25. Okt. 2018NACFC 2018: Leben mit CF

Herausforderungen im klinischen Alltag

Medical seminar, conference with doctors. Meeting room for medics workshop. Presentation of doctor speaker. Vector design
iStock/Nadezhda Buravleva

Eine kurze Zusammenfassung ausgewählter Themen und Präsentationen von der 32. North American Cystic Fibrosis Conference (NACFC) in Denver, CO, USA (18.–20.10.2018).

Die 32. North American Cystic Fibrosis Conference (NACFC) 2018 setzte neue Maßstäbe in puncto Interesse seitens der CF-Community: Über 5.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus mehr als 40 Ländern trafen sich in Colorados sonniger Hauptstadt Denver (18.–20.10.2018), um mit viel Optimismus zu erörtern, wie Betreuung und Prognose von CF-Patienten weiter verbessert werden können. Und es besteht erstmals seit den Anfängen der modernen CF-Forschung tatsächlich Anlass zu Optimismus, wie Dr. Christopher Penland, Forschungsbeauftragter der Cystic Fibrosis Foundation (CFF), im Rahmen einer Plenary Session in Denver veranschaulichte. „1955, im Gründungsjahr der CFF, verstarben die meisten CF-Patienten vor ihrem fünften Geburtstag, in den 1980er-Jahren betrug die Lebenserwartung etwa 30 Jahre, 2012 schon über 40 Jahre.“

CFTR-Modulatoren als entscheidender Durchbruch

Und es sei zu erwarten, so Penland, dass der zunehmende Einsatz und die Entwicklung weiterer CFTR-Modulatoren die Prognose in den nächsten Jahren weiter verbessern wird. Zumal intensiv daran geforscht wird, dass auch Patienten mit selteneren Mutationen mit diesen Substanzen behandelt werden können. „Aktuell können wir etwa 50 Prozent der CF-Patienten einen Modulator verschreiben, dank der Entwicklung und Zulassung neuer Substanzen rechnen wir damit, dass in den nächsten Jahren bis zu 90 Prozent der CF-Patienten von einer solchen hochwirksamen Therapie profitieren können.“ Laufend analysierte und publizierte Registerdaten belegen jedenfalls die Sicherheit und Wirksamkeit dieser innovativen Medikamente auch im klinischen Alltag und untermauern die Ergebnisse aus den randomisierten klinischen Studien.

Prävention von CF-assoziierten Komplikationen

Ein zweiter Forschungsschwerpunkt ist laut Penland die Prävention von CF-assoziierten Komplikationen. Dazu zählen etwa das raschere Diagnostizieren und wirksamere Behandeln von respiratorischen Infekten, von CF-assoziierten Entzündungen und pulmonalen Exazerbationen, der Erhalt der Lungenfunktion, aber auch der Umgang mit Komplikationen wie CF-assoziierter Diabetes und CF-assoziierte Lebererkrankung, sowie ein verbessertes Schnittstellenmanagement bei adoleszenten und jungen erwachsenen CF-Patienten. Einige in Denver veröffentlichte Beiträge zu diesen und anderen relevanten Themen sind nachfolgend zusammengefasst.

