Medizinnobelpreis 2015 für Tropenmediziner
Das Nobelpreiskommittee am schwedischen Karolinska Institut gab am 5. Oktober bekannt, dass der Medizinnobelpreis 2015 an Wilhelm C. Campbell und Satoshi Omura für die Entdeckung eines Wirkstoffs gegen Onchozerkose und lymphatische Filariose sowie an Youyou Tu geht, die den Anti-Malaria-Wirkstoff Artemisinin fand, verliehen wird.
Das Nobelpreiskommittee verleiht den Medizinnobelpreis 2015 zur Hälfte an Wilhelm C. Campbell und Satoshi Omura sowie an Youyou Tu. Alle drei Laureaten forschen im Bereich der Tropenmedizin.
Mit dem Medizin-Nobelpreis 2015 werden Wilhelm C. Campell (geboren in 1930 Irland; Drew University/USA) und Satoshi Omura (geb. 1935; Kitasato Universität) sowie die Chinesin Youyou Tu (geb. 1930; Chinesische Akademie für traditionelle chinesische Medizin) für die Entdeckung wichtiger Arzneimittel für die Tropenmedizin geehrt. Campbell und Omura teilen sich die Hälfte der mit acht Millionen Schwedischen Kronen (848.000 Euro) dotierten Auszeichnung. Sie haben mit Avermectin und dessen Abwandlung Ivermectin ein neues Arzneimittel gegen die Wurmkrankheiten Onchozerkose und lymphatische Filariose gefunden. Youyou Tu entdeckte den Anti-Malaria-Wirkstoff Artemisinin.
Artemisinin gegen Malaria
Artemisinin ist eines der erfolgreichsten Mittel gegen Malaria. Die chinesische Medizin setzte die Pflanze Einjähriger Beifuß (Artemisia annua) schon vor Jahrhunderten gegen Malaria ein. Um 1970 begann die Chinesin Youyou Tu, sich mit traditioneller Heilkunde zu beschäftigen. Sie fand ein altes Verfahren, um Artemisinin aus dem Beifuß zu extrahieren. Heute wird der Stoff in Form der Artemisinin basierten Kombinationstherapie (ACT) eingesetzt. Der breite Zugang auch ärmerer Staaten zu ACT hat nach Auskunft der Weltgesundheitsorganisation WHO zu bemerkenswerten Erfolgen im Kampf gegen Malaria beigetragen. Es gebe jedoch schon Resistenzen dagegen.
Avermectin und dessen Abwandlung Ivermectin gegen Onchozerkose und lymphatische Filariose
Von der Onchozerkose, die durch Kriebelmücken übertragen wird, sind vor allem Bewohner von Flussgebieten im tropischen Afrika betroffen. Die Mücken geben Fadenwürmer (Onchocerca volvulus) weiter, die im Körper heranwachsen und über Jahre Mikrofilarien streuen, welche in die Haut und in das Augengewebe wandern, wodurch Infizierte erblinden können. Nach WHO-Angaben wird geschätzt, dass es weltweit rund eine halbe Million blinde Menschen als Folge der Flussblindheit gibt.
Die lymphatische Filariose wird meist vom Erreger wuchereria bancrofti ausgelöst, der im tropischen Afrika und in weiten Teilen des tropischen Asiens vorkommt. Die Infektion kann zu Elephantiasis führen, häufig sind auch die Genitalien betroffen. Nach WHO-Angaben sind weltweit mehr als 120 Millionen Menschen infiziert. Rund 40 Millionen haben entstellende Behinderungen und leiden unter Ausgrenzung und finanziellen Nachteilen.
Statement von Prof. Kollaritsch
Herwig Kollaritsch vom Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Medizinischen Universität Wien würdigte am Montag die Fortschritte, welche die Medizin durch die Entwicklungen der Preisträger vor rund 20 Jahren gemacht hat: “Beide Wirkstoffe haben dazu beigetragen, die Häufigkeit dieser Erkrankungen stark zu reduzieren. Wenn wir heute bereits wesentlich weniger Malariaerkrankungen haben, dann ist das vor allem auf die Moskitonetze und Arteminsinin-Kombinationstherapien zurückzuführen. Mit Ivermectin konnte in Afrika die Wurmerkrankung Onchozerkose, die im Endstadium auch die Flussblindheit hervorruft, drastisch zurückgedrängt werden.”
>> Liste der Preisträger des Nobelpreises für Physiologie oder Medizin
Quelle: Nobelprize.org, APA, Credit: © 2014 The Nobel Committee for Physiology or Medicine