Der Beratungsklau geht um

Als Apothekerin will man ja up to date bleiben. Deshalb steht man nicht nur hinter der Tara oder liest einschlägige Literatur, sondern geht auf Fortbildungen und Messen. Auf der Austropharm haben einige KollegInnen und ich die großen, angeblich apothekeneigenen Kosmetikmarken vermisst. Was ist geschehen?

Nun, wie wir alle wissen, sind die meisten dieser Marken nicht mehr exklusiv in Apotheken zu finden. Schade, denn damit schneiden sie langfristig nicht nur uns, sondern vor allem sich selbst ins Fleisch. Beispiele in der Vergangenheit haben gezeigt, dass solche Marken schlicht eingehen können, wenn die gegebene Beratung nicht mehr dabei ist und alle ApothekerInnen an einem Strang ziehen und die Marke aus dem Sortiment nehmen. Ich werde mir mit dieser Kolumne nicht nur Freunde machen, aber was alle ärgert, muss einmal geschrieben werden. Einige Marken sind nach wie vor bei uns zu haben, natürlich auch zur Freude einiger KundInnen, vor allem der treuen. Es kommt aber auch zu skurrilen Situationen, wenn sich herumspricht, dass besagte Marken günstiger bei Drogerieketten zu haben sind. Dort bekommt frau natürlich keinerlei Beratung, also muss sie einmal noch zu uns. Das ist das eine Mal, wenn wir uns Zeit für sie nehmen, sie hauttypenmäßig beraten und Proben mitgeben.

Haben wir Glück, dann kauft sie zumindest das erste Mal noch bei uns, haben wir Pech, dann nicht. In beiden Fällen verdienen wir streng genommen an diesem ersten Kauf nichts, rechnet man den Aufwand einer Fachkraft gegen. Verdient wird erst, wenn die zufriedene Kundin wieder kommt. Tut sie aber in vielen Fällen nicht mehr, denn woanders gibt es das Produkt ja jetzt günstiger, und dank unserer fachlichen Beratung weiß sie, was Sache ist. Das ist eine sehr unerfreuliche Entwicklung, denn diese Marken sind dann nicht nur nichts Besonderes mehr (wen interessiert dann noch, dass hinter mancher Kosmetik pharmazeutische Forschung steht), sondern es ist definitiv Informations- und Beratungsklau, der hier stattfindet, und dafür sind wir uns eigentlich zu schade. Manchmal machen das unsere KundInnen so charmant, dass wir im erstmal gar nicht sauer sind. Erst das schale Gefühl, wenn sie uns unverrichteter Dinge verlassen, zeigt an, dass hier etwas nicht in Ordnung ist.

So geschehen bei einer Dame, die ein Stomachicum suchte, das einem nicht mehr verfügbaren vom Wirkstoff her so nahe wie möglich kommen sollte. Ich verbrachte eine geschlagene Viertelstunde damit, ihr diverse Arzneimittel zu erklären – schließlich geht es ja nicht immer nur um Kosmetik, die jetzt online verfügbar ist. Dass die hohen Versandkosten den Preis nach oben korrigieren, ist vielen nicht bewusst. Als wir endlich fündig wurden, hatte ich gerade die Packung nicht auf Lager. „Warten Sie bitte“, bat mich die Dame, „ich schau mal, ob die Shop-Apotheke das auch hat.“ Mein Lächeln verschwand, als sie das Handy zückte, ich verfiel, als ihre Augen aufleuchteten: „Ah ja, da ist es ja. Dann nehme ich das einfach bei der nächsten Bestellung mit. Ich danke Ihnen herzlich!“ Sprach’s und verschwand …