COVID-19: Diagnose auf Basis von Symptomen
Eine COVID-19-Erkrankung kann mit unterschiedlichen Symptomen einhergehen. Während einige Personen asymptomatisch bleiben, spüren andere klassische Erkältungssymptome wie Husten, Halsschmerzen, Fieber oder Gliederschmerzen. Aber auch Beschwerden wie Durchfall oder Verlust des Geruchs- und Geschmackssinnes können auftreten.
Diese unspezifischen und unterschiedlich stark ausgeprägten Symptome erschweren die Diagnosestellung. In Österreich gilt laut Falldefinition des Bundes als bestätigter Fall eine Person mit positivem PCR-Test oder mit Nachweis von SARS-CoV-2-spezifischem Antigen in Kombination mit klinischen oder epidemiologischen Kriterien.
Die Fragestellung
Ein Cochrane-Autorenteam wollte wissen, wie zuverlässig COVID-19 alleine anhand von Symptomen und klinischen Merkmalen diagnostiziert werden kann.1 Sie berechneten die Sensitivität: also wie viele der COVID-19-Erkrankten richtig als krank identifiziert werden können; sowie die Spezifität: wie viele der Nicht-Infizierte korrekt als solche erkannt werden können.
Die Evidenz
Insgesamt wurden 44 Studien mit Daten zu 26.884 erwachsenen Personen eingeschlossen. Im Median hatten in den Studien 21 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer COVID-19. Die Studien wurden in Krankenhausambulanzen, Notaufnahmen, speziellen COVID-19-Tageskliniken, im stationären Bereich und in der Primärversorgung durchgeführt.
Die Studien untersuchten, wie genau eine COVID-19-Diagnose auf Basis von Symptomen ist. Am häufigsten wurden Fieber, Husten, Auswurf, Kurzatmigkeit, Halsschmerz, Muskelschmerz, Durchfall, Kopfschmerz, Müdigkeit und Geruchs- oder Geschmacksverlust untersucht. Die Studien kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen und wiesen methodische Schwächen auf. Daher könnten zukünftige Studien zu genaueren Ergebnissen führen.
Die drei am häufigsten untersuchten Symptome
Husten zeigte eine Sensitivität von 67 % (95 %-Konfidenzintervall (KI): 60 %–74 %) und eine Spezifität von 35 % (95 %-KI: 29 %–42 %). Umgerechnet auf 1.000 Personen bedeutet das, dass etwa 655 Personen Husten haben. Von diesen hätten etwa 142 tatsächlich COVID-19. Von den 345 Personen ohne Husten hätten 68 Personen COVID-19.
Fieber zeigte eine Sensitivität von 54 % (95 %-KI: 35 %–72 %) und eine Spezifität von 67 % (95 %-KI: 53 %–79 %). Bei 1.000 Personen hätten etwa 371 Personen Fieber. Von diesen hätten 113 tatsächlich COVID-19. Von den 629 Personen ohne Fieber hätten 97 COVID-19. Husten und Fieber erlauben also keine genaue Diagnose von COVID-19, weil beide Symptome einen hohen Anteil von falsch-positiven und von falsch- negativen Ergebnissen erzeugen.
Verlust des Geruchssinns und des Geschmacksinns hatte eine Sensitivität von 41 % (95 %-KI: 27 %–57 %) und eine Spezifität von 91 % (95 %-KI: 81 %–95 %). Das Vorliegen dieser Symptome erhöht die Wahrscheinlichkeit einer COVID-19-Erkrankung.
Schlussfolgerung
Weder das Vorhandensein noch das Fehlen einzelner Symptome und Merkmale reicht aus, um eine COVID-19-Erkrankung zu diagnostizieren bzw. auszuschließen. Der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinnes stellt ein moderates Indiz für eine mögliche COVID-19-Erkrankung dar. Fieber und Husten sollten berücksichtigt werden und weiteres Testen veranlassen.
Dr. Barbara Nußbaumer-Streit leitet das Zentrum Cochrane Österreich* an der Donau-Universität Krems.
* Cochrane Österreich ist die nationale Vertretung des internationalen Forschungsnetzwerks Cochrane, zu dem sich Gesundheitsfachleute aus über 130 Ländern zusammengeschlossen haben, um zuverlässige und unabhängige Evidenzsynthesen bereitzustellen. Cochrane Österreich wird vom Niederösterreichischen Gesundheits- und Sozialfonds gefördert. Mehr Infos und Newsletter: www.cochrane.at