21. Juni 2016

Jungbrunnen Danazol

Eine Telomerverkürzung kann durch Danazol, einen die Bildung und Ausschüttung der Gonadotropine FSH und LH hemmenden Wirkstoff aus der Gruppe der Antigonadotropine, gestoppt werden.

Einleitung: Die Chromosomenenden werden durch Telomere geschützt, die Telomerase reparieren sie. Sie sind jedoch nur während der Embryogenese und danach nur in bestimmten Gewebetypen aktiv. Eine Telomerverkürzung führt zur Senszenz und Apoptose. Männliche Hormone wurden seit Jahrzehnten für die Knochenmarksinsuffizienz – eine der sogenannten Telomererkrankungen neben der Leberzirrhose, Lungenfibrose und Dyskeratose – mit Erfolg verwendet. In einer am 19. Mai im New England Journal of Medicine publizierten Studie wurde geprüft, ob der Einsatz männlicher Hormone den Telomerverlust verringern kann.

Methode: In dieser Phase 1-2-Studie wurde Danazol, einem synthetischen Geschlechtshormon mit androgenen Eigenschaften, bei Patienten älter als 2 Jahren geprüft, bei denen eine Teleomerverkürzung unter der ersten Perzentile, Mutationen der Telomer-Reparaturgene und Verändungen im Blutbild festgestellt wurden. 800 mg Danazol wurden oral auf zwei Dosen täglich verteilt über zwei Jahre verabreicht. Das Genom wurde von Leukozyten extrahiert und die Telomere mit der sogenannten FISH-Technik (fluoresence in situ hybridization) untersucht. Die Wirkung wurde sechs, 12 und 24 Monate nach Beginn durch Laboruntersuchungen überprüft.

Resultate: Zwischen August 2011 und Mai 2014 wurden 27 Patienten (15 Frauen, 12 Männer) mit einem Durchschnittsalter von 41 (17 bis 66) Jahren einbezogen. Wegen der Wirksamkeit bei elf der ersten 12 Patienten wurde die Studie vorzeitig abgebrochen. Alle Patienten erreichten den primären Endpunkt – eine Verzögerung der Telomerverkürzung. Eine Telomerverlängerung wurde bei 76 Prozent der Patienten nach sechs Monaten und 92 Prozent der Patienten nach 24 Monaten beobachtet. Eine hämatologische Verbesserung konnte bei 83 Prozent der Patienten nach 24 Monaten festgestellt werden, Lungenveränderungen blieben stabil. An Nebenwirkungen trat bei 41 Prozent eine Erhöhung der Leberfunktionsparameter auf, bei 33 Prozent Muskelkrämpfe und Lipidveränderungen bei 26 Prozent.

Diskussion: Eine Verlängerung der Telomere bei Patienten mit Telomerverkürzung konnte unter der Behandlung mit 800 mg Danzol oral und eine hämatologische Verbesserung bei Patienten mit Telomerkrankheit festgestellt werden.

Kommentar: Wie im Editorial der gleichen Ausgabe des Journals von Peter Lansdorp ausgeführt, kann die Telomerverkürzung in Laufe des Lebens als Lebensuhr gesehen werden, die mit jeder Mitose tickt. Anwendungsgebiete für Danzol in der Altersmedizin könnten Leber- und Lungenveränderung darstellen. Die Arbeit regt faszinierende Ideen für weitere Interventionsstudien zur Beeinflussung der Ganggeschwindigkeit der Lebensuhr an.

Literatur:
Danielle M. Townsley, Bogdan Dumitriu, Delong Liu, Angélique Biancotto, Barbara Weinstein, Christina Chen, Nathan Hardy, Andrew D. Mihalek, Shilpa Lingala, Yun Ju Kim, Jianhua Yao, Elizabeth Jones, Bernadette R. Gochuico, Theo Heller, Colin O. Wu, Rodrigo T. Calado, Phillip Scheinberg, Neal S. Young
Danazol Treatment for Telomere Diseases
N Engl J Med 2016; 374:1922-1931, May 19, 2016, DOI: 10.1056/NEJMoa1515319

Peter M. Lansdorp
Telomeres on Steroids — Turning Back the Mitotic Clock?
N Engl J Med 2016; 374:1978-1980, May 19, 2016, DOI: 10.1056/NEJMe1602822

Rezensent:
Prim.Dr.Peter Dovjak
Leiter der Akutgeriatrie
Salzkammergutklinikum Gmunden