11. Juni 2014

Gesundheitsministerium: Studie zu körpernaher Alu-Anwendung

Auf der Website des Bundesministeriums für Gesundheit wurde am 11. Juni eine Studie veröffentlicht, die den aktuellen Wissensstand in Bezug auf mögliche gesundheitliche Auswirkungen von Aluminium und dessen Verbindungen in verbrauchernahen Produkten wie beispielsweise Lebensmittel oder Kosmetika beleuchtet. Vorsorglich sollte der Kontakt mit Aluminium möglichst reduziert werden, hieß es in einer Aussendung von Gesundheitsminister Alois Stöger.

Anlässlich der Veröffentlichung einer von Mag. Sabine Greßler und Dr. René Fries verfassten Literaturstudie “Aluminium-Toxikologie und gesundheitliche Aspekte körpernaher Anwendungen“, nach der eine Gesundheitsgefährdung durch Aluminum derzeit weder bestätigt noch widerlegt werden kann, empfiehlt das Gesundheitsministerium Verbrauchern, vorsorglich auf Produkte zu verzichten, die Aluminium enthalten. Eine andauernde Exposition mit geringsten Mengen von Aluminium aus verschiedenen Quellen (Lebensmittel, Lebensmittelkontaktmaterialien, Kosmetika, Arzneimittel, Impfstoffe) kann zu einer Überschreitung der von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) festgelegten tolerierbaren wöchentlichen Aufnahmemenge (Tolerable Weekly Intake, TWI) von 1 mg Aluminium pro Kilogramm Körpergewicht führen. Insbesondere für sensible Bevölkerungsgruppen, wie Säuglinge, Kleinkinder, Schwangere, ältere Personen, Menschen mit chronischen Erkrankungen oder solche mit entsprechender genetischer Disposition, kann dies der Studie zufolge ein erhöhtes gesundheitliches Risiko bedeuten.

Aluminium als Lebensmittelzusatzstoff

In der Europäischen Union ist sowohl Aluminium (als Farbstoff) sowie eine Reihe von Aluminiumverbindungen als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen, etwa als Festigungsmittel, Trennmittel, Backtriebmittel oder Trägerstoff für Farbstoffe. Ebenfalls sind Aluminiumlacke zugelassen. Um die Aluminiumexposition der Bevölkerung aus Nahrungsmitteln zu reduzieren, hat die Europäische Kommission mit der Verordnung (EU) Nr. 380/2012 einige aluminiumhaltige Zusatzstoffe aus der Liste der zugelassenen Lebensmittelzusatzstoffe gestrichen bzw. die Verwendung beschränkt oder die Höchstmengen reduziert.

Kinder besonders gefährdet

Kinder nehmen im Verhältnis zu Ihrem Körpergewicht mehr Nahrung auf als Erwachsene und repräsentieren deshalb jene Gruppe, die das höchste Potenzial für eine Aluminiumexposition pro Kilogramm Körpergewicht hat. Der von der EFSA festgelegte TWI-Wert wird sehr wahrscheinlich bei einem erheblichen Teil der allgemeinen Bevölkerung in Europa, insbesondere bei Kindern, überschritten. Untersuchungen von Produkten am europäischen Markt zeigten, dass einige Produkte zur Ernährung von Säuglingen hohe Aluminiumkonzentrationen enthalten, die zu einer Überschreitung der von der tolerierbaren wöchentlichen Aufnahmemenge führen können.

Vorsicht bei sauren Speisen und Fruchtsäften

Mittlerweile gilt es als gesichert, dass beim Kontakt mit sauren Speisen und Fruchtsäften und bei längeren Zubereitungszeiten geringe Aluminiummengen in Speisen übergehen. Daher empfehlen Behörden und Expertengremien, einen längerfristigen Kontakt von stark sauren oder salzigen Speisen und Getränken mit Aluminium zu vermeiden, Produzenten sollten einen Übergang von Aluminium aus Lebensmittelkontaktmaterialien auf Lebensmittel so weit wie möglich reduzieren.

Aluminium in Kosmetika

Aluminium und seine Verbindungen werden am häufigsten und in hohen Konzentrationen in Form von Aluminiumchlorid und Aluminiumchlorohydrat in Kosmetika eingesetzt. Diese Verbindungen sind Bestandteil der meisten im Handel erhältlichen Deodorants und Antitranspirantien. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass diese Produkte maßgeblich zur systemischen Exposition mit Aluminium beitragen können. Die französische Behörde AFSSAPS empfiehlt deshalb eine Reduktion der Maximalkonzentration von Aluminium in Kosmetika auf 0,6 %.

Aluminium hat zell- und neurotoxisches Potenzial

Aluminium steht im Verdacht, an der Entstehung einer Reihe von Erkrankungen – insbesondere des Zentralnervensystems, aber auch des Stoffwechsels – beteiligt zu sein. Allerdings konnte bislang nur bei der Dialyse-Enzephalopathie, der Osteomalazie sowie der Aluminose ein direkter Zusammenhang zwischen einer Aluminiumexposition und der Entstehung der Krankheit festgestellt werden. Das blutbildende System, das Nervensystem und die Knochen sind klar durch die toxischen Effekte von Aluminium betroffen. Als Haupteintrittspforte in den Körper wird allgemein der Verdauungstrakt angenommen, darüber hinaus kann Aluminium aber auch über die Haut, die Schleimhäute oder die Lunge aufgenommen werden. Neueste Untersuchungen zeigen, dass bereits geringe Mengen an Aluminium – wenn diese über längere Zeiträume aufgenommen werden – negative Effekte auslösen