SARS-CoV-2-Infektion verdoppelt Risiko von Schwangeren; ÖÄK fordert mehr Optionen bei Covid-Medikamenten
+++ Studie zu schweren Schwangerschaftskomplikationen infolge von Corona-Infektion – Ärztekammer will neben Paxlovid auch andere Covid-Medikamente zum Einsatz bringen – Immunologe: Infektion ist wie Booster mit angepasstem Impfstoff – Coronatests: Ostregion testet am meisten, PCR-Limit trifft vor allem Wien – Lauterbach plädiert für vierte Impfung für alle ab 60 EU-weit – US-Behörde lässt zweite Auffrischungsimpfung ab 50 Jahren zu – EU-Arzneimittelbehörde startet Prüfung von Booster-Impfstoff Hipra +++
Studie zu schweren Schwangerschaftskomplikationen infolge von Corona-Infektion
Eine Infektion mit SARS-CoV-2 verdoppelt insgesamt die Gefährdung von werdenden Müttern durch schwere Schwangerschaftskomplikationen. Das hat eine Studie der Kaiser Permanente-Krankenversicherung im US-Bundesstaat Kalifornien ergeben. Unter anderem wurden stark vermehrte Thrombosen und Frühgeburten registriert, wie ein Autorenteam jetzt im Fachblatt "JAMA Internal Medicine" berichtet hat (DOI: 10.1001/jamainternmed.2022.0330). Das unterstreicht erneut die Bedeutung der Covid-19-Impfung für Schwangere.
Die US-Krankenversicherung ist seit Jahrzehnten in der medizinischen Fachwelt für ihre epidemiologischen Untersuchungen bekannt. Assiamira Ferrara und ihre Co-Autoren haben die Daten von 1.322 schwangeren Covid-19-Patientinnen im ersten Jahr der Pandemie mit 42.554 Schwangeren ohne durch PCR-Test belegter Infektion verglichen. Obwohl laut dem Deutschen Ärzteblatt zu Beginn der Pandemie in Kalifornien wegen zu wenig verfügbarer Tests nur rund ein Drittel der Schwangeren überhaupt auf SARS-CoV-2 untersucht werden konnten, zeigte sich bei den Infizierten insgesamt ein um den Faktor 2,45 erhöhtes Risiko für schwere Erkrankungen.
So betrug die Häufigkeit des Auftretens von Thrombosen und Embolien bei unter den SARS-CoV-2-Infizierten etwa das Dreifache, im Zeitraum, in dem schließlich alle Schwangeren untersucht wurden, lag die Häufigkeit für Thromboembolien sogar beim mehr als Sechsfachen. Die Häufigkeit von Frühgeburten stieg auf das Doppelte. "Es ist bekannt, dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 für Schwangere besonders gefährlich ist. Von den 1.332 Versicherten von Kaiser Permanente in Kalifornien, bei denen im ersten Jahr der Pandemie eine Infektion mit SARS-CoV-2 nachgewiesen wurde, mussten 76 (5,7%) im Krankenhaus behandelt werden, 28 (2,1%) entwickelten ein Atemnotsyndrom (ARDS) und zwölf (0,9%) eine Sepsis", hieß es in der medizinischen Fachzeitschrift mit Verweis auf das Journal der American Medical Association (JAMA).
Wichtigster Risikofaktor für den schweren Verlauf einer SARS-CoV-2-Infektion sei mit einem siebenfach erhöhten Risiko ein bereits vor der Schwangerschaft bestehende Zuckerkrankheit gewesen. Adipöse Schwangere waren unter den Covid-19-Betroffenen mit einem schweren Krankheitsverlauf ebenfalls häufiger zu finden (+50%), auch Schwangere mit Bluthochdruck (+44%) und ältere werdende Mütter (>40 Jahre/+77%).
Auf die Neugeborenen hatte das alles keine statistisch signifikante Auswirkung, was deren Zustand nach der Geburt betraf. Allerdings war die Beobachtungszeit zu kurz, um längerfristige Entwicklungsstörungen durch die vermehrten Frühgeburten zu berücksichtigen. Die Studie bestätigt damit die bisherigen Erfahrungen, nach denen SARS-CoV-2 im Unterschied zum Röteln- und auch zum Zikavirus den Fetus nicht direkt schädigt. Die höhere Zahl von Frühgeburten könnte sich allerdings ungünstig auf die Entwicklung der Kinder in den ersten Lebensjahren auswirken.
Die Impfung gegen Covid-19 wird Schwangeren seit Vorhandensein der Vakzine von Fachleuten und Expertengremien besonders empfohlen. Sie sollte ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel erfolgen und schützt dann auch die Neugeborenen durch die ursprünglich von der Mutter stammenden Antikörper. (APA)
Ärztekammer will neben Paxlovid auch andere Covid-Medikamente zum Einsatz bringen
Seit vergangener Woche ist das Covid-19-Medikament Paxlovid für infizierte Risikopersonen über Hausärzte erhältlich. Daneben gibt es auch den Wirkstoff Molnupiravir im Medikament Lagevrio, das in Österreich mit einer Sonderzulassung über den sogenannten "compassionate use" zur Behandlung von Covid-Risikopatienten zur Verfügung steht, informierte die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) am Dienstag, 29.3. Sie forderte mehr Optionen bei Covid-Medikamenten.
"Es sollte dringend daran gearbeitet werden, dass Lagevrio schnell österreichweit zur Anwendung kommen kann", appellierte ÖÄK-Präsident Thomas Szekeres an die Politik. Das sei bisher nur in Wien unkompliziert möglich. In der Bundeshauptstadt kontaktiert ein Telemedizin-Team der MA15 aktiv Patienten mit erhöhtem Risiko für einen schweren Verlauf, klärt über die Möglichkeit einer medikamentösen Therapie auf und leitet diese gegebenenfalls in die Wege. Dieser Weg wäre für alle Bundesländer wünschenswert, so Szekeres.
Für einige Patienten komme eine Behandlung mit Paxlovid wegen Kontraindikationen oder möglicher Wechselwirkungen nicht infrage, hier könne aber Molnupiravir weiterhelfen. Der Wirkstoff senke Studien zufolge ebenso das Risiko für Hospitalisierung und Tod signifikant. "Das ist ein Schutz, den unsere Patientinnen und Patienten jetzt sehr gut gebrauchen könnten", sagte Szekeres. Die Erfahrungen aus Wien mit diesem Medikament würden durchwegs positiv ausfallen.
"Tausende Dosen des Medikaments Lagevrio mit dem Wirkstoff sind schon da, sie müssen jetzt nur noch eingesetzt werden", betonte Szekeres. Er verwies auch auf den jüngsten Gecko-Bericht, in dem die Kommission forderte, "im Hinblick auf die enorme Bedeutung, die der Therapie bei der Verhinderung schwerer Erkrankungen zukommt, höchste Priorität darauf zu legen, die bereits ins Land gelieferten Medikamente rasch und in hoher Zahl zur Anwendung zu bringen“. Das betreffe neben den beiden oralen Medikamenten etwa auch die monoklonalen Antikörper Sotrovimab (Xevudy) und Regdanvimab (Regkirona). Auch Remdesivir sei bereits in Österreich verfügbar.
"Die Covid-Impfung ist in ihrer Schutzwirkung natürlich unersetzbar. Es gibt aber auch zum Beispiel Menschen, die trotz Impfung vielleicht keine Immunantwort entwickeln“, sagte der ÖÄK-Präsident. "Es gibt kaum Frustrierenderes, als einem Patienten nicht helfen zu können, obwohl ein entsprechendes Medikament schon verfügbar und vielleicht schon auf der anderen Seite der Bundeslandgrenze leicht zu bekommen ist."
Die SPÖ schloss sich der Ärztekammer-Forderung via Aussendung an. "Es ist unglaublich, dass teure Corona-Medikamente in Österreich herumliegen und nicht zur Anwendung kommen. Gesundheitsminister Johannes Rauch muss rasch dafür sorgen, dass auch die neben Paxlovid zugelassenen Medikamente österreichweit angewendet werden", verlangte SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher. (APA)
Immunologe: Infektion ist wie Booster mit angepasstem Impfstoff
Durchbruchinfektionen mit der Omikron-Variante des Coronavirus erhöhen nach Angaben des Immunologen Carsten Watzl den Immunschutz Geimpfter erheblich. "Eine Infektion ist wie eine einzelne Impfdosis", sagte Watzl der "Augsburger Allgemeinen" (Samstag, 26.3.). "Für Geimpfte wirkt sie wie ein Booster mit einem angepassten Impfstoff."
Die momentan hohe Zahl an Infektionen und der damit einhergehende Immunschutz kann sich nach Ansicht des Generalsekretärs der Deutschen Gesellschaft für Immunologie im Herbst auszahlen - "wenn keine neue gefährlichere Variante kommt".
Ob eine Impfpflicht angesichts dessen überhaupt noch nötig sei, sei "die 100.000-Dollar-Frage". Bleibe Omikron die vorherrschende Variante, komme man vermutlich auch ohne Impfpflicht vergleichsweise gut durch die kalte Jahreszeit. "Das pessimistische Szenario wäre eine Virusvariante, die so krank macht wie Delta und so ansteckend ist wie Omikron. Dann hätten wir mit der großen Zahl an nicht geimpften Menschen wieder ein großes Problem."
Für Ungeimpfte bringe auch eine durchgemachte Omikron-Infektion keinen vernünftigen Schutz vor einer schweren Erkrankung mit einer anderen Virusvariante. "Hier stellt sich die Frage der Impfpflicht als Vorsorgemaßnahme. Als Immunologe bin ich natürlich immer für das Impfen, weil es nachgewiesenermaßen sicherer ist als eine Infektion." (APA/dpa)
Coronatests: Ostregion testet am meisten, PCR-Limit trifft vor allem Wien
Die ab April geplante Beschränkung der Coronatests wird vor allem Wien betreffen. Im März wurden allein in der Hauptstadt bisher 8,1 Millionen PCR-Tests ausgewertet, mehr als in allen anderen Bundesländern zusammen. Zahlreiche Wienerinnen und Wiener werden künftig deutlich weniger Tests als gewohnt abgeben können, denn schon jetzt brauchen viele Wienerinnen und Wiener pro Woche mehr Tests als künftig pro Monat zulässig sein sollen.
Insgesamt sind in ganz Österreich im März knapp 20 Millionen Corona-Tests durchgeführt worden, davon drei Viertel PCR-Tests. Allein in Wien waren Stand Dienstag 8,7 Millionen Tests, davon 8,1 Millionen PCR-Tests. Zum Vergleich: In allen anderen Bundesländern wurden im März bisher 6,5 PCR-Tests ausgewertet. Damit liegt Wien mit 4.221 PCR-Tests pro 1.000 Einwohnern an der Spitze – vor Niederösterreich mit 1.557 und dem Burgenland mit 1.526. Am wenigsten sind es mit 552 in Oberösterreich.
Damit dürfte die nun geplante Einschränkung der Gratis-Tests besonders viele Menschen in der Hauptstadt treffen. Wie aus einer Auswertung der Wiener Landesregierung hervorgeht, haben sich im März pro Woche zwischen 500.000 und 700.000 Wienerinnen und Wiener testen lassen. Die meisten liegen mit einem oder zwei wöchentlichen Tests zwar noch im künftigen Rahmen. Allerdings gibt es jede Woche auch bis zu 35.000 Menschen mit vier und bis zu 29.000 Menschen mit fünf oder mehr PCR-Tests.
Entsprechende Zahlen für ganz Österreich gibt es nicht. Allerdings wird in den anderen Bundesländern deutlich weniger getestet als in Wien, außerdem werden dort auch mehr Antigentests ausgewertet. Hinter Wien folgt Niederösterreich mit knapp über 3.000 Tests pro 1.000 Einwohner, davon fast die Hälfte Antigentests; im Burgenland (2.500) sind vier von zehn ausgewerteten Tests Antigentests, ebenso in Kärnten und in der Steiermark.
Zwar will die Regierung auch die Antigentests auf fünf pro Monat begrenzen. Allerdings werden in den Ländern mit hohem Antigentest-Anteil schon jetzt weniger Tests ausgewertet als in Wien. Am wenigsten sind es in Oberösterreich mit 929 Tests pro 1.000 Einwohner (davon 41% Antigentests). (APA)
Lauterbach plädiert für vierte Impfung für alle ab 60 EU-weit
Der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach wirbt EU-weit für eine vierte Corona-Impfung für alle ab 60 Jahren. "Wir dürfen nicht vergessen, dass die Covid-Pandemie nicht zu Ende ist in Europa. Wir haben sehr hohe Fallzahlen, wir haben leider auch sehr hohe Sterbezahlen", sagte der SPD-Politiker am Dienstag am Rande von Beratungen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel.
Er wolle eine Diskussion anstoßen, "ob wir nicht eine europäische Empfehlung für die vierte Dosis der Impfung bekommen bei den Über-60-jährigen". In dieser Altersgruppe könne dadurch die Sterblichkeit im Vergleich zur dritten Dosis noch einmal um 80 Prozent reduziert werden, wie Daten aus Israel ergeben hätten, sagte Lauterbach. Die EU-Kommission solle dazu aufgefordert werden, in Zusammenarbeit etwa mit der europäischen Arzneimittelbehörde eine entsprechende Empfehlung auszusprechen. "Die Lage ist in Europa, was die Pandemie angeht, schlechter als das Gefühl der Menschen", sagte Lauterbach. Der Ukraine-Krieg ziehe zudem Aufmerksamkeit ab.
Lauterbach betonte, dass es derzeit viel Impfstoff in Europa gebe, der nirgendwo fehle. Die Abnahme durch einkommensschwächere Länder stocke. "Somit müssen wir befürchten, dass in Europa Impfstoff vernichtet werden muss." Infrage für die vierte Dosis, also den zweiten "Booster" nach einem Grundschutz, komme der Impfstoff von Moderna oder Biontech/Pfizer. Die Entwicklung von Impfstoffen, die an neue Corona-Varianten angepasst sind, verzögere sich seiner Kenntnis nach, sagte Lauterbach. Er rechne im Herbst, womöglich im September, mit den neuen Impfstoffen.
In Österreich gibt es derzeit keine Empfehlung für die vierte Dosis. Off-Label und auf persönlichen Wunsch könne Hochrisikopersonen (z.B. immunsupprimierte Personen) und Personen ab 65 Jahren, bei denen ein kürzeres Anhalten des Impfschutzes zu erwarten ist, frühestens ab sechs Monaten nach der 3. Impfung nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung durch den Arzt oder die Ärztin und auf persönlichen Wunsch eine weitere Impfung angeboten werden, heißt es in der Anwendungsempfehlung des Nationalen Impfgremiums. (APA/dpa)
US-Behörde lässt zweite Auffrischungsimpfung ab 50 Jahren zu
Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat eine zweite Auffrischungsimpfung für Erwachsene ab 50 Jahren und immungeschwächte Menschen zugelassen. Die Notfallzulassungen für die Auffrischungsimpfungen mit den Wirkstoffen des deutschen Unternehmens Biontech und seinem US-Partner Pfizer sowie des US-Unternehmens Moderna seien entsprechend aktualisiert worden, teilte die FDA am Dienstag mit.
Menschen ab 50 Jahren und immungeschwächte Menschen ab 12 Jahren könnten sich frühestens vier Monate nach der ersten Auffrischungsimpfung nun eine zweite verabreichen lassen. Rund 97 Millionen Menschen in den USA, einem Land mit rund 330 Millionen Einwohnern, haben bisher eine Auffrischungsimpfung erhalten. (APA/dpa)
EU-Arzneimittelbehörde startet Prüfung von Booster-Impfstoff Hipra
Die EU-Arzneimittelagentur EMA hat das schnelle Prüfverfahren für den Corona-Impfstoff des spanischen Herstellers Hipra gestartet. Der Wirkstoff sei als Booster-Impfung entwickelt worden, wie die EMA am Dienstag, 29.3., in Amsterdam mitteilte. Er sei zunächst gedacht für Erwachsene, die bereits mit anderen Covid-Impfstoffen geimpft wurden. Nach den vorläufigen Studien wirkt das Präparat auch gegen eine Infektion mit der Omikron-Variante des Virus.
Der Hersteller hatte nach Angaben der EMA erste Ergebnisse aus Labor- und klinischen Studien vorgelegt. Auf dieser Grundlage habe man das Prüfverfahren gestartet. Nach dem sogenannten Rolling Review-Verfahren werden Ergebnisse von Studien bereits bewertet, auch wenn noch nicht alle Resultate vorliegen und kein Antrag auf Zulassung gestellt wurde. Wie lange die Prüfung dauern wird, ist nach Angaben der EMA noch nicht abzusehen.
Der Hipra-Impfstoff soll den Körper in die Lage versetzen, sich gegen die Infektion zu verteidigen. Er enthält zwei Versionen des Spike-Proteins, die im Labor künstlich hergestellt wurden. Dieses Eiweiß hilft dem Virus, in die Zellen einzudringen. Nach der Impfung soll der Körper Antikörper und T-Zellen entwickeln. Diese würden dann bei einer Infektion das Virus töten und infizierte Zellen vernichten.
Fünf Corona-Impfstoffe sind bereits in der EU zugelassen. Zurzeit laufen Prüfverfahren für insgesamt fünf weitere Impfstoffe. (APA/dpa)