Farbenfroher Riese – Der Arzneikürbis

Fresh pumpkin seed oil in glass pitcher on white wooden table
Mishi/AdobeStock

Der Arzneikürbis stammt vom Gartenkürbis (Cucurbita pepo) ab, der zur Familie der Kürbisgewächse (Cucurbitaceae) zählt. Für arzneiliche Zwecke werden die weichschaligen Kürbissamen bzw. -kerne verwendet, wobei unter den zahlreichen Varietäten und Kultursorgen vor allem die Spezialzüchtung von C. pepo L. convar. citrullina I. Greb. var. styriaca I. Greb. (Steirischer Ölkürbis) bevorzugt wird.1 In der Volksmedizin ist die positive Wirkung des Kürbisses auf Blase und Prostata seit mehreren Jahrhunderten bekannt. Bereits im Mittelalter wurden Kürbissamen bei Nieren- und Blasenbeschwerden, Reizblase sowie als Wurmmittel eingesetzt.2

Kürbissamen enthalten 30–50% fettes Öl („Kernöl“, dieses besteht mit bis zu 80% aus ungesättigten Fettsäuren wie Ölsäure und Linolsäure sowie ca. 20% aus gesättigten Fettsäuren wie der Palmitin- und Stearinsäure), 25–55% Proteine und 6–10% Kohlenhydrate. Weitere bedeutsame Inhaltsstoffe sind mit einem Anteil von ca. 1% die Phytosterole (insbesondere Δ5– und Δ7-Sterole sowie deren Glucoside, daneben auch Δ8-Sterole), Lignane, Tocopherole, Carotinoide, Mineralstoffe sowie die Spurenelemente Iod, Selen, Mangan, Kupfer und Zink. Die Samen des Arzneikürbisses zeichnen sich außerdem durch einen hohen Gehalt an den wertvollen Aminosäuren Arginin und Glutaminsäure sowie der seltenen Aminosäure Cucurbitin aus.1,2

Die antiandrogene Wirkung der Kürbissamen soll besonders auf den Gehalt an Δ7-Sterolen zurückzuführen sein. Δ7-Sterole weisen eine strukturelle Ähnlichkeit mit Androgenen und Dihydrotestosteron (DHT) auf, wodurch sie die Bindung von Dihydrotestosteron an zelluläre Rezeptoren inhibieren. Die Konzentration an DHT (DHT ist vor allem für die gutartige Vergrößerung der Prostata verantwortlich) nimmt somit im Prostatagewebe ab.3

Neben der antiandrogenen Wirkung weist der Arzneikürbis aufgrund des hohen Gehaltes an ungesättigten Fettsäuren eine kardioprotektive und cholesterinsenkende Wirkung auf. Weiters werden dem Kürbis blutzuckersenkende und nephroprotektive Eigenschaften zugeschrieben, er wirkt antiphlogistisch, wundheilend und durch die Aminosäure Cucurbitin antiparasitär.1

Health Claims4

Für den Arzneikürbis wurde noch kein Health Claim definiert.

Steckbrief

Vorkommen

Die ursprüngliche Heimat der Kürbispflanze ist Mittel- und Südamerika, heute wird sie jedoch weltweit kultiviert. Die Arzneidroge selbst stammt ausschließlich aus dem Anbau in Österreich (Steiermark), Ungarn, osteuropäischen Ländern und Mexiko.1 Der Gartenkürbis ist eine einjährige Pflanze und bildet niederliegende, bis zu 10m lange Ranken mit großen, behaarten Blättern sowie orangegelben, trichterförmigen Blüten. Die gelb-orangen Beerenfrüchte (botanisch sog. „Panzerbeeren“) haben einen Durchmesser von bis zu ca. 40cm. Die Fruchtwand ist fest, aber trotzdem fleischig und umschließt zahlreiche abgeflachte Samen, die sog. Kürbiskerne.5

