20. März 2015

Kolumne: Uns geht’s ja so schlecht

Wir sind ja so arm, wir können uns gar nichts mehr leisten. Ich kann’s schon nicht mehr hören, das Gejammer. Vor allem, weil es so absolut nicht stimmt. Da gibt es einen immer größeren Anteil derer, die im Stillen immer ärmer werden, deren gerechtfertigte Klage jedoch niemand wahrnimmt. Die, die in einem langen Winter die Heizkosten nicht mehr zahlen können und deren Kinder mangelhaft ernährt sind und keine Chance auf gute Bildung haben werden. Die meine ich aber nicht. Sondern den Rest von uns, der offensichtlich immer noch glaubt, er hätte nicht genug.

Wenn ich unsere jetzige Zeit so mit meiner Kindheit vergleiche, dann will ich keinesfalls sagen, dass damals alles besser und schöner war. Nicht einmal, dass es unbedingt ok war. Aber es war anders. Wir sind auch auf Urlaub gefahren. Im Sommer in eine kleine Pension, sauber, aber sagen wir’s mal so: sehr „basic“ in der Ausstattung – irgendwo in den Bergen rund um einen Kärntner See. Und dort sind wir hauptsächlich wandern gegangen. Wandern ist gesund, schön und kostet nichts. Im Winter waren wir in einem gottverlassenen Dorf am Rande eines kleinen Schigebietes. Wieder einfache Pension. Stinkender Ölofen. Das war nicht gerade unser Traum, aber mehr ging nicht. Und wir waren weder arm, noch haben unsere Eltern uns vernachlässigt. Die Nachbarskinder sind nicht einmal auf Schulschikurs gefahren. War nicht drin für die Familie. Auch die waren nicht wirklich arm.

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune