Phytosterole – sagen dem Cholesterin den Kampf an

Linseed oil in a small heart-shaped porcelain bowl - Leinöl in einer kleinen herzförmigen Porzellanschale

Phytosterole, häufig auch als Phytosterine bezeichnet, stellen als sekundäre Pflanzenstoffe einen integrativen Bestandteil der pflanzlichen Zellmembranen dar.¹ In der chemischen Struktur sind Phytosterole den tierischen Sterinen wie Cholesterin sehr ähnlich und unterscheiden sich lediglich durch zusätzliche C17-Seitenketten.²

Unter dem Begriff Phytosterole werden außerdem auch die in pflanzlichen Lebensmitteln vorkommenden Phytostanole verstanden. Sie sind die hydrierte Form der Phytosterole.³

Bisher konnten insgesamt zirka 40 verschiedene Phytosterole aus sieben Pflanzenfamilien identifiziert werden. Am häufigsten davon sind β-Sitosterol, Stigmasterol und Campesterol in der Nahrung vertreten, wobei β-Sitosterol rund die Hälfte der mit der Nahrung aufgenommenen pflanzlichen Sterole ausmacht und therapeutisch am längsten genutzt wird.²

Phytosterole führen zu einer Senkung der LDL-Serumkonzentration im Blut, indem sie aufgrund ihrer strukturellen Ähnlichkeit die Resorption von Cholesterin im Dünndarm kompetitiv hemmen.4 Unterschiedliche Mechanismen werden dabei diskutiert: die Verminderung oder Verhinderung des Cholesterineinbaus in die Mizellen, eine Interferenz mit der Cholesterinveresterung bei der Passage durch die Darmwand sowie die Bildung unlöslicher Kristalle aus Cholesterin und Phytosterolen.² Unbeeinflusst durch Phytosterole bleiben die Plasmatriglyceride, auch die Effekte auf den HDL-Spiegel sind vernachlässigbar.4

Die durchschnittliche tägliche Zufuhr von Phytosterolen mit der Nahrung liegt bei 150–400mg.¹ Die Resorptionsrate ist jedoch verglichen mit Cholesterin relativ gering und beträgt nur etwa 5%.

In klinischen Studien konnte gezeigt werden, dass mit etwa 1,5–2g Phytosterolen pro Tag eine klinisch relevante Senkung der LDL-Serum-Konzentration erreicht wird. Eine Steigerung der Dosis auf über 3g pro Tag geht jedoch mit keiner weiteren Senkung der LDL-Cholesterinkonzentration im Serum einher.²

 

Health Claims5

Für Phytosterole ist folgender Health Claims definiert:

„Phytosterine/Phytostanole tragen zur Aufrechterhaltung eines normalen Cholesterinspiegels im Blut bei.“

Die Bedingung für die Verwendung dieser Angabe lautet: „Die Verbraucher sind darüber zu unterrichten, dass sich die positive Wirkung bei einer täglichen Aufnahme von mind. 0,8g Phytosterinen/Phytostanolen einstellt.“

Steckbrief

Enthalten in …

Phytosterole finden sich in unterschiedlicher Konzentration in Pflanzenfetten und fallen als Nebenprodukt bei der Raffination pflanzlicher Öle und Fette an. Besonders reich an Phytosterolen sind Weizenkeime, Sonnenblumenkerne, Sesam, Sojabohnen, Maiskeime und Raps.² Weitere Quellen sind Leinsamen, Erdnüsse, Kürbiskerne und Weizenkleie. Um über die tägliche Ernährung den Cholesterinspiegel in den Griff zu bekommen, werden Phytosterole diätetischen Lebensmitteln wie Margarine, Milch oder Joghurt hinzugefügt.¹

Mögliche Anwendungsgebiete4

  • Zur Prophylaxe und Behandlung der Hypercholesterinämie.
    Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit warnt jedoch vor der Anwendung von Phytosterolen bei Normocholesterolämie, bei Schwangeren, Stillenden und Kindern unter 5 Jahren. Auch vor Dosen, die 3g pro Tag überschreiten, wird abgeraten, da es unklar ist, ob der menschliche Körper die hohen Dosen an Phytosterolen verstoffwechseln oder ausscheiden kann und welche Folgen sie für unsere Gesundheit haben können.
  • In der Urologie werden Phytosterol-haltige Drogen wie Brennnesselwurzel, Kürbissamen, Gräserpollen und Sägepalmenfrüchte zur Linderung der Beschwerden beim benignen Prostatasyndrom eingesetzt.
  • Phytosterole werden auch in der pharmazeutischen Industrie als Hilfsstoffe verwendet.

Bei vorschriftsmäßiger Einnahme wurden bislang keine Wechselwirkungen mit anderen Substanzen beobachtet. Eine hohe Phytosterol-Konzentration vermindert möglicherweise die Resorption von Carotinoiden aus der Nahrung.4

Praxistipps

  • Zur Aufrechterhaltung eines normalen Cholesterinspiegels im Blut ist eine tägliche Aufnahme von mind. 0,8g Phytosterolen erforderlich. Eine positive Wirkung in Bezug auf die Senkung des Cholesterinspiegels stellt sich bei einer täglichen Aufnahme von 1,5–3g Phytosterolen ein.
  • NEM mit Phytosterolen sollen zu den Mahlzeiten eingenommen werden.
  • Manche Hersteller empfehlen die Einnahme über mindestens 8 Wochen.
  • Unter der zur Therapie erforderlichen Dosierung sind keine Nebenwirkungen bekannt.
  • Cave: Phytosterolämie (Sitosterolämie)! Eine sehr seltene autosomal-rezessive Störung des Lipoproteinstoffwechsels. Hierbei kommt es zu einer extremen Erhöhung der Phytosterole im Blut, da der Körper nicht in der Lage ist, diese abzubauen. Menschen, die von dieser seltenen Krankheit betroffen sind, erkranken häufig bereits in jungen Jahren an Arteriosklerose. Sie müssen Pflanzensterine meiden.²
  • Der potenziellen Senkung von Carotinoiden kann durch den Verzehr Carotin-haltiger Gemüse oder Früchte entgegengewirkt werden.
  • Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass mit Phytosterolen angereicherte Produkte nur von Personen mit erhöhten Blutcholesterolkonzentrationen verzehrt werden sollten. Für gesunde Menschen ist der Nutzen „funktioneller Lebensmittel“ wissenschaftlich nicht nachgewiesen.

Im Wechselspiel

Bei vorschriftsmäßiger Einnahme wurden bislang keine Wechselwirkungen mit anderen Substanzen beobachtet. Eine hohe Phytosterol-Konzentration vermindert möglicherweise die Resorption von Carotinoiden aus der Nahrung.4

 

Referenzen

  1. Biesalski, Bischoff, Puchstein, Ernährungsmedizin, 4. Auflage 2010, Thieme Verlag
  2. Kasper H., Ernährungsmedizin und Diätetik, 12. Auflage 2014, Elsevier Urban & Fischer
  3. Deutsche Gesellschaft für Ernährung, www.dge.de, Ernährungsbericht 2012, Prävention durch Ernährung
  4. Teuscher, Lindequist, Melzig, Biogene Arzneimittel, 8. Auflage 2020, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
  5. Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission vom 16. Mai 2012