Teufelskralle – eine Wurzel krallt sich den Schmerz
Der therapeutische Nutzen dieser im südlichen Afrika beheimateten Pflanze ist in der Volksmedizin seit Langem bekannt. Im westlichen Arzneimittelmarkt hat sich die Teufelskralle heute eine wichtige Position erobert. Die Stammpflanzen Harpagophytum procumbens (BURCH.) DC. und Harpagophytum zeyheri L. DECNE gehören zur Familie der Sesamgewächse (Pedaliaceae). Arzneilich verwendet wird die Wurzel (Harpagophyti radix) beider Teufelskrallenarten, die sich lediglich in der Form ihrer Früchte unterscheiden.1
Wichtige wirksame Inhaltsstoffe der Teufelskralle sind die bitteren und antiinflammatorisch wirkenden Iridoidglykoside (1–3%), und zwar hauptsächlich Harpagosid (Zimtsäureester des Harpagids, mind. 1,2%), Procumbid, Harpagid und 8-p-Cumaroyl-harpagid (höherer Gehalt in H. zeyheri). Daneben werden auch Phenylethanoidglykoside wie Acteosid und Isoacteosid, trizyklische Diterpene, kleine Mengen an Flavonoiden, Triterpenglykoside und Polysaccharide isoliert.2,3
Die Teufelskrallenwurzel besitzt entzündungshemmende, antirheumatische und schwach analgetische Wirkungen. Zurückzuführen ist dies auf eine Hemmung der Cyclooxygenase und der Cysteinyl-Leukotrien-Biosynthese durch die Iridoidglykoside.1,2 Teufelskrallen-Extrakt soll neben der Aktivierung des proinflammatorischen Transkriptionsfaktor AP-1 auch die Expression von matrixabbauenden Proteasen hemmen und führt zu einer Downregulation der iNOS.2 Für die antiinflammatorischen Wirkungen sind vermutlich neben den Iridoidglykosiden auch die Phenylethanoide Acteosid und Isoacteosid verantwortlich.
Auch gibt es Hinweise auf knochenstärkende Eigenschaften der Teufelskralle. So fördern Harpagosid und Harpagid in vitro die Differenzierung der knochenaufbauenden Osteoblasten und hemmen die Bildung der knochenabbauenden Osteoklasten.2
Health Claims4
Für die Teufelskralle liegt kein Health Claim vor.
Steckbrief
Beide Teufelskrallen-Arten sind in den Steppengebieten Süd- und Südwestafrikas (Zimbabwe, Botswana und Namibia) beheimatet. Die Droge stammte bis vor wenigen Jahren ausschließlich aus Wildsammlung, was die Pflanze nahezu an den Rand des Untergangs brachte. Nach der Ernte werden die Wurzeln gewaschen, in noch frischem Zustand in Scheiben geschnitten und getrocknet. Für die Namensgebung verantwortlich sind die scharfen, ankerartigen Widerhaken der rasch verholzenden Früchte, die sich in den Klauen der Savannentiere einbohren („Trampelklette“). Dies dient zwar der Verbreitung, jedoch können dadurch schlecht heilende Wunden verursacht werden.5
Mögliche Anwendungsgebiete
- aufgrund der Bitterwirkung der Iridoidglykoside in Form von Tee bei Appetitlosigkeit und zur Besserung dyspeptischer Beschwerden wie Völlegefühl und Blähungen (Bitterwert 5.000–12.000)1
- zur unterstützenden Behandlung degenerativer und chronisch-entzündlicher Erkrankungen des Bewegungsapparates wie Osteoarthritis, Glieder- und Rückenschmerzen2
Die Wirkung ist aufgrund der langjährigen traditionellen Anwendung zwar plausibel, aber durch methodische Mängel und der eher geringen Teilnehmerzahlen der bisherigen Studien nicht ausreichend belegt.
Das Europäischen Arzneibuch führt neben der Droge, die mindestens 1,2% Harpagosid aufweisen soll, auch eine eigene Monografie zum Teufelskrallenwurzel-Trockenextrakt. Die HMPC-Monografie listet unter „traditional use“ eine Reihe von Teufelskrallen-Extrakten verschiedener Spezifikationen und Ethanol-Konzentrationen auf.
Praxistipps
- Für die Teezubereitung werden die Wurzeln mit kochendem Wasser übergossen, nach 8-stündigem Stehenlassen bei Raumtemperatur wird abgegossen. Bei Appetitlosigkeit sollte der Tee eine halbe Stunde vor dem Essen, bei Verdauungsstörungen nach dem Essen getrunken werden. Tagesdosis 1,5g in 250ml Wasser, aufgeteilt auf 3 Einzeldosen.
- Bei Erkrankungen des Bewegungsapparates wird die Einnahme von Fertigarzneimitteln mit Teufelskrallenwurzel-Trockenextrakt morgens und abends zu den Mahlzeiten empfohlen, wobei eine Wirksamkeit erst nach mehrwöchiger Einnahme zu erwarten ist. Die Dosierungen der Flüssig- und Trockenextrakte unterscheiden sich sehr stark. Empfohlen wird jedoch eine Aufnahme von mindestens 50mg Harpagosid pro Tag. Die empfohlene Tagesdosierung als Tee bei Gelenkschmerzen liegt bei 4,5g in 500 ml Wasser, aufgeteilt auf 3 Einzeldosen.
- Die Dauer der Anwendung ist prinzipiell nicht begrenzt und nach dem Krankheitsbild zu richten. Die Verträglichkeit ist auch bei Langzeitanwendung sehr gut.
- Nebenwirkungen: Selten gastrointestinale Beschwerden wie Übelkeit, Erbrechen, Blähungen und Durchfall, Schwindel oder Kopfschmerzen. Sehr selten allergische Reaktionen (Hautausschlag, Nesselsucht bis hin zu anaphylaktischem Schock). Bei insulinpflichtigem Diabetes wurde ein Blutzuckeranstieg beobachtet, der nach Absetzen wieder zurückging.2
- Kontraindikationen: Bei Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren6 und bei vorhandenen Gallensteinleiden ist es empfehlenswert, die Anwendung von Teufelskralle mit dem Arzt abzusprechen. Aufgrund fehlender Daten wird von einer Einnahme in Schwangerschaft und Stillzeit abgeraten.2
Nicht zu verwechseln ist die Afrikanische Teufelskralle mit den bei uns heimischen Phyteuma-Arten aus der Familie der Glockenblumengewächse.
Im Wechselspiel
Es sind keine relevanten Interaktionen mit Arzneimitteln oder anderen Nährstoffen bekannt.2,6
Quellen:
1 Wenigmann M, Phytotherapie – Arzneidrogen Phytopharmaka Anwendung, 1. Auflage 2017, Elsevier
2 Teuscher/Lindequist/Melzig, Biogene Arzneimittel – Lehrbuch der pharmazeutischen Biologie, 8. Auflage 2020, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
3 Blaschek W, Wichtl – Teedrogen und Phytopharmaka. Ein Handbuch für die Praxis, 6. Auflage 2016, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
4 Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission vom 16. Mai 2012
5 Spohn M/Spohn R, Unsere wichtigsten Arzneipflanzen – 41 Arten, die jeder kennen sollte, 2019, Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim
6 Dingermann Theodor, Kompendium Phytopharmaka – Qualitätskriterien und Verordnungsbeispiele, 7. Auflage 2015, Deutscher Apotheker Verlag