 Mögliche Anwendungsgebiete1

  • Vom HMPC der EMA ist die Verwendung von Kürbissamen zur Linderung von Beschwerden im unteren Harntrakt in Zusammenhang mit benigner Prostatahyperplasie oder überaktiver Blase anerkannt.
  • Die Monografien der ESCOP und der Kommission E nennen als Anwendungsgebiete die Behandlung der Reizblase, Miktionsbeschwerden wie häufige Blasenentleerung, schmerzhaftes Wasserlassen, nächtlicher Harndrang, Harnverhalten oder Restharnbildung bei der BPH in den Stadien I und II nach Alken bzw. in den Stadien II und III nach Vahlensieck.
  • Einsatz in der Erfahrungsheilkunde adjuvant bei Funktionsstörungen im Bereich der Blase, Blasenschwäche, Enuresis nocturna

Laut S2e-Leitlinie „Diagnostik und Therapie des Benignen Prostatasyndroms (BPS)“ der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU) ist die Therapie mit Phytotherapeutika aufgrund widersprüchlicher Ergebnisse und der fraglichen Überlegenheit gegenüber Placebo und chemischen Substanzen nicht allgemein zu empfehlen. Für Patientinnen und Patienten mit leichten bis mittelschweren Beschwerden, die synthetische Medikamente ablehnen, können sie allerdings eine Option sein.6

Praxistipps

  • Kürbissamen können als Rohdroge, Trocken- oder Dickextrakte sowie als fettes Öl angewendet werden. Eine Teezubereitung ist nicht gebräuchlich.
  • Die mittlere Tagesdosis wird mit 10g Samen angegeben.
  • Die Einnahme von Präparaten mit Kürbiskernextrakten kann unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen. Bei einmal täglicher Einnahme wird die Anwendung vor der Nachtruhe empfohlen.
  • Generell gilt, dass Kürbiskernextrakt-Präparate kontinuierlich über einen längeren Zeitraum eingenommen werden sollten. Die Wirkung baut sich, wie sehr häufig bei pflanzlichen Präparaten, erst nach und nach auf.
  • Als mögliche Nebenwirkungen können milde gastrointestinale Beschwerden auftreten (Häufigkeit von 4%).
  • Aufgrund fehlender Daten wird von einer Einnahme in Schwangerschaft und Stillzeit abgeraten.
  • Wichtig: Eine Anwendung soll nur erfolgen, nachdem schwerwiegende Erkrankungen durch eine Ärztin oder einen Arzt ausgeschlossen wurden.

Da Kürbissamen die Beschwerden einer vergrößerten Prostata bessern, ohne jedoch die Vergrößerung zu beheben, ist eine regelmäßige ärztliche Kontrolle erforderlich. Weiters zu beachten ist, dass unter Einnahme von Kürbiskernen der PSA-Wert abnimmt, sodass möglicherweise ein Prostatakarzinom nicht rechtzeitig erkannt werden kann.

Im Wechselspiel

Es sind keine relevanten Interaktionen mit Arzneimitteln oder anderen Nährstoffen bekannt.7

Quellen

¹ Wenigmann M., Phytotherapie – Arzneidrogen Phytopharmaka Anwendung, 1. Auflage 2017, Elsevier

² Blaschek W., Wichtl – Teedrogen und Phytopharmaka. Ein Handbuch für die Praxis, 6. Auflage 2016, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart

³ Teuscher/Lindequist/Melzig, Biogene Arzneimittel – Lehrbuch der pharmazeutischen Biologie, 8. Auflage 2020, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart

⁴ Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission vom 16. Mai 2012

⁵ Spohn M./Spohn R., Unsere wichtigsten Arzneipflanzen – 41 Arten, die jeder kennen sollte, 2019, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim

S2e-Leitlinie 043-034 “Diagnostik und Therapie des Benignen Prostatasyndroms (BPS)” ist online | Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (awmf.org)

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