An Venenleiden nicht „vorbeigehen“

Die Beine eines Fußgängers, der über den Gehsteig spaziert.
Foto: Taylor Jacobs on Unsplash

Besenreiser und Krampfadern brauchen frühzeitige, konsequente Behandlung um Folgeschäden zu verhindern. (Pharmaceutical Tribune 10/2018)

1 Definition

Bei einer Venenschwäche (venöse Insuffizienz) ist der venöse Rückstrom zum Herzen gestört. Auslöser dafür sind meist nicht mehr schlussfähige Venenklappen, die neben der Wadenmuskelpumpe für den Rücktransport des venösen Blutes zuständig sind. Blut staut sich in den Beinen, der Druck steigt, Flüssigkeit tritt in das angrenzende Gewebe aus, was sich in Form von Ödemen, Schmerzen oder Krämpfen bemerkbar macht! Eine Veneninsuffizienz ist die Vorstufe der Varikosis (Krampfadern).

2 Symptome

Der Venenpatient klagt über:

  • müde, schwere oder auch schmerzende Beine, v.a. in der warmen Jahreszeit
  • bevorzugt abends auftretende Ödeme im Knöchelbereich oder Unterschenkel
  • nächtliche Wadenkrämpfe
  • Kribbeln, unruhige Beine (typisch für venös bedingte Beschwerden: Besserung beim Gehen)
  • im fortgeschrittenen Stadium – Hautveränderungen wie bräunliche Pigmentierung im Knöchelbereich, trockene, schuppige, juckende Hautbereiche (Ekzeme) oder offene Stellen (Ulcus cruris venosum)

Risikogruppen bzw. -faktoren:

  • Hauptrisikofaktor: Alter
  • Frauen sind durch hormonelle Veränderungen wie z.B. Schwangerschaft, Kontrazeptiva häufiger betroffen als Männer
  • erbliche Vorbelastung
  • Adipositas
  • einseitige Belastung durch sitzenden oder stehenden Beruf
  • Rauchen

3 Therapie

3.1 Kompressionstherapie

Kompressionsstrumpf oder -verband bildet die Basis einer jeden Venenbehandlung. Auch zur Prophylaxe werden Stützstrümpfe eingesetzt!

Wirkungsweise:

  • Leistungsverbesserung der Muskel-Venen-Pumpe
  • Einengung der suprafaszialen Venen mit teilweiser Regeneration der Klappenfunktion
  • Verbesserung der Strömungsgeschwindigkeit des venösen Blutes, v.a. in den tiefen Gefäßen, die Thrombosegefahr sinkt
  • Steigerung des Gewebsdruckes, Gewebeflüssigkeit fließt wieder besser ab, Schwellungen und Ödeme bilden sich zurück

Kontraindikationen:

  • periphere arterielle Verschlusskrankheit
  • Infektionen (septische Phlebitis)
  • Polyneuropathie (z.B. Diabetes)
  • nässende Dermatosen
  • Sensibilitätsstörungen, Paresen
  • dekompensierte Herzinsuffizienz Kompressionsstrümpfe werden indikationsbezogen in unterschiedlichen Kompressionsstärken angeboten! Verordnungsfähige „Gummistrümpfe“ sind z.B. Sigvaris, Mediven. Nachteil der Kompressionstherapie ist die schlechte Compliance!

Beratung:

  • individuelle Anpassung der Strümpfe (bestimmte Messpunkte müssen eingehalten werden)
  • Anmessung morgens – die Beine dürfen nicht geschwollen sein
  • noch vor dem Aufstehen im Bett anziehen
  • Tragedauer je nach Indikation bis zu 24 h
  • Pflegehinweise für längere Haltbarkeit (bis zu 6 Monate) beachten, nach jedem Tragen gründlich waschen (Handwäsche oder Schonwaschgang, kein Weichspüler oder Bleichmittel), Ablagerungen durch Schweiß und Hautschuppen beeinträchtigen die Elastizität
  • An- und Ausziehhilfen verwenden, z.B. spezielle Gummihandschuhe, Gleitsocken uvm.
  • Hautpflege gegen den Juckreiz besser abends auftragen

3.2 Adjuvante Therapie

Bei den pflanzlichen Venopharmaka werden zwei Gruppen unterschieden:

  • Flavonoide (Diosmin, Hydroxyethylrutosid) sowie Bioflavonoide (Extrakte aus dem Roten Weinlaub) und
  • Triterpensaponine (Aescin)

Pharmakologische Wirkung:

  • ödemprotektiv als wichtigste Eigenschaft
  • entzündungshemmend durch Hemmung lysosomaler Enzyme
  • venentonisierend
  • gefäßabdichtend
  • antiexsudativ

Beratung: Eine gute Wirksamkeit erfordert eine mehrwöchige (ca. 6 bis 8 Wochen), kontinuierliche Einnahme in ausreichend hoher Dosierung! Sinnvoll ist eine Dauertherapie mit Venopharmaka! Aber aufgrund der nur symptomatischen Wirkung ist eine Einnahmepause z.B. über die Wintermonate möglich! Die gefäßabdichtende Wirkung hält bei einem Einnahmestopp noch einige Wochen an! Eine Kurbehandlung über mindestens 3 Monate ist zu empfehlen (Auswahl an Präparaten siehe Tab. 1).

Venoaktive Externa haben vor allem eine abschwellende, kühlende Wirkung und sind subjektiv symptomlindernd. Durch die Massage (distal nach proximal) wird kurzfristig der Rückstrom verbessert (Auswahl an Präparaten siehe Tab. 2).

Achtung: Topische Venenmittel sind bei venösen Hautveränderungen kontraproduktiv!

Zum Arzt bei …

  • oberflächlichen Venenentzündungen – Thrombophlebitis (harter, erhitzter, geröteter und schmerzhafter Venenstrang) und
  • starkem Tiefenschmerz – Phlebothrombose (praller, druckempfindlicher, schmerzender Unterschenkel, oft mit Fußsohlenschmerz beim Auftreten, blaue Verfärbung der Haut).