Fall der Woche: Nach durchzechter Nacht schmerzt das Handgelenk
„Mir tut seit heute Nacht die rechte Hand so weh! Seit drei Uhr bin ich wach, und ich kann sie nicht g’scheit bewegen. Meine Frau hat mir eine Voltarentablette gegen die Schmerzen gegeben, aber die hilft überhaupt nichts“, klagt Herr N. und zeigt Ihnen das geschwollene, etwas überwärmte Handgelenk. Herr N. (66 J.) ist Ihnen gut bekannt, und Sie wissen, dass er schon seit einigen Jahren unter Gicht leidet. Manchmal – so wissen Sie von seiner Gattin – vergisst er allerdings seine 300mg Allopurinol einzunehmen, da er „doch eh keine Beschwerden hat“. Bei näherem Nachfragen stellt sich heraus, dass Herr N. gestern länger im Wirtshaus war. „Ich hab mit Freunden das Fußballspiel verfolgt, naja und da schmeckt das Bier halt einfach prima und der Braten erst. Aber diese Schmerzen sind nicht mehr zum Aushalten! So was hatte ich noch nie!“ Wie gehen Sie nun vor, und welche weiteren Maßnahmen sind zu setzen?
„In diesem Fall kann von einer akuten Gichtarthritis ausgegangen werden“
Dr. Markus Arnold
FA Innere Medizin- Rheumatologie, St. Johann in Tirol
Bei Gichtanamnese mit Aussetzen der urikostatischen Medikation und opulentem Abendessen mit Bierkonsum kann von einer akuten Gichtarthritis ausgegangen werden. Neben der klassischen Podagra (Großzehengrundgelenke) können prinzipiell auch andere Gelenke wie aktuell die Hand betroffen sein. Die akute Gichtarthritis kennzeichnet sich durch Anfallscharakter mit Schwellung, Rötung, Überwärmung und äußerster Druck- und Bewegungsschmerzhaftigkeit aus.
Wichtigstes Ziel ist die Akutbehandlung des in der Regel nicht länger als einige Tage andauernden Gichtanfalls durch rasche Schmerzlinderung und Entzündungshemmung. Neben physikalischen Maßnahmen (kurzfristiges Ruhigstellen und Kühlen) kommen die traditionellen nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) oder Coxibe in ausreichender Dosierung (z.B. Diclofenac 150mg/d, Ibuprofen bis 1800–2400mg/d, Indometacin bis 100–150mg/d, Etoricoxib 120mg/d) unter Berücksichtigung der Nebenwirkungen und Komorbiditäten zum Einsatz. Bei Kontraindikation, Unverträglichkeit oder Nierenfunktionseinschränkung können kurzfristig auch Glukokortikoide (20–30mg Prednisolonäquivalent) über einige Tage eingesetzt werden. Eine weitere Option stellt auch die Gabe von Colchizin dar, wobei es auch in niedriger Dosierung (2–3x 0,5mg/d) eine rasche Wirkung bei geringen Nebenwirkungen zeigt (die höheren Dosierungen mit 0,5–1mg alle 1–2 Stunden werden oft nicht toleriert).
Nach Abklingen des akuten Abfalls gilt es chronische Gichtmanifestationen zu verhindern, prinzipiell wäre ein dauerhaftes Absenken der Serumharnsäurewerte unter 6,0 mg/dl anzustreben. Als Basis gilt eine ausführliche Patientenaufklärung mit Lebensstiländerung, Verbesserung der metabolischen Situation (diätischen Maßnahmen mit langsamer Gewichtsreduktion, Steigerung der Trinkmenge, aber Meiden von Bierkonsum) sowie Steigerung der körperlichen Aktivität (bereits Gehen ab 30 Min. täglich).
Als medikamentöse harnsäuresenkende Therapie stehen Allopurinol mit Dosierung zw. 100mg/d bis 300mg/d (max. 600mg– 800mg) zur Verfügung, bei eingeschränkter Nierenfunktion mit Dosisreduktion bzw. Umstellung auf Febuxostat.