26. Dez. 2014

Chirurgie des Karzinoms am ösophagogastralen Übergang

Arzt mit Lanzette entfernt Muttermal von der Haut des Patienten, Nahaufnahme
Pixel-Shot/AdobeStock

In den letzten zwei bis drei Jahrzehnten hat sich in den meisten westlichen Ländern eine auffällige Häufigkeitskonzentration der Karzinome des Ösophagus und des Magens im Bereich des ösophagogastralen Übergangs herauskristallisiert: Beim Ösophaguskarzinom hat das Plattenepithelkarzinom, das in allen Bereichen der Speiseröhre auftreten kann, in dieser Periode Rückläufigkeit gezeigt, während das refluxassoziierte Adenokarzinom, das im distalen Ösophagusdrittel lokalisiert ist, in einigen industrialisierten Ländern deutlich an Häufigkeit zugenommen hat. Invers dazu zeigt das Magenkarzinom insgesamt sinkende Tendenz, wobei allerdings der Anteil kardianaher Tumore zugenommen hat. Diese epidemiologischen Entwicklungen machen deutlich, warum das Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs auch im klinischen Alltag zu einer bedeutenden Gruppe der gastrointestinalen Malignome geworden ist.
Aufgrund der Lokalisation in einer anatomisch und funktionell komplexen Region sind von einzelnen Zentren divergierende Konzepte aufgegriffen worden, die die Vergleichbarkeit von Ergebnissen nahezu unmöglich machte.
Der Notwendigkeit einer einheitlichen anatomischen Klassifikation ist in den 90er Jahren die Münchner Arbeitsgruppe um Siewert nachgekommen: Demzufolge werden lokalisationsabhängig drei Gruppen von Adenokarzinomen des ösophagogastralen Übergangs (ÖGÜ) international unterschieden (siehe Abbildung): AEG Typ I (distales Ösophaguskarzinom), Typ II („echtes“ Kardiakarzinom) und Typ III (subkardiales Magenkarzinom).

Stadiengerechte Therapie

Eingangs ist festzuhalten, dass die Therapieentscheidung auf Basis der Empfehlung eines interdisziplinären Tumorboards erfolgen sollte. Die Arbeit im Tumorboard ist integrativer Bestandteil der interdisziplinären Kooperation und Kommunikation, schafft Struktur und Transparenz der Entscheidungen und Therapieempfehlungen. Außerdem hat das Tumorboard auch edukative Funktionen.
Hochgradige Dysplasie und mukosales Frühkarzinom (<3cm) sind in der Regel mittels endoskopischer Abtragungstechniken unter bestimmten Voraussetzungen (siehe Beitrag von Dr. Michael Häfner) ausreichend radikal behandelbar. Selten kann dies auch auf frühe Formen des Submukosakarzinoms zutreffen. In der Regel müssen Tumore, die die Submukosa oder tiefere Schichten infiltrieren, einer Ösophagus-/Magenresektion mit Lymphadenektomie zugeführt werden, sofern es das individuelle OP-Risiko (Komorbiditäten) erlaubt.
M0 (keine Fernmetastasen): Liegt ein klinisches T2-Stadium (CT und/oder Endosonographie zeigen eine Infiltration der L. muscularis propria) vor, kann eine perioperative Chemotherapie erwogen werden; bei klinischem T3- oder T4-Stadium (Tumor infiltriert alle Wandschichten, ev. mit Infiltration benachbarter Strukturen) oder suspiziertem Befall regionaler Lymphknoten (N1–3) soll eine perioperative Chemotherapie oder neoadjuvante Radiochemotherapie erfolgen.
M1 (Fernmetastasierung): International gültigen Empfehlungen zufolge sollte die radikale Resektion (kurative Intention) im fernmetastasierten Stadium vermieden werden. Die chirurgische Resektion sollte nur erfolgen, wenn durch nicht resektive Maßnahmen keine Palliation (z. B. rezidivierende Blutung, Perforation) erreichbar ist. Bei lokal fortgeschrittenen Karzinomen des ösophagogastralen Übergangs mit Kontakt zum Peritoneum ist zum Ausschluss einer peritonealen Aussaat (Carcinosis peritonei) in der Regel vor neoadjuvanter Therapie eine diagnostische Laparoskopie erforderlich, um festzustellen, ob eine Kuration möglich ist. Bei eingeschränkter Karzinose (niedriger Peritonealkarzinose-Index) kann im Rahmen von Studien die Gastrektomie inklusive Peritonektomie im Sinn der zytoreduktiven Chirurgie mit hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie (HIPEC) kombiniert werden.

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