15. Nov. 2017

Preisbremse trifft Apotheken

Foto: MarioGuti Gettyimages

ARZNEIMITTELERSTATTUNG – Die im Frühjahr beschlossene Preisbremse für Arzneimittel kostet die Apotheken zirka 10 Millionen Euro pro Jahr. (Pharmaceutical Tribune 18/2017) 

Am 1. Oktober ist die gesetzliche Preisbremse für Arzneimittel in Kraft getreten. Die im Frühjahr durch die parlamentarische Hintertür beschlossene Gesetzesänderung (siehe Kasten) bringt nun auch die Apotheken in eine Zwangslage. So stellte sich mittlerweile heraus, dass rund 1.000 Produkte von der Änderung betroffen sind. Laut den Berechnungen des Apothekerverbandes werden die Rohertragsverluste für die österreichischen Apotheken pro Jahr bis zu 9,8 Millionen Euro ausmachen. Kompensierende Effekte durch den Privatumsatz bei Arzneimitteln, die unter die Rezeptgebührengrenze fallen, sind in diesem Betrag schon berücksichtigt.

Aus für Spannensystem?

Im Apothekerverband stellt man daher zunehmend das bisherige Finanzierungssystem durch die Krankenkassen infrage. „Unser aktuelles Spannensystem bewirkt, dass wir Apotheker bei jeder kostendämpfenden Maßnahme des Hauptverbandes, die eigentlich gegen die Preise der Pharmaindustrie gerichtet ist, als Kollateralschaden mitleiden müssen. Das ist nicht fair und nicht akzeptabel“, erklärt Mag. Christian Wurstbauer, 2. Vizepräsident des Apothekerverbandes, im Gespräch mit Pharmaceutical Tribune. „Die Apotheken versorgen mit bester Beratungsqualität und höchster Verlässlichkeit die Versicherten der Krankenkassen mit Millionen von Arzneimittelpackungen. Diese Leistung muss von der Sozialversicherung auch fair abgegolten werden“, so Wurstbauer weiter. Konkret will der Verband erreichen, dass die jährliche Abgeltung der Apotheken nicht unter das Niveau von 2017 sinkt. Dieser Betrag soll dann im Zuge eines neuen Vergütungssystems auf die Anzahl der pro Jahr in den Apotheken abgegebenen Arzneimittelpackungen umgelegt werden.

Ziel ist es, nach dem Prinzip Geld folgt Leistung, ein neues, wertgesichertes System zu schaffen, das zukünftig die Apothekenspanne ersetzen könnte. Wurstbauer: „Wir erheben derzeit in der Kammer, wie viele Packungen wir pro Jahr für die Sozialversicherung abgeben.“ Der Verband ist dabei in seinen Wünschen sehr realistisch. Denn die Vergütung für die apothekerlichen Leistungen ist seit 2009 um nur 4 Prozent gestiegen. „Wir wissen, dass es unwahrscheinlich ist, in Zeiten wie diesen eine höhere Vergütung von der Sozialversicherung zu erhalten. Aber die Inflation stieg in diesem Zeitraum um 16 Prozent und die Gehälter der angestellten Apotheker um 16,4 Prozent. Damit ist jetzt ein absolutes Minimum bei unserer Vergütung erreicht. Weitere Einbußen müssten zwangsweise zu Einschränkungen bei den Leistungen der Apothekenbetriebe für den ‚Kunden‘ Sozialversicherung führen“, so Wurstbauer.

Lagerstand verringern

Um den Stand auch für die Zukunft besser abzusichern, ist man im Verband gerade dabei zu definieren, welche Leistungen von den Apothekern für die Krankenkassen erbracht werden und welche noch in Zukunft dazukommen könnten. Wurstbauer: „Wir haben einen Zukunftsstrategieprozess eingeleitet, den wir im April 2018 unseren Mitgliedern präsentieren möchten.“ Apothekern, die derzeit viele davon betroffene Generika auf Lager haben, rät der Verband zur Schadensbegrenzung. So haben einige Firmen bereits proaktiv eine Gutschrift angeboten. Bei allen anderen Firmen rät der Verband den Apotheken, selbst mit den Firmen Kontakt aufzunehmen und um eine Vergütung zu ersuchen. Zur Unterstützung hat der Apothekerverband den Generikaverband aufgefordert, bei allen Pharmafirmen diese Vergütungsmöglichkeit zu erwirken. Wurstbauer abschließend: „Sollten Apotheken noch Fragen zur Preisbremse haben, steht ihnen Mag. Wolfgang Trattner aus unserer Wirtschaftsabteilung gerne mit Rat und Tat zur Seite.“

Preisbremse für Arzneimittel
Am 30. März beschlossen SPÖ, ÖVP und Grüne mittels Abänderungsantrag zum ASVG – ohne Begutachtung oder Behandlung im Gesundheitsausschuss – eine Kostenbremse bei der Erstattung von Medikamentenkosten durch die Krankenkassen. Zuvor waren Verhandlungen zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und der Pharmaindustrie nach über einem Jahr der Verhandlungen ohne Ergebnis geblieben. Die Neuregelung sieht vor, dass sich der Preis für Arzneimittel, die neu in den Erstattungskodex aufgenommen werden, am EU-Durchschnittspreis orientieren soll. Die Pharmafirmen dürfen diesen Preis nicht überschreiten. Für Generika einigte man sich darauf, dass für das erste Generikum in Zukunft ein Preisunterschied von 50 Prozent zum ursprünglichen Preis des Originalmedikaments (bisher 48 Prozent) gelten soll. Für das dritte Generikum sind es dann bereits 65 Prozent. Eine ähnliche Regelung gibt es für Biosimilars.