13. Sep. 2016

Streik der Wiener Spitalsärzte

Etwa 1500 Ärztinnen und Ärzte des Wiener Krankenanstaltenverbandes (KAV) hielten am 12. September einen Warnstreik gegen die neuen Arbeitszeitregelungen ab. Höhepunkt der Abschlusskundgebung: Die Forderung nach dem Rücktritt von KAV-Generaldirektor Dr. Udo Janßen.

Am Montag, 12. September, demonstrierten etwa 1500 Spitalsärztinnen und -ärzte gegen die neuen Arbeitszeitregelungen des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV). Dadurch würde es zu einer Reduktion der Nachtdienste (40 der 350 sollen gestrichen werden) und eine Umstellung auf 12,5-Stunden-Dienste kommen.
Der KAV und Gesundheitsstadträtin Mag. Sonja Wehsely übten Kritik an dem Streik. In einer Aussendung am Protesttag verwies der KAV auf die weiterhin aufrechte Gesprächsbereitschaft mit ausgewählten VertreterInnen der Ärzteschaft – nicht mit zu den Gesprächen eingeladen: der Wiener Ärztekammerpräsident ao. Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres.

Ausgerüstet mit Trillerpfeifen und Ratschen und Plakaten marschierten die Demonstrierenden um 9 Uhr vom Dr.-Karl-Lueger-Platz los.

Angeführt vom Präsidium und den Kurienvertretern der Wiener Ärztekammer…

…ging es über den Ring…

… Richtung Weihburggasse. Mittels der Transparente wurde beispielsweise gefragt, ob die Notfälle aus der Nacht auf den Tag davor, oder danach verlegt werden sollen.

Gefordert wird auch ein Bekenntnis zur Ausbildung in den Gemeindespitälern. In letzter Zeit wurde wiederholt beklagt, dass aufgrund des Personalmangels Turnusärztinnen und -ärzte nicht mehr angemessen ausgebildet werden können.

Gegen 12 Uhr trafen die Demonstranten am Stephansplatz zur Abschlusskundgebung ein, deren Höhepunkt die Forderung nach einem Rücktritt von KAV-Generaldirektor Dr. Udo Janßen war.

Kurienobmann VP Dr. Hermann Leitner kritisierte, dass der KAV sich aussuchen wolle, mit wem gesprochen wird. „Das sind nicht die gleichen Personen, mit denen 2015 der Vertrag unterschrieben haben. Das halte ich für ein sehr merkwürdiges Vorgehen!“

Hochrangige VertreterInnen der Ärzteschaft trafen am Podium am Stephansplatz zusammen.

Präsident ao. Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres betonte, dass es in Wien ein relativ gut funktionierendes Gesundheitswesen gab. „Durch die Reduktion der ärztlichen Arbeitszeit um bis zu einem Drittel leidet die Versorgung, es kommt zu höheren Wartezeiten, die Leistungen werden reduziert. Wien wächst jedes Jahr um 30.000, man müsste das Gesundheitssystem anpassen und nicht herunterfahren!“

Dr. Wolfgang Weismüller, Personalvertreter der KAV-Ärzte betonte, dass die Personalvertretung bisher weder Einsprüche gegen neue Dienstzeitmodelle erhoben noch diesen zugestimmt habe. „In den anderen Bundesländern gibt es teilweise Opt-out-Lösungen. Im KAV wurde die Dienstzeit auf 40 Stunden reduziert, das kann nicht kompensiert werden ohne mehr Personal.“

OA Dr. Peter Poslussny, Abt. für Herz- und Gefäßmedizin am KH Hietzing warnte: „Wenn der KAV das durchzieht, bricht meine Abteilung zusammen!“

Eine Solidaritätsbekundung gab es vom AKH-Betriebsrat des Wissenschaftlichen Personals, Dr. Martin Andreas: „Auf der MUW haben wir auch nur unter massiven Druck eine Einigung erreicht.“

OÄ Dr. Romana Ortner, Personalvertreterin Wien Mittelbau Dachverband warnte: „Wir werden durch Organisationsversagen zu Patientenengefährdung gedrängt!“

Dr. Gernot Rainer, Gründer der Ärztegewerkschaft Asklepios, dessen Vertrag im Otto-Wagner-Spital wegen mangelnder Identifikation mit den „Gesamtinteressen der Stadt Wien“ nicht verlängert wurde und der dies nun gerichtlich bekämpft, war begeistert und tief beeindruckt, dass Ärzte Mut und Courage zeigen und sich bei wichtigen Dingen derart solidarisieren.

Volle Solidarität wurde den Spitalsärzten auch vonseiten der niedergelassenen Ärzte durch VP Dr. Johannes Steinhart, Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte, zugesichert. „Die Politik hat die Wertschätzung gegenüber der Ärzteschaft verloren!“


Streikkommitee beschließt weitere Streikmaßnahmen

Bereits am Tag nach dem Streik hat das fraktionsübergreifende Aktions- und Streikkomitee der Wiener Ärztekammer beschlossen, dass es am 26. September zu weiteren Streikmaßnahmen kommen werde, wenn die Gespräche mit der Stadt Wien und dem KAV bis dahin nicht erfolgreich sein sollten. „Der Arbeitskampf wird so lange fortgesetzt, bis beide ärzte- und patientenfeindlichen Maßnahmen ausgesetzt sind“, betonte Ärztekammerpräsident Szekeres in einer Aussendung der Ärztekammer für Wien.