Nicht alles, was aussieht wie MS ist auch MS
Unter den demyelinisierenden Erkrankungen ist die multiple Sklerose bei weitem die bekannteste und auch die häufigste. Die Abgrenzung gegenüber einer Reihe anderer Erkrankungen ist jedoch wichtig.
Das Myelin Oligodendrozyten Glykoprotein (MOG) ist ein Glykoprotein, das vermutlich eine wichtige Rolle als Adhäsionsmolekül spielt und dadurch der Myelinscheide strukturelle Integrität vermittelt. Autoantikörper gegen MOG werden bei unterschiedlichen demyelinisierenden Erkrankungen gefunden. Als Beispiele nennt Dr. Sudarshini Ramanathan von der Sydney Medical School der University of Sydney, die akute, disseminierte Enzephalomyelitis (ADEM) sowie die verschiedenen Formen der Neuromyelitis optica. Ramanathan betont die Wichtigkeit einer Abgrenzung dieser Erkrankungen von der multiplen Sklerose, da sowohl in den Behandlungsoptionen als auch in der Prognose Unterschiede bestehen.
Zum Teil können diese Erkrankungen auch einen der MS sehr ähnlichen, schubförmigen Verlauf zeigen und zu bleibenden Behinderungen führen. Die Datenlage zu Therapie und Prognose, insbesondere zum Ansprechen auf immunsuppressive Therapien, ist sehr begrenzt. Eine australische Gruppe charakterisierte nun den klinischen Verlauf, die Therapie und die Prognose von 59 Patienten mit schubförmig verlaufender MOG-Antikörper assoziierter Demyelinisierung und präsentierte die Daten im Rahmen des ECCMID 2017 (1). Evaluiert wurden klinische Phänotypen, annualisierte Schubraten vor und unter Immuntherapie sowie die Behinderung (gemessen mit EDSS Skala). Insgesamt wurden 216 demyelinisierende Episoden bei 33 pädiatrischen und 26 erwachsenen Patienten in die Analyse aufgenommen, das durchschnittliche Follow Up betrug bis zu fünf Jahre.
Optikusneuritis als dominierender Phänotyp
Die Studie fand als häufigste Manifestation die Optikusneuritis, die insgesamt bei 54 Prozent der Patienten vorhanden war (32% bilateral, 22% unilateral). Optikusneuritis war auch der dominierende Phänotyp in mehr als der Hälfte der untersuchten Schübe. Allerdings erfüllten nur 25 Prozent die aktuellen Diagnosekriterien für die Erkrankungen des Neuromyelitis optica Spektrums. In rund der Hälfte der MRTs wurden keine Läsionen gefunden. Eine disseminierte Enzephalomyelitis wurde bei 20 Prozent der Patienten und ausschließlich bei Kindern gefunden.
Die Patienten sprachen auf Steroide an, wobei es allerdings bei 70 Prozent der Schübe, die mit oralem Prednison behandelt wurden, zu Rezidiven innerhalb von zwei Monaten nach dem Absetzen kam. Dies wurde besonders bei Dosierungen unter zehn Milligramm am Tag beobachtet. Alle eingesetzten Immuntherapien reduzierten die annualisierte Schubrate, wobei eine Dauertherapie mit Prednison die wenigsten Therapieversager produzierte. Bei Nichtansprechen auf eine Immuntherapie erwies sich ein Switch auf eine andere Immuntherapie mehrheitlich als sinnvoll. Bei 59 Prozent der Patienten waren nach 60 Monaten Behinderungen nachweisbar, bei 25 Prozeent handelte es sich um Visusverlust. Patienten mit drei oder mehr demyelinisierenden Episoden hatten ein höheres Risiko einer Behinderung (EDSS ≥2 ). Diese Daten zeigen, so Ramanathan, dass die Prognose der MOG-Antikörper assoziierten Erkrankungen bei weitem nicht so gut ist, wie bisweilen angenommen.
Referenz:
1 Ramanathan S et al. The clinical course, therapeutic responses, and outcomes in relapsing MOG antibody-associated demyelination. ECTRIMS 2017, Abstract 52