1. Juli 2025MedUni Graz

Neue Vorstufen des Gebärmutterhalskrebses entdeckt

Gebärmutterhalskrebs ist weltweit die vierthäufigste Krebserkrankung bei Frauen. Zwei Studien eines Forschungsteams der Medizinischen Universität Graz mit Olaf Reich, Sigrid Regauer und Karl Kashofer liefern neue Erkenntnisse.

Olaf Reich, Sigrid Regauer und Karl Kashofer von der MEdizinischen Universität Graz.
MedUni Graz/Wittmann
v.l.n.r.: Research Prof. Priv.-Doz. Mag. Dr. Karl Kashofer, Ao.Univ.-Prof.in Dr.in med. Sigrid Regauer (beide Diagnostik und Forschungsinstitut für Pathologie) und Ao.Univ.-Prof. Dr.med.univ. Olaf Reich (Klinische Abteilung für Gynäkologie).

Krebsvorstufen entstehen häufiger über sogenannte „dünne high-grade squamöse intraepitheliale Läsionen“ (dünne HSIL) – an anderen Stellen des Gebärmutterhalses als bisher gedacht. Zudem existiert neben dem bekannten HPV-assoziierten Entstehungsweg auch ein HPV-unabhängiger Pfad mit eigenen biologischen Merkmalen.

Jährlich erkranken weltweit rund 600.000 Frauen, etwa die Hälfte stirbt daran – vor allem dort, wo Vorsorge fehlt. In Österreich gibt es ca. 400 Neuerkrankungen pro Jahr. Hauptverursacher ist eine anhaltende Infektion mit bestimmten HPV-Typen wie HPV 16 und 18, die über sexuellen Kontakt übertragen werden und das Erkrankungsrisiko massiv erhöhen. Dank Impfungen und Vorsorgeuntersuchungen ist Gebärmutterhalskrebs in vielen Ländern rückläufig – bei rechtzeitiger Diagnose.

Die im Fachjournal Laboratory Investigation veröffentlichte Studie zeigt erstmals: Dünne HSIL sind echte Krebsvorstufen mit genetischen Veränderungen, die denen fortgeschrittener Tumoren ähneln. Diese Läsionen sind schwer zu erkennen, da sie unter dem Mikroskop unauffällig wirken. Reich erklärt: „Dünne HSIL entstehen häufig im Zylinderepithel des Gebärmutterhalses – ohne vorherige leichtere Veränderungen.“

Die zweite Studie im American Journal of Surgical Pathology beschreibt erstmals HPV-negative Schleimhautveränderungen – sogenannte differenzierte zervikale intraepitheliale Neoplasien (d-CIN) – als echte, HPV-unabhängige Krebsvorstufen. Laut Karl Kashofer zeigen diese typische Gendefekte, die das Tumorwachstum fördern und Therapien erschweren. Sie ähneln Vorstufen an der Vulva, sind schwer zu erkennen und widerlegen die „Hit-and-run“-Theorie. Sigrid Regauer betont: „Es gibt tatsächlich HPV-unabhängige Formen von Gebärmutterhalskrebs.“

Diese Erkenntnisse haben weitreichende Konsequenzen für Prävention und Therapie. Therapeutische HPV-spezifische Impfstoffe könnten frühe HSIL-Stadien rückbilden. Für HPV-unabhängige Tumoren kommen molekulare Therapien infrage, die gezielt an den Gendefekten ansetzen – mit Aussicht auf höhere Wirksamkeit und weniger Nebenwirkungen.

Medizinische Universität Graz
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