So sichern Sie Ihr Depot im Urlaub ab

Die schönste Zeit im Jahr muss an der Börse nicht zwingend eine solche sein. Umso wichtiger ist es, dass man sein Depot vor dem Urlaub entsprechend absichert. Medical Tribune zeigt Strategien auf. (Medical Tribune 27/2017)

Im Urlaub sollte man entspannen und sich nicht um Aktienkurse und das eigene Portfolio kümmern – das bedeutet im Vorfeld allerdings Arbeit.
Im Urlaub sollte man entspannen und sich nicht um Aktienkurse und das eigene Portfolio kümmern – das bedeutet im Vorfeld allerdings Arbeit.

Wer Aktien besitzt, hat zurzeit gut lachen. Während man am Sparbuch kaum noch Zinsen bekommt, haben viele Aktienmärkte sogar Rekordhochs erreicht. Allerdings muss man sich um sein Depot auch kümmern. Börsenkrisen kennen keine Ferien, machen auch vor den schönsten Tagen des Jahres nicht halt. Ganz im Gegenteil: Nicht selten verläuft der Sommer an den Finanzmärkten ruppig. Im Extremfall können nur zwei verlustreiche Wochen den Gewinn von mehreren Monaten oder sogar eines ganzen Jahres ausradieren. Das muss nicht sein.

Absicherungsstrategien

Und schon gar nicht sollte man sich den Urlaub durch die Angst vor Kursstürzen verderben lassen. Man sollte aber auch nicht unbedingt mehrmals täglich vom Internet-Café im thailändischen Hinterland aus sein Depot verfolgen müssen. Oder in der heimischen Zeitung am Strand den Kurs­teil von vorgestern bestaunen – eine nicht minder unangenehme Vorstellung. Zumal einem der Blick auf diese Kurse den Urlaub schon mal verderben kann. Man kann es also drehen und wenden, wie man will: Wer in den Ferien Besseres zu tun hat, als sich mit Aktien zu beschäftigen, der sollte zuvor sein Depot in den Urlaub schicken.

Dafür bieten sich Absicherungsstrategien an. Die einfachste ist – so simpel das auch klingt – der schlichte Verkauf sämtlicher Aktien, die man besitzt. Das korreliert mit der berühmten Börsenweisheit „Sell in May, go away“, die besagt, dass man über den Sommer gar keine Aktien besitzen und erst im Herbst wieder einsteigen sollte. Dies zwar nicht, um einen unbeschwerten Urlaub genießen zu können, sondern weil das Sommerhalbjahr statistisch betrachtet schlechter läuft. Wer nur von Anfang November bis Ende April auf Aktien setzt, hat historisch betrachtet eine beeindruckende Outperformance erzielt.

Freilich beraubt man sich durch eine generelle Verkaufsstrategie automatisch jeglicher Gewinnchancen im Fall steigender Börsen. Außerdem mangelt es derzeit an Alternativen, zumal man mit Sparbüchern und Festgeld bei den aktuell tiefen Zinsen nichts verdient und abzüglich Inflation sogar Geld verliert. Dasselbe gilt für vermeintlich sichere Staatsanleihen von Ländern wie Deutschland, den USA oder Österreich. Diese sind obendrein zurzeit nicht ohne Risiko. Viele warnen auch hier bereits vor einer Spekulationsblase.

Privater Hedgefonds

Last but not least fallen bei jedem Kauf und Verkauf von Aktien natürlich Spesen an – und an realisierten Kursgewinnen nascht auch noch der Fiskus mit. Dieses Problem hat man freilich immer, wenn man verkauft. Das, wenn man so will, Gegenteil der Ausstiegsstrategie ist der verstärkte Einstieg, nämlich jener via Put-Optionen oder Short-Zertifikate, mit denen man dann von fallenden Kursen profitieren und Kursverlusten bei Aktien entgegenwirken würde. Quasi wie ein privater Hedgefonds. Derartige Derivativlösungen haben den Nachteil, dass sie natürlich etwas kosten und wirklich professionell auch schwer auszurechnen und umzusetzen sind. Als Light-Version in Form eines einfachen Short-Zertifikats auf einen Leitindex wie den Euro-Stoxx ist das aber allemal eine gute und sinnvolle Option.

Die wohl beste, weil effizienteste und auch günstigere Lösung ist allerdings das gute alte Stop-Loss-Limit. Der Broker bekommt den Auftrag, eine Aktie zu verkaufen, sobald ein bestimmter Kurs erreicht wird. Je nach Verkaufsbereitschaft und individueller Schmerzgrenze muss beziehungsweise kann man die jeweilige Marke selbst bestimmen. Bei bereits erfolgten Gewinnen sollte man dadurch einfach nicht mehr ins Minus rutschen und sonst zumindest etwaige Verluste begrenzen. Am einfachsten ist die Rasenmähermethode, bei der die Stops kategorisch zehn Prozent unter den aktuellen Kursniveaus gesetzt werden. Sinnvoller sind freilich individuelle Limits zu jeder Aktie, die man nach charttechnisch wichtigen Marken festlegen und knapp darunter setzen sollte. Ratsam ist es jedenfalls, den Stop nicht unbedingt, wie die meisten Anleger, bei runden Beträgen zu setzen, sondern knapp darüber. So ist man vor Verkaufswellen, die den Preis unters Limit drücken, gefeit.

Zeit für einen Depotcheck

Alternativ kann man natürlich eine Vertrauensperson mit einer Depotvollmacht ausstatten. Aber das ist nicht immer eine weise Entscheidung in heißen Phasen und kann eine Freundschaft mitunter arg belasten. Eines sei aber jedem Urlauber empfohlen: So wie man vor der Abreise etwa den Kühlschrank durchforstet und Lebensmittel entsorgt, sollte man auch das Depot ausmisten. Ferien sind eine gute Gelegenheit für einen Depotcheck. Welche Papiere passen überhaupt noch in meine Anlagestrategie? Stimmt bei jeder Aktie noch das Chance-Risiko-Profil? Im Einzelfall ist es mitunter sinnvoll, Gewinne zu realisieren oder eine „Depotleiche“ einfach auszusortieren. Eines ist klar: Geldanlage ist harte Arbeit, den Urlaub muss man sich eben auch hier erst einmal verdienen.

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune