Schlaganfall: Grazer arbeiten an automatischer Sprechanalyse
Sprechstörungen sind Warnsignale, die auf einen Schlaganfall hindeuten können. Drei Grazer Partneruniversitäten – Karl-Franzens-Universität, TU und Med Uni – arbeiten derzeit an der automatisierten Analyse von solchen Sprechstörungen bei Schlaganfall-Patienten. Geleitet wird das Projekt von DI Florian Pokorny, der am Institut für Physiologie der Med Uni Graz tätig ist.
„In einer milden Erscheinungsform kann sich eine Sprechstörung bei Patienten als Eindruck einer erhöhten Sprechanstrengung bzw. einer seltsamen Empfindung im Mund- und Gesichtsbereich äußern“, weiß Prof. PD Dr. Christian Enzinger, Grazer Universitätsklinik für Neurologie. „Solche Beeinträchtigungen sind klinisch oft kaum oder nur schwer objektivierbar.“ Die akustische Erkennung von Sprechstörungen soll in solchen Fällen künftig eine verlässlichere Diagnose des Schlaganfalls ermöglichen.
Die Idee zu diesem Projekt wurde 2015 in der Ideenwerkstatt Future Space von BioTechMed-Graz präsentiert – von DI Florian Pokorny, der auf Sprachsignalverarbeitung und Maschinelles Lernen spezialisiert ist, und von Neuropsychologin Prof. Dr. Daniela T. Pinter, beide von der Med Uni Wien.
Aus der geförderten Idee ging dann der interdisziplinäre Ansatz hervor, der gemeinsam mit dem Institut für Psychologie der Uni Graz und dem Institut für Signalverarbeitung und Sprachkommunikation der TU Graz umgesetzt wird.
In einem Pilotprojekt haben Pinter und Pokorny bereits kurze Sprachaufzeichnungen von Patienten mit Schlaganfall und gesunden Kontrollsprechern durchgeführt. Diese Aufzeichnungen wurden anschließend zur detaillierten Analyse in mehrere tausend akustische Schnipsel zerlegt. Dabei konnten zahlreiche Merkmale als objektive Hinweise für schlaganfall-bedingte Sprechauffälligkeiten identifiziert werden. Dieses Pilotprojekt war in das interdisziplinäre Forschungsnetzwerk „Brain, Ears & Eyes – Pattern Recognition Initiative“ (BEE-PRI) eingebettet, das sich die Früherkennung neurologischer Erkrankungen zum Ziel gesetzt hat.
Nachkontrolle via Smartphone
Erste Experimente zur automatischen Unterscheidung von Patienten und KontrollsprecherInnen ergaben Erkennungsraten von bis zu 86,1 Prozent.
In einem nächsten Schritt soll das Sample um Patienten mit subjektiven Sprechstörungen erweitert werden. Dabei soll getestet werden, ob eine objektive Erkennung unmittelbar in der Notaufnahme oder sogar schon vorab via Telefon möglich ist.
Anschlussprojekte, die im Raum stehen, umfassen eine automatisierte, Smartphone-basierte Nachkontrolle von Schlaganfall-Patienten. Ein solcher Ansatz könnte in adaptierter Form auch zur Verlaufskontrolle bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson, oder Multipler Sklerose verwendet werden.
Quelle: Med Uni Graz