  • Organschäden bei CF entstehen möglicherweise noch früher als bisher angenommen. Es gibt Hinweise, dass schon Neugeborene und Säuglinge an neutrophilen Entzündungen der Lunge leiden, noch ehe dort eine bakterielle Besiedelung nachweisbar ist (S01.3). Auch der CF-assoziierte Diabetes könnte (auch) auf einer schon bei der Geburt bestehenden Betazellschädigung beruhen (S02.1).
  • Das Auftreten von (multi)resistenten und problematischen Keimen stellt Behandler und Betroffene vor große Herausforderungen (S05.1). Innovative Therapieansätze sind gefragt, etwas durch Manipulation des Bakterienstoffwechsels. So könnte etwa Gallium den Metabolismus von Pseudomonas aeruginosa stören, da diese Substanz in Konkurrenz zu Eisen steht, das Pseudomonas für seine biologischen Funktionen benötigt. Erste Studien mit multiresistenten Pseudomonasstämmen sind vielversprechend (#304).
  • Pulmonale Exazerbationen gelten nach wie vor als wesentlicher Risikofaktor für die Verschlechterung der Lungenfunktion. Jeder Patient benötigt daher ein Monitoring seiner mikrobiellen Besiedlung (Plenary Session 1), zudem sind aggressive Antibiotikatherapien indiziert, insbesondere im kritischen Zeitfenster von 6 bis 17 Jahren, in dem es zu einer besonders ausgeprägten Abnahme der Lungenfunktion kommt (S03.3).
  • Die psychische Gesundheit ist bei CF ebenfalls angegriffen. Daten zufolge weisen CF-Patienten mit Depression eine um bis zu 60 Prozent erhöhte Fünfjahresmortalität auf. Zudem sind Untersuchungen notwendig, ob neue Therapeutika die seelische Gesundheit beeinflussen und ob es ein Interaktionspotenzial mit psychotropen Medikamenten gibt (S03.2).
  • Auch CF-Patienten rebellieren als Teenager. Manche fangen zu rauchen an, manche experimentieren mit Marihuana, das in vielen US-Bundesstaaten inzwischen legal ist (S06.3). Raucherprävention muss jedoch bei einer Erkrankung, die ohnehin die Lungen schädigt, oberste Priorität haben! Umgekehrt müssen gesunde Gewohnheiten und Freizeitaktivitäten gefördert werden. Dazu zählen ausreichend Schlaf, was bei CF durch Husten und andere Lungensymptomatik erschwert wird, regelmäßige Bewegung und eine adäquate gesunde Ernährung (S07.0). Diese drei Komponenten gelten als Basiskomponenten eines gesunden Lebensstils für alle Personen, unabhängig von einer CF-Erkrankung, die Bedeutung dieser Maßnahme für das Wohlbefinden von CF-Patienten kann jedoch nicht genug betont werden.
  • Die Themen Pubertät, Sexualität und Familienplanung werden dank der steigenden Lebenserwartung zunehmend relevant. CF-Patientinnen haben einen normalen Zyklus, es gibt jedoch Berichte über eine Verschlechterung der respiratorischen Symptomatik während der Menstruationsblutung. In schweren Fällen wird aktiv eine hormonelle Kontrazeption empfohlen. Auch Harninkontinenz tritt bei jüngeren Frauen häufiger auf, getriggert vor allem durch Husten. Die Fertilität ist bei den allermeisten Patientinnen mit CF nicht beeinträchtigt, im Idealfall sollte die Patientin vor einer Schwangerschaft jedoch umfassend beraten werden (S24.1). Männer mit CF sind zumeist infertil, assistierte Reproduktionsmethoden können jedoch das Zeugen eines Kindes ermöglichen (#748).
  • Die zunehmende Lebenserwartung von CF-Patienten führt auch zu einer erhöhten Prävalenz von bisher weniger thematisierten Komorbiditäten, etwa der CF-assoziierten Knochenkrankheit. CF-Patienten haben im Vergleich zur Normalbevölkerung eine niedrigere Knochenmineraldichte mit entsprechend erhöhtem Frakturrisiko, eine Prädilektionsstelle für diese Frakturen ist die Wirbelsäule. Vertebrale Frakturen sind in dieser Population jedoch besonders problematisch, da die resultierenden Kyphosen die ohnehin beeinträchtigte Lungenfunktion weiter verschlechtern und sie zudem eine Kontraindikation für eine Lungentransplantation darstellen können – oft die einzige lebensrettende Maßnahme bei fortgeschrittener Lungenerkrankung. Zur exakten Risikoeinschätzung und Diagnostik sollten neben Knochendichtemessungen auch andere Verfahren, etwa hochauflösende CTs (HR-pQCTs) und TBS (trabecular bone score), eingesetzt werden (S20.2).
  • Die finanzielle und zeitliche Belastung der täglichen CF-Therapie stellt Betroffene und Familien vor große Herausforderungen. Die umfassenden Therapiemaßnahmen konkurrieren mit dem alltäglichen Zeitdruck und anderen beruflichen und privaten Verpflichtungen. Zielführend sind die Aufklärung über die Folgen einer Nichtadhärenz sowie das Festigen einer engen Partnerschaft zwischen Betroffenen und Betreuungsteam (S02.3).
  • Der Optimismus und die gute Stimmung waren beim NACFC 2018 tatsächlich spürbar, denn es besteht große Hoffnung, dass sich in Zukunft die Prognose von (fast) allen CF-Patienten entscheidend verbessert – ganz im Sinne der Präsidentin der US-amerikanischen CF-Foundation, die die Buchstaben CF künftig als Abkürzung für „cure found“ benutzen möchte (Plenary Session 1). Pädiater Prof. Dr. Felix Ratjen (Toronto) blickt mit seiner Interpretation von CF, nämlich „carpe futurum“, ebenfalls optimistisch in die Zukunft (Plenary Session 2).

Die in Klammern angeführten Referenzen verweisen auf jene Sessions, Präsentationen und Abstracts beim NACFC 2018, in denen die angeführten Themen erörtert wurden.