EASL: Vier Leitlinien und ein WHO-Report
Am internationalen Hepatologiekongress in Amsterdam wurden vier neue Guidelines und der Hepatitis-Report der WHO präsentiert. (Medical Tribune 20/2017)
10.000 Experten aus der ganzen Welt kamen Ende April am Kongress der European Association for the Study of the Liver (EASL) in Amsterdam zusammen. Die WHO nutzte diese illustre Plattform, um den druckfrischen Globalen Virushepatitis-Report erstmals der Öffentlichkeit zu präsentieren. Er enthält die ersten WHO-validierten Schätzungen zur globalen und regionalen Prävalenz, Inzidenz und Mortalität von Hepatitis B und C, wie Dr. Gottfried Hirnschall, Direktor des HIV/AIDS-Departments und des globalen Hepatitis-Programms (GHP) der WHO, anlässlich der Veröffentlichung betonte.
Nur die wenigsten wissen von ihrer Hepatitis-Infektion
Die WHO schätzt, dass derzeit weltweit 257 Millionen Menschen chronisch mit Hepatitis B infiziert sind. Allerdings scheint nur ein geringer Anteil der Betroffenen von der Infektion zu wissen oder gar Medikamente zu erhalten, wie aus den von Dr. Yvan Hutin, WHO, genannten Zahlen hervorgeht: So sind nur neun Prozent (22 Millionen) der HBV-Infektionen diagnostiziert und davon acht Prozent (1,7 Millionen) befinden sich in Behandlung. Bei Hepatitis C sieht es nur gerinfügig besser aus: Von den geschätzten 71 Millionen Menschen weltweit, die unter Hepatitis C leiden, haben lediglich 20 Prozent (14 Millionen) eine Diagnose. Etwa sieben Prozent pro Jahr (2015 waren es laut WHO 1,1 Millionen) erhalten eine Kurzzeit-Behandlung.
Hirnschall plädiert dafür, weltweit mehr auf Hepatitis-Infektionen zu testen und Medikamente verfügbar zu machen. Auch Prävention bleibt ein großes Thema. Sich alleine auf „revolutionären“ Hepatitis-C-Medikamente zu verlassen, würde das Problem nicht lösen, denn: „Wir haben noch immer mehr Neuinfektionen als wir heilen können. Das bedeutet, dass die Epidemie sich noch immer ausdehnt“, mahnt Hutin. Auch die Anzahl Hepatitis-bedingter Todesfälle ist nach wie vor erschreckend. In absoluten Zahlen lägen diese mit weltweit 1,34 Millionen Toten pro Jahr zwar in einem ähnlichen Bereich wie Tuberkulose und HIV, doch während die durch diese Infektionen bedingte Mortalität sinkt, steige der Anzahl der Hepatitis-assoziierten Todesfälle sogar weiter an, so Hirnschall.
Handlungsbedarf besteht noch bei der Risikominimierung für besonders gefährdete Gruppen: Gerade Drogenabhängige mit injizierendem Konsum seien oft nicht ausreichend mit sauberen Spritzen und Nadeln versorgt, bemängelt Hirnschall. Eine Erfolgsgeschichte ist dagegen die HBV-Impfung. Sie hat die Prävalenz der Infektion bei Kindern unter fünf Jahren von vormals 4,7 auf 1,3 Prozent gesenkt. Die Impfung verhindere damit jedes Jahr vier Millionen chronische HBV-Infektionen, freute sich Dr. Ana Maria Henao Restrepo von der Abteilung für Impfstoffe der WHO. Noch viel zu wenig verbreitet sei dagegen die Neugeborenen-Impfung bei Kindern potienziell HBV-positiver Mütter, kritisiert Henao Restrepo.
Neben dem Hepatitis-Report wurden am Kongress auch gleich vier neue Leitlinien vorgestellt:
- die überarbeitete Leitlinie zum Management der Hepatitis-B-Infektion
- die Leitlinie zum Management des akuten (fulminanten) Leberversagens
- die Leitlinie zur Rolle der Endoskopie bei der Primären Sklerosierenden Cholangitis
- die Leitlinie zu Behandlung und Management von Patienten mit Primärer Biliärer Cholangitis.
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Die Leitlinien sind online verfügbar unter: www.easl.eu
Der Hepatitis-Report ist auf der Webseite der WHO zu finden: www.who.int/hepatitis
Quelle: EASL-Kongress; Amsterdam, April 2017