Auch in Wien: Interventionen im Prädiabetes wirken
Dem Auftreten eines Typ-2-Diabetes geht in der Regel eine Phase des Prädiabetes voraus. Dieser ist definiert durch erhöhten Nüchternblutzucker (IFG) und/oder eine gestörte Glukosetoleranz. In Zahlen bedeutet das eine IFG zwischen 100 und 125 mg/dl (5,6 bis 6,9 mmol/l) oder einen HbA1c-Wert zwischen 5,7 und 6,4 Prozent. Im oralen Glukosetoleranz zeigt ein Blutzuckerwert zwischen 140 und 199 mg/dl (7,8 bis 11,0 mmol/l) einen Prädiabetes an. Seit langem ist bekannt, dass Menschen mit Prädiabetes erstens ein hohes Risiko einer Progression zum manifesten Diabetes haben und dass zweitens dieses Risiko durch gezielte Interventionsmaßnahmen erheblich reduziert werden kann. Die Progression zum Diabetes kann verzögert oder sogar gänzlich vermieden werden.
Lebensstilmodifikation besser als Metformin
Bereits im Jahr 2002 wurde eine placebokontrollierte Interventionsstudie präsentiert, die zeigte, dass sowohl Lebensstilmaßnahmen als auch Metformin in dieser Situation wirksam sind. In die Studie waren 3234 Personen mit Prädiabetes eingeschlossen, die nicht die Diagnosekriterien für einen Typ-2-Diabetes erfüllten. Die Interventionen bestanden entweder in einer durch Diät erreichten Gewichtsreduktion um mindestens sieben Prozent plus 150 Minuten Sport in der Woche, oder zweimal täglich 850 mg Metformin. Die Probanden waren im Durchschnitt 51 Jahre alt und deutlich übergewichtig mit einem mittleren BMI von 34. Die Lebensstilintervention erwies sich am wirksamsten und reduzierte die Diabetesinzidenz im Vergleich zu Placebo um 58 Prozent. Metformin brachte eine Reduktion um 31 Prozent.1
Ungeachtet dieses Erfolges sind strukturierte Interventionen in der Phase des Prädiabetes nach wie vor eher die Ausnahme als die Regel. Die im deutschen Sprachraum erste Ambulanz, die sich gezielt auf Prädiabetes spezialisiert, befindet sich in Wien, im Gesundheits- und Vorsorgezentrum der KFA im Sanatorium Hera. Die Ambulanz stellt ein Angebot für Personen dar, bei denen im Rahmen der Gesundenuntersuchung prädiabetische Laborwerte festgestellt werden. Im Zuge der Aufnahme in das Programm erfolgt zunächst ein ausführliches Arztgespräch sowie eine körperliche Untersuchung. Die Schulungen im Rahmen der Lifestyle-Intervention werden durch ein medizinisches, psychologisches, sportwissenschaftliches und diätologisches Team gehalten. Kontrolluntersuchungen erfolgen alle sechs Monate.
Gute Erfolge nach einem Jahr Beobachtungszeit
Im Rahmen der ÖDG Tagung in Salzburg wurden die aktuellen Resultate präsentiert. In den Jahren 2015 bis März 2017 wurden 324 Patienten in das Programm aufgenommen, von 174 Patienten liegen mittlerweile Untersuchungsergebnisse zu zwei Terminen vor. Sie zeigen leichte Verbesserungen sowohl der Nüchternglucose als auch des HbA1c und der Plasma-Lipide. Das HbA1c lag beim zweiten Untersuchungstermin bei 5,5 Prozent (p < 0,001) und damit im gesunden Bereich.2 Die Autoren vertreten die Ansicht, dass ein derartiges Interventionsprogramm eine bisher weit unterschätzte Wirkung auf die Inzidenz von Typ-2-Diabetes haben dürfte, betonen jedoch, dass Studien über einen längeren Beobachtungszeitraum wünschenswert wären.
Referenzen:
1 Diabetes Prevention Program Research Group. Reduction in the Incidence of Type 2 Diabetes with Lifestyle Intervention or Metformin. N Engl J Med. 2002;346:393–403.
2 Wohlschlaeger-Krenn E et al. Ergebnisse der ersten interdisziplinären Prädiabetesambulanz im deutschsprachigen Raum des Gesundheits- und Vorsorgezentrums der KFA im Sanatorium Hera. ÖDG 2017, Poster, Wien Klin Wochenschr (2017) 129: S159–S184