1. März 2018

Wie umgehen mit Impfskeptikern?

Am 10. März wird im Stift Göttweig der 9. niederösterreichische Impftag stattfinden. Der Impftag wird sich intensiv mit Methoden und Argumenten von Impfskeptikern, Impfkritikern und Impfgegner auseinandersetzen.  Es geht darum, die Befürchtungen dieser Menschen zu verstehen und sie von der Sinnhaftigkeit und Notwenigkeit des Impfens zu überzeugen. Informationen dazu und fachliches Wissen sollen den Teilnehmerinnen und Teilnehmer am 9. Impftag in Niederösterreich vermittelt werden.

Der Initiator des NÖ Impftags, Prim. Univ. Prof. Dr. Karl Zwiauer, Mitglied des Impfgremiums des Gesundheitsministeriums und Vorstand der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde St.Pölten, erklärt das heurige Thema des Impftages so: „ Eine Gruppe von Menschen, die Impfungen skeptisch gegenüber stehen, hat es immer schon gegeben, doch in den letzten Jahren ist sie weiter gewachsen.“ Aus diesem Grund ist Impfberatung mehr denn je angesagt. Es gilt die Ängste der Menschen ernst zu nehmen und auf die individuelle Problematik einzugehen.

Seit es Impfungen gibt, gibt es auch Menschen, die Impfungen kritisch sehen oder sie ablehnen. Im Zeitalter der Informationsflut und des Internets mit seinen Social-Media-Kanälen, ist es leichter denn je, Fakten zu verdrehen, Studien inkorrekt zu interpretieren und Falschinformationen zu verbreiten. Umso mehr ist es notwendig, wissenschaftlich fundierte Informationen zu Impfthemen zu bieten.

Zur Abgrenzung von Impfskeptikern und Impfgegnern meint Ao. Univ.-Prof. Dr. Michal Kundi, Zentrum für Public Health der Med Uni Wien: „Impfskeptiker sind mit Argumenten erreichbar, während echte Impfgegner unbelehrbar sind.“ Dies ist eine Einschätzung, die OA Dr. Robert Weinzettel, Impfreferent der NÖ Ärztekammer und Kinderarzt, teilt: „Die meisten Impfkritiker sind nicht explizit Impfgegner, sondern eher Impfskeptiker, die unsicher sind, wie sie sich entscheiden sollen.“ Zwiauer bricht eine Lanze für die Mündigkeit der Patienten: „Impfskeptiker sind nicht Impfgegner. Neugierige, offene Skepsis ist eine durchaus legitime und einem mündigen Patienten zustehende Eigenschaft.“ Schließlich können nicht nur falsche Informationen, sondern auch das Fehlen richtiger Informationen problematisch sein, wie Mag. pharm. Peter Gonda, Präsident der Apothekerkammer Niederösterreich, erklärt: „Mangelndes Wissen über Impfungen führt häufig zu Irrtümern, die oftmals Impfskeptiker zu Impfgegnern werden lassen. Daher ist es enorm wichtig, dass wir Apotheker in unseren Betrieben zum Thema Impfen unermüdlich aufklären.“ Die niederösterreichische Sanitätsdirektion Dr. Irmgard Lechner hat im September 2017 eine Impf-Info-Tour durchgeführt. „Dabei haben wir in zehn Tagen 20 Städte besucht und Impfberatungen durchgeführt. In zahlreichen Gesprächen mit der Bevölkerung ist vor allem die massive Verunsicherung junger Eltern aufgefallen. Durch die Fülle an kontroversen Informationen, besonders im Internet, ist es für medizinische Laien nicht mehr möglich, zwischen seriöser Information und Polemik von Impfgegnern zu unterscheiden.“

Umgang mit Impfskeptikern erfordert Zeit, Einfühlungsvermögen und fundiertes Wissen

Verdrehte Fakten, inkorrekt interpretierte Studien und gezielte Falschinformationen führen zur Verunsicherung vieler Leute. „Es kursieren in Broschüren und Internetauftritten von Impfgegnern Behauptungen, die Impfungen in kausalen Zusammenhang mit nahezu jeder chronischen Krankheit bringen. In keinem einzigen Fall hielten bislang diese Behauptung eines Zusammenhangs der empirischen Prüfung stand“, berichtet Kundi.

Vor allem Jungeltern machen sich Sorgen, mit Impfungen ihrem Nachwuchs möglicherweise mehr zu schaden als zu nützen. Zwiauer betont dazu: „Diesen Eltern gilt unser aller große Empathie. Wir müssen sie mit wirklich objektiven, evidenz-basierten und aus der naturwissenschaftlichen Erkenntnis kommenden Fakten und Daten in einer für sie verständlichen Form beraten.“ Kinderarzt Weinzettel kennt die Sorgen unsicherer Eltern ebenso und erläutert seinen Umgang mit Impfskeptikern folgendermaßen: „Wichtig ist es, sich viel Zeit zu nehmen, mit den Eltern zu sprechen, alle ihre Fragen zu beantworten. Ich versuche nicht,  sie zu überreden, sondern sie einfach zu informieren. Einige kommen nach ein paar Tagen oder nach einer Woche wieder und lassen ihre Kinder impfen. Wir versorgen in unserer Ordination aber alle Kinder, egal welche Einstellung die Eltern bezüglich Impfungen haben. Würde man das nicht tun, bestünde die Gefahr, dass diese in den paramedizinischen Bereich abgleiten und im Krankheitsfall nicht richtig versorgt werden.“

Impfbewusstsein schaffen statt genereller Impfpflicht

Seriös informierte und kompetente Eltern können aus ihrem Wissen um Nutzen und Risiken von Impfungen frei entscheiden. „Ich bin mir sicher, dass diese Entscheidung dann in den allermeisten Fällen pro Impfung ausfallen wird. Dies betrifft aber nicht nur junge Eltern, sondern alle Bevölkerungsgruppen“, ist Lechner überzeugt.

Impfen ist und bleibt die effektivste und kostengünstigste Maßnahme, sich vor gewissen Krankheiten zu schützen. „Daher sehen es auch Apothekerinnen und Apotheker als eine ihrer wichtigsten Aufgaben, das Impfbewusstsein in der Bevölkerung zu stärkenDie fundierte Information und persönliche Beratung in den Apotheken liefern dazu sicher einen wesentlichen Beitrag“, sagt Gonda. Auch Lechner fordert: „Die Bedeutung von lebenslangem Impfen für den Erhalt der Gesundheit gilt es klar verständlich zu machen. Die Diskussion über eine allgemeine Impfpflicht erübrigt sich dann.“

Quelle: 

Presseaussendung der Ärztekammer für Niederösterreich und der Österreichischen Apothekerkammer, März 2018