11. Mai 2017

Keine echten Sorgen und Probleme

Wenn man nicht gerade aus Versehen über irgendeine Berichterstattung stolpert von Krieg und Bomben, Gasangriffen auf Zivilisten, Klimawandel, Kindersoldaten, Hunger, Genitalverstümmelung, Überbevölkerung, Mädchenhandel und Zwangsprostitution und dass auf dieser Welt Macht und Kapital in den Händen weniger irrer Narzissten liegen, wenn man nur so wie ich heute Vormittag in meiner kleinen, feinen Ordination sitzt, dann könnte man meinen, die Welt sei in Ordnung. Ja, mehr noch als in Ordnung. Man könnte meinen, dass uns die echten Sorgen und Probleme ausgegangen sind und dass wir uns deshalb dringend selber welche konstruieren müssen.

Es begann mit dem Anruf einer alten Bekannten. Völlig aufgelöst schnaufte sie ins Telefon, dass ich dringend einen Termin für ihren Sohn zur gründlichen Abklärung freimachen müsste. Voll der Angst um die Gesundheit des armen Kindes dürfen sie selbstverständlich gleich kommen. Es stellt sich heraus, dass die Mama das Wachstumspotenzial des mittlerweile Sechzehnjährigen gecheckt haben möchte. Mit Röntgen, Wachstumshormon und allem drum und dran. Der Knabe ist kerngesund, sportlich und 1,79 m groß. Etwas verwirrt meine ich: „Also der ist mit sechzehn fast 1,80. Du und dein Mann, ihr seid ja auch keine Riesen. Ich halte das für völlig normal.“

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune