Reizende Swimmingpools
In Schwimmbädern werden zur Desinfektion bevorzugt chlorbasierte Produkte eingesetzt. Reagieren diese mit organischen Substanzen wie Körperpflegeprodukten oder menschlichen Exkreten, können potenziell gesundheitsgefährdende chemische Verbindungen entstehen.
Jährlich sind mehr als 4500 Besuche auf den Notfallstationen US-amerikanischer Spitäler auf den Kontakt mit Poolchemikalien zurückzuführen. Dies geht aus einem Bericht des Center for Disease Control and Prevention hervor. Die häufigsten Symptome nach akuter Exposition in Hallenbädern sind Reizungen der Augen, der Nase und des Rachens sowie Atemwegsbeschwerden. Betroffen sind besonders Menschen, die in Schwimmbädern arbeiten, sowie Leistungsschwimmer. Inwieweit auch normale Badegäste gefährdet sind, wird noch dikutiert. Jedoch kommt es sowohl nach kurzzeitigem als auch nach längerem Aufenthalt in Schwimmbädern zu klinischen Manifestationen.
Aufnahme über Magen, Haut oder Lunge
Dabei zählt Stickstofftrichlorid (NCl3) zu den stärksten Irritanzien, berichten Professor Dr. Mariana Couto vom Hospital CUF Descobertas in Lissabon und Kollegen. Das Chloramin entsteht, wenn Chlor z.B. mit Harnstoff reagiert. Weitere Chlorverbindungen, die aus Desinfektionsmitteln hervorgehen können, sind unter anderem Trihalogenmethane (THM), wie z.B. Chloroform. THM sind, genauso wie NCl3, flüchtig. Die Stoffe können also nicht nur durch verschlucktes Wasser oder die Haut in den menschlichen Organismus gelangen, sondern auch über die Atemluft. Während es Richtwerte für die Konzentration von THM im Wasser gibt, existieren bislang keine anerkannten Grenzwerte für die Konzentration in der Luft.
Messungen von lungenspezifischen Proteinen im Serum haben gezeigt, dass die akute und chronische Exposition gegenüber NCl3 die Permeabilität des Lungenepithels erhöhen kann. Auf diese Weise wird möglicherweise der transepitheliale Transport von Allergenen zu dendritischen Zellen erleichtert bzw. eine T2-abhängige Immunreaktion provoziert. Experimente am Mausmodell legen zudem nahe, dass die chronische Inhalation von Chlor eine Exazerbation von Asthma befeuert.
So wundert es nicht, dass Leistungsschwimmen auf Platz zwei in der Rangliste derjenigen Sportarten rangiert, die mit einer erhöhten Inzidenz von Asthma-Symptomen assoziiert sind. In einer Studie mit Schwimmern wiesen zu Beginn 44 % der Teilnehmer eine allergische Rhinitis auf und 35 % eine Entzündung mit vorwiegend neutrophiler Beteiligung. Die Einwanderung von Neutrophilen konnte hauptsächlich auf die Exposition gegenüber Desinfektionsnebenprodukten zurückgeführt werden, der Gebrauch einer Nasenklammer wirkte protektiv.
Auch die natürliche Barrierefunktion der Haut kann betroffen sein. Zusammen mit anderen Faktoren, wie beispielsweise hohen Wassertemperaturen, verringert sich die Wasserspeicherkapazität des Stratum corneum. Dies erhöht die Durchlässigkeit der Haut für schädliche Stoffe, insbesondere an dünnen Stellen wie z.B. dem Skrotum.
Es findet sich eine Reihe von Hinweisen auf einen Zusammenhang zwischen regelmässigen Schwimmbadbesuchen und einem breiten Spektrum von Dermatosen unterschiedlicher Ätiologie (u.a. infektiös, traumatisch, reizend, allergisch, neoplastisch). Die Xerose ist eine der häufigsten Erkrankungen bei Schwimmern, insbesondere bei solchen mit empfindlicher und ekzematöser Haut.
Bei Menschen mit atopischer Haut ist der Austrocknungseffekt durch chlorbasierte Desinfektionsmittel besonders ausgeprägt, da bei ihnen der Schwellenwert für die Abnahme der Wasserhaltefähigkeit signifikant niedriger liegt als bei gesunden Personen. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, warum im Zusammenhang mit Chlorierung häufiger Hautsymptome auftreten als bei anderen Desinfektionsmethoden (Brom, Ozon, UV-Lampen, Salzelektrolyse).
Risiko für Krebs nur bei Trinkwasser untersucht
In-vivo- und In-vitro-Studien deuten auf genotoxische und zytotoxische Wirkungen einiger Chlorverbindungen hin. Die WHO erachtet die Karzinogenität von Chloroform im Tierversuch als hinlänglich belegt. Beim Menschen wurde die Evidenz jedoch insgesamt als nicht ausreichend angesehen, um Chlornebenprodukte als krebserregend einzustufen. Dabei ist jedoch zu erwähnen, dass die Mehrzahl der Studien das Krebs-Risiko im Zusammenhang mit Trinkwasser und nicht mit der Exposition in Schwimmbädern untersucht hat. Einzig für Blasenkrebs wurde in einer Studie ein erhöhtes Risiko im Zusammenhang mit der Exposition gegenüber Trihalogenmethanen beim Duschen, Baden oder Schwimmen festgestellt.