Videodolmetscher in der Kassen-Ordination
Im Juni 2013 wurde ein Pilotprojekt zum Thema Videodolmetschen im heimischen Gesundheitswesen gestartet. Mittlerweile verfügt bereits eine Wiener chirurgische Kassenpraxis über eine Kommunikationsmöglichkeit via Audio- und Videoübertragung für nicht-deutschsprachige Patientinnen und Patienten sowie solche mit Hör- bzw. Sprachbeeinträchtigungen.
Von Oktober 2013 bis März 2014 standen im Rahmen des Pilotprojekts “Videodolmetschen im Gesundheitswesen” der Plattform Patientensicherheit unter Kooperation mit der Universität Wien, dem Gesundheitsministerium, der Gesundheit Österreich Gmbh und dem Fonds Gesundes Österreich in Krankenhäusern und bei niedergelassenen Ärzten auf Knopfdruck per Videoeinspielung ausgebildete Fachdolmetscher zur Verfügung, wenn dies das Arzt-Patienten-Gespräch aufgrund von Sprachbarrieren erforderte. Die für den Gesundheitsbereich geschulten Dolmetscher beherrschten die Sprachen Türkisch, Bosnisch, Kroatisch, Serbisch und Gebärdensprache und waren von Montag bis Sonntag in der Zeit von 6.00 bis 22.00 Uhr über Videozuschaltung erreichbar.
Videodolmetsch im Spital
Mittlerweile wird auch im Wiener St. Anna Kinderspital sowohl im ambulanten als auch im sationären Bereich auf Videodolmetscher zurückgegriffen. Univ.-Doz. Dr. Gustav Fischmeister zufolge treten in 5 bis 10 Prozent der Fälle sprachliche Verständigungsprobleme, welche die Anamnese erschweren können. Seit das Pilotprojekt am St. Anna Kinderspital initiiert wurde, können nun auch Eltern mit Sprachbarrieren aufgeklärt und manchmal auch beruhigt werden. Fischmeister erklärte beim 8. qualityaustria Gesundheitsforum, dass sich das Dolmetsch-Service als gute technische Lösung erwiesen habe, bei der die physische Abwesenheit des Dolmetschers nicht störe, aber die Konzentration auf Patienten und Eltern via Videofunktion besser funktioniere als bei physischer Anwesenheit des Dolmetschers.
Auch das AKH Linz ist flächendeckend mit Videodolmetsching versorgt. An der Salzburger Krankenhausgesellschaft und der Tiroler Tilak wird das System auch angedacht.
Videodolmetsch im niedergelassenen Bereich
Bei einer Pressekonferenz am 23. Juni 2015 wurde das Videodolmetschsystem in einer Wiener Kassenpraxis präsentiert, in der etwa 15 bis 20 Prozent der Patienten Migrationshintergrund haben. Die Chirurgen Dr. Friedrich Anton Weiser und Dr. Halkawt Al-Mufti verwenden das Tool vorwiegend, um Patienten mit Sprachbarrieren über Gastro- und Koloskopien aufzuklären. Wegen der hohen Kosten des Dienstes sucht Weiser, der den Pilotversuch selbst finanziert, noch nach Unterstützern.
Der Sprecher der österreichischen Patientenanwälte, Gerald Bachinger, sprach sich bei der Pressekonferenz vehement für Videodolmetsching aus: “Kommunikationsprobleme ziehen sich wie ein Roter Faden durch das, was mich täglich beschäftigt. Was Patienten und Behandler oft trennt, ist die gemeinsame deutsche Sprache. Diese Problematik ist noch ungleich schärfer bei Menschen mit Migrationshintergrund.”