24. Okt. 2016

Akutes Koronarsyndrom: Geht’s auch ohne Stent?

Müssen tatsächlich alle Patienten nach akutem Koronarsyndrom einen Stent erhalten? Diese Frage stellte eine amerikanische Gruppe im Rahmen der Studie EROSION (Effective Anti-thrombotic Therapy without Stenting: Intravascular OCT-based Management in Plaque Erosion). Sie kam dabei zu dem etwas überraschenden Ergebnis, dass bei rund einem Viertel jener Patienten, die routinemäßig gestentet werden, konservative Therapie ausreichen würde. Die Entscheidungsfindung beruhte in EROSION auf einer Unterscheidung zwischen Plaque-Ruptur und Plaque Erosion, die mit Hilfe von optischer Kohärenztomographie getroffen wurde.

Plaque Ruptur oder doch nur Erosion

Dieses im Prinzip einfach Verfahren erlaubt Einblicke in die Koronarien, die eine bessere Beurteilung von Läsionen ermöglichen. Im Rahmen der OCT wird ein Bildgebungskatheter in das Herzkranzgefäß geführt und dieses mit Infrarotlicht quasi ausgeleuchtet. Charakteristische Lichtbrechungen an Oberflächen liefern Informationen über Material und Struktur, aus denen sich realitätsnahe Aufnahmen der Gefäßinnenwand errechnen lassen.
Rund 60 Prozent der Fälle von akutem Koronarsyndrom gehen, so Studienautor Dr. Ik-Kyung Jang von der Harvard Medical School, auf Plaque-Ruptur zurück. Doch Plaque-Erosion könnte für mindestens ein Viertel der restlichen Ereignisse verantwortlich sein. Dr. Jang: „Wenn sich unsere konservative Strategie als sicher erweist, könnte sie ein neues Behandlungs-Paradigma für mindestens ein Viertel der ACS-Patienten werden, bei denen folglich das Risiko von frühen und späten Stent-Komplikationen vermieden werden könnte.“

Wird zuviel gestentet?

In die Studie wurden 405 Patienten mit akutem Koronarsyndrom eingeschlossen. Bei 103 (25.4%) wurde Plaque Erosion als Ursache des ACS identifiziert. Von diesen Patienten wurden 60 (TIMI Grad 3, weniger als 70% Stenose, klinisch stabil) für die konservative Therapie ausgewählt und erhielten duale Antiplättchentherapie. Nach einem Monat erreichten 47 der 60 Patienten (78.3%) den primären Endpunkt einer Reduktion des Thrombus um mindestens 50 Prozent, bei 22 Prozent war es überhaupt zu einer kompletten Auflösung gekommen. Ein Patient starb unter DAPT an einer gastrointestinalen Blutung, bei einem zweiten stellte sich keinerlei Verbesserung ein, sodass die Entscheidung zu einer perkutanen Intervention getroffen wurde. Dr. Jang: „Unsere Studie ist, die erste die zeigt, dass Patienten mit einem ACS infolge von Erosion von einem individualisierten Ansatz mit antithrombotischer Therapie profitieren könnten. Das Ziel wäre, diese Patienten ohne jede invasive Prozedur identifizieren zu können, sodass man sie von Anfang an einer konservativen Therapie zuführen und auf den Herzkatheter verzichten kann.“

Quelle:
Effective Anti-thrombotic Therapy without Stenting: Intravascular OCT-based Management in Plaque Erosion (the EROSION study), ESC 2016, präsentiert von Dr. Ik-Kyung Jang im Rahmen der Hotline Session “Coronary Artery Disease and Stenting”.

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