9. Sep. 2017

Erhöhte Mortalität durch langfristige Chinin-Einnahme

Eine Studie zeigt eine erhöhte Mortalität durch langfristige Chinin-Einnahme bei Muskelkrämpfen. (Medical Tribune 36/2017)

Bereits 2006 warnte die FDA vor der Einnahme von Chinin bei idiopathischen Muskelkrämpfen und argumentierte mit 665 schweren Zwischenfällen, 93 führten sogar zum Tod. Dies nahmen Prof. Dr. Laurence Fardet von der Université Paris Est, Créteil und Kollegen zum Anlass, genauer hinzusehen. Sie nutzten eine britische Datenbank mit Daten über die Primärversorgung von zwölf Millionen Menschen von 1990–2015. Sie identifizierten darin Personen, die aufgrund von Muskelkrämpfen oder Restless Legs über mindestens ein Jahr Chinin in einer mittleren Dosierung von mindestens 100 mg/Tag erhalten hatten.

45.000 Patienten nahmen es über eine Jahr lang ein

Knapp 45.000 Personen nahmen langfristig Chinin in einer mittleren Dosierung von 203 mg/d ein. 11.598 von ihnen starben innerhalb des Untersuchungszeitraums. Auf 100 Personenjahre kamen somit 4,2 Todesfälle. Von den knapp 130.500 Kon­trollpatienten starben 26.753, also 3,2 pro 100 Personenjahre. Das Mortalitätsrisiko unter Chinin war um 24 % erhöht. Bei Personen unter 50 Jahren lag das Sterblichkeitsrisiko sogar um den Faktor 3 höher. Zudem fanden die Experten eine Dosisabhängigkeit des Effekts: Bei einer Chinin-Dosierung zwischen 200 und 299 mg/d betrug die Risikoerhöhung 25 %, zwischen 300 und 399 mg/d lag sie bei 83 %, und ab 400 mg/d bei 124 %, jeweils im Vergleich zu weniger als 200 mg Chinin pro Tag. Wie die Autoren anmerken, entspricht eine Dosis von 100 mg/d Chinin dem täglichen Konsum von etwa einem Liter Bitter Lemon oder Tonic Water, in dem Chinin ebenfalls enthalten ist. In ihrer Studie hatten sie allerdings keine Informationen zum Konsum solcher Getränke, der die Ergebnisse beeinflusst haben könnte. Zudem schließen die Kollegen nicht aus, dass weitere nicht erfasste Faktoren die Sterblichkeit der Patienten erhöht haben, außerdem fehlten Daten zu den Todesursachen. (BE)

Fardet L et al., JAMA 2017; 317: 1907–9

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune