viele Informationen wie möglich" freigeben. Allerdings müsse dabei sichergestellt werden, dass kein Schaden für die nationale Sicherheit entstehe.

"Wir müssen den Ursprüngen von Covid-19 auf den Grund gehen, um sicherzustellen, dass wir künftige Pandemien besser verhindern können", erklärte Biden. "Meine Regierung wird weiterhin alle Geheiminformationen zu den Ursprüngen von Covid-19 überprüfen, einschließlich zu möglichen Verbindungen zum Institut für Virologie in Wuhan."

In der chinesischen Millionenstadt war das Coronavirus 2019 zuerst aufgetaucht. Während viele Experten eine Übertragung von Tier zu Mensch auf einem Tiermarkt in Wuhan als Ursprung der Pandemie ansehen, gibt es auch die These eines Laborunfalls in der Stadt.

Im Februar berichteten mehrere US-Medien, das für die Aufsicht von Laboren zuständige US-Energieministerium gehe mittlerweile davon aus, dass das Coronavirus aus einem chinesischen Labor entwichen ist. Dieser Auffassung ist auch die US-Bundespolizei FBI.

Die US-Behörden einschließlich der verschiedenen Geheimdienste sind sich bei ihren Einschätzungen aber nicht einig. Einige Behörden halten es für wahrscheinlicher, dass das Virus auf natürlichem Wege von Tier auf Mensch übertragen wurde. Auch in der Wissenschaft ist die Frage umstritten.

Das Thema ist zudem politisch höchst aufgeladen. China weist Angaben über einen möglichen Laborunfall regelmäßig empört zurück. Durch das Virus starben weltweit geschätzt rund sieben Millionen Menschen. Die Pandemie und die zu ihrer Eindämmung getroffenen Maßnahmen hatten schwerwiegende wirtschaftliche und soziale Folgen. (APA/AFP)

Neue Hinweise zum Corona-Ursprung: Marderhunde als Überträger?

Vorläufige Ergebnisse einer genetischen Untersuchung stützen dem Berliner Virologen Christian Drosten zufolge die Vermutung eines natürlichen Ursprungs von SARS-CoV-2. Die noch nicht unabhängig geprüfte Analyse bringt Marderhunde im chinesischen Wuhan als potenzielle Überträger des Coronavirus ins Spiel. Laut der Zeitschrift "The Atlantic" waren Wissenschafter:innen auf zuvor unbekannte chinesische Daten vom Huanan Seafood Wholesale Market gestoßen.

Dieser Markt wird mit dem ersten Corona-Ausbruch in Verbindung gebracht. Die genetischen Sequenzen seien aus Abstrichen gewonnen worden, die zu Beginn der Pandemie an und in der Nähe von Marktständen genommen wurden. Sie seien vor einigen Tagen von Forscher:innen des chinesischen Zentrums für Seuchenkontrolle und -prävention (CDC) in die frei zugängliche Genomdatenbank "Gisaid" eingestellt und dort von Wissenschafter:innen in Europa, Nordamerika und Australien – quasi zufällig – entdeckt und analysiert worden. "Das vorläufige Ergebnis untermauert stark meine seit Beginn der Pandemie geäußerte Vermutung eines Ursprungs in Marderhunden oder anderen Carnivoren (Fleischfressern) wie zum Beispiel Schleichkatzen", teilte Drosten letzten Freitag (17.3.) mit.

Eine Auswertung unter Leitung der Virusexperten Kristian Andersen, Edward Holmes und Michael Worobey ergab "The Atlantic" zufolge, dass mehrere Marktproben, die positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden waren, auch tierisches Genmaterial enthielten – vielfach vom Marderhund, einem verbreitet auf Pelztierfarmen gehaltenen Fuchsverwandten. Unter anderem aus der Art der Probenentnahme schließen die Wissenschafter:innen, dass an den betroffenen Stellen ein mit dem Coronavirus infizierter Marderhund gewesen sein könnte.

"Dies sind vorläufige Auswertungen chinesischer Rohdaten. Eine umfassende Studie der eigentlich mit der Untersuchung befassten Wissenschafter wird sicherlich bald folgen", erklärte Drosten. Die neuen Erkenntnisse dürften die Debatte um die Herkunft des Coronavirus neu befeuern. Es gibt auch die Theorie einer Laborpanne als möglichen Ursprung. (APA/dpa)

China ließ erstmals mRNA-Impfstoff zu

Jahre nach dem Rest der Welt ist nun auch in China erstmals ein mRNA-Impfstoff gegen Covid-19 zugelassen worden. Die chinesische Firma CSPC Pharmaceutical erhielt am Mittwoch von den chinesischen Gesundheitsbehörden grünes Licht für ihr Vakzin auf Basis der mRNA-Technologie. Damit ist es der erste im Inland entwickelte zugelassene Impfstoff dieser Art.

Die Verwendung von mRNA-Impfstoffen aus dem Ausland hat China bisher abgelehnt, obwohl die in der Volksrepublik bisher erhältlichen Corona-Vakzine als weniger wirksam gelten als die mRNA-Impfungen von Biontech/Pfizer und Moderna. Deren Einsatz war etwa in den USA und der EU bereits Ende 2020/Anfang 2021 freigegeben worden.

Die Volksrepublik setzt bisher nur Impfstoffe ein, die in China entwickelt und produziert wurden, allen voran Sinovac und Sinopharm. Biontech ist in China noch nicht zugelassen worden, obwohl das Unternehmen im Frühjahr 2020 mit der chinesischen Fosun Pharma eine Lizenzvereinbarung zur Entwicklung und Vermarktung des Vakzins auch in China geschlossen hatte.

In China lebende deutsche Staatsbürger konnten sich seit Ende vergangenen Jahres mit Biontech impfen lassen, nachdem sich der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz dafür eingesetzt hatte. Denn das Land sah sich zu diesem Zeitpunkt nach der plötzlichen Abkehr von seiner restriktiven Null-Covid-Politik mit einer heftigen Infektionswelle konfrontiert. Zudem konnten sich dann auch Chinesen in Hongkong mit Biontech boostern lassen.

Inzwischen gehen die Corona-Fälle in China landesweit zurück. Nach Angaben von CSPC zielt der Impfstoff des Unternehmens auf einige der wichtigsten Omikron-Untervarianten ab und zeigte in klinischen Studien als Auffrischungsimpfung eine gute Neutralisierungswirkung gegen die Varianten BA.5, BF.7, BQ.1.1., XBB.1.5 und CH.1.1.

In der Studie mit 4.000 Teilnehmern, die vom 10. Dezember bis zum 18. Jänner erfolgte, hätte das Vakzin eine Wirksamkeit von 85,3 Prozent bei denjenigen erzielt, die einen Proteinimpfstoff als Erstimpfung erhalten hätten. CSPC machte keine Angaben dazu, wie viele Dosen das Unternehmen herstellen will. An einem mRNA-Impfstoff arbeitet auch die chinesische CanSino. (APA/ag)

WHO-Chef hofft auf Ende der Corona-Pandemie in diesem Jahr

Die Zahl der wöchentlich gemeldeten Corona-Todesfälle ist mit rund 5.000 vergangene Woche zum ersten Mal niedriger gewesen als vor drei Jahren, als die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstmals von einer Pandemie sprach. Das sei eine positive Entwicklung, sagte WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus letzten Freitag (17.3.) in Genf.

Dass Tedros das Wort Pandemie am 11. März 2020 erstmals ausgesprochen hat, hat die Welt zwar wachgerüttelt. Die höchste Alarmstufe hatte die WHO aber bereits sechs Wochen vorher ausgerufen, am 30. Jänner, als sie eine Notlage von internationaler Tragweite erklärte. Zu dem Zeitpunkt gab es weniger als 100 Fälle außerhalb von China und keine Todesfälle. "Ich bin zuversichtlich, dass wir in diesem Jahr sagen können, dass Covid-19 als Notlage von internationaler Tragweite vorbei ist", sagte Tedros. (APA/dpa)