Weihrauch bietet mehr als den Duft, den er verströmt

Weihrauch- oder Olibanum-aromatisches Harz, das in Weihrauch und Parfüms verwendet wird.
amazing studio/AdobeStock

Unter Weihrauch (Olibanum) versteht man das an der Luft getrocknete Gummiharz von Bäumen aus der Gattung Boswellia (Burseraceae, Balsambaumgewächse). Olibanum wird aus verschiedenen Boswellia-Arten gewonnen. Medizinisch verwendet wird jedoch meist das Harz von Boswellia serrata (=B. glabra), dem indischen Weihrauch.1

Aus Weihrauch hat man bisher über 200 verschiedene chemische Verbindungen isoliert. Indischer Weihrauch besteht zu 50–70% aus Harzsubstanzen, enthält außerdem ca. 20% Schleimstoffe (diese bestehen überwiegend aus Galaktose und Arabinose) und 4–9% ätherisches Öl mit vorwiegend Mono- und Sesquiterpenen (α-Pinen, α-Thujen, β-Myrcen und Methyleugenol).1,2

Die medizinisch relevante Fraktion ist die der Harze, die in etwa zur Hälfte aus Boswelliasäuren bestehen. Boswelliasäuren sind pentazyklische Triterpene, von denen die 3-Hydroxy-11-Keto-β-Boswelliasäure (KBA ca. 2%) und die 3α-Acetyl-11-Keto-β-Boswelliasäure (AKBA ca. 1,4%) als am wirksamsten eingestuft werden. Boswelliasäuren wirken in unterschiedlichem Maß antiphlogistisch. Sie unterdrücken durch Hemmung der Aktivität der 5-Lipoxygenase die Bildung von Leukotrienen und die Ausschüttung einiger proinflammatorischer Zytokine, z.B. von Prostaglandin E2. Weiters verhindern sie durch Hemmung von Cathepsin G die Einwanderung von neutrophilen Leukozyten in Entzündungsbereiche.2

Health Claims4

Für Weihrauch liegt noch kein Health Claim vor.3 Es wurde zwar bei der EU eine gesundheitsbezogene Wirkaussage zu „Gelenkgesundheit“ beantragt, über diese wurde bis jetzt jedoch noch keine Entscheidung getroffen.4

Steckbrief

Vorkommen

Heimat der Boswellia-Arten sind Trockengebiete um das Horn von Afrika wie Somalia, Äthiopien und Sudan, der Süden von Arabien (Oman, Jemen) und Indien. Der Anbau erfolgt besonders im Oman sowie in Nordost- und Mittelindien.2 Weihrauch befindet sich als klebrig-milchige Flüssigkeit in den schizogenen Exkreträumen der Boswellia-Bäume.1 Nach flächigem Anschneiden der Äste und Stämme fließt diese milchig-weiße Emulsion aus und erhärtet an der Luft zu gelblichen, rötlichen oder bräunlichen, außen meist weiß bestäubten Körnern (Tränen) oder Stalaktiten.5

Mögliche Anwendungsgebiete1,2

  • Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises wie rheumatoide Arthritis, chronische Polyarthritis und zervikale Spondylosis
  • Sportverletzungen
  • Remissionsbehandlung von entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn
  • Asthma bronchiale
  • Multiple Sklerose
  • Lokale Anwendung zur Behandlung licht- und altersbedingter Hautschäden sowie Schuppenflechte

Praxistipps

  • Im Handel befinden sich Nahrungsergänzungsmittel mit verkapseltem Weihrauchpulver oder in Mizellen eingeschlossenem Extrakt. Die Mizellentechnologie soll eine optimale Aufnahme in den Körper ermöglichen. Kombiniert wird Weihrauch oft mit Curcuma-Extrakten zur Unterstützung der Immunantwort bei Entzündungen“.2
  • Weihrauch-Präparate sollten am besten zu den Mahlzeiten eingenommen werden.
  • Übliche Weihrauchextrakt-Dosierungen in Supplementen liegen etwa zwischen 1- bis 3-mal tgl. 400mg, standardisiert auf einen Mindestgehalt an Boswelliasäuren.1
  • Mögliche Nebenwirkungen sind Hautveränderungen, vereinzelt von Juckreiz begleitet, und gastrointestinale Beschwerden, wobei Magen-Darm-Beschwerden durch die Einnahme zu oder nach der Mahlzeit verringert werden können.
  • Kontraindikationen: Schwangerschaft und Stillzeit, Kleinkinder, Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre aufgrund fehlender wissenschaftlicher Erkenntnisse.
  • Das aus dem Gummiharz gewonnene ätherische Öl wird in der Aromatherapie bei Angst und Spannungszuständen eingesetzt. Weiters für Inhalationen bei Asthma, chronischer Bronchitis, Husten. Einreibungen bei Erkältungen wirken schmerzstillend und krampflösend. Bei Hals- und Rachenentzündung, bei entzündetem Zahnfleisch und schlechtem Atem kann mit verdünnter Essenz gegurgelt werden; in Haut- und Massageölen wirkt es aufgrund seiner zusammenziehenden Eigenschaften straffend und pflegend.6
  • „H 15“ – was steckt hinter dieser Bezeichnung? H 15 soll für ein besonders wirksames Weihrauchharz stehen, das in klinischen Studien getestet wurde. Im Handel existiert jedoch nicht nur „Das Eine“ H-15-Präparat, sondern eine Vielzahl von Produkten, die diese Bezeichnung für sich beanspruchen. Tatsächlich hat H 15 seinen Ursprung im indischen Arzneimittel der Firma Gufic, mit dem eine Reihe klinischer Studien durchgeführt wurden.Der als Gartenzierstrauch beliebte „Weihrauch“ ist mit den pharmazeutisch verwendeten Boswellia-Arten nicht verwandt. Die Blätter verströmen beim Zerreiben zwar einen weihrauchartigen Geruch, die Zierpflanze stammt jedoch aus der Familie der Lippenblütler.

Im Wechselspiel

Es sind keine relevanten Interaktionen mit Arzneimitteln oder anderen Nährstoffen bekannt.7

Referenzen

  1. M. Wenigmann, Phytotherapie – Arzneidrogen – Phytopharmaka – Anwendung, 1. Auflage 2017, Elsevier GmbH
  2. Teuscher/Lindequist/Melzig, Biogene Arzneimittel – Lehrbuch der pharmazeutischen Biologie, 8. Auflage 2020, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  3. Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission vom 16. Mai 2012
  4. https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/nahrungsergaenzungmittel/mit-weihrauch-wieder-gehen-koennen-8126
  5. Hunnius, Pharmazeutisches Wörterbuch, 10. Auflage 2010, de Gruyter Walter GmbH & Co
  6. Meyer A., Lexikon der Düfte – Anwendung und Wirkung ätherischer Öle, 15. Auflage 2020, Taoasis Verlag
  7. MikronährstoffCoach®: Mikronährstoffe / mikronaehrstoffcoach.com/de/at/mikronaehrstoffe/micronutrient.weihrauch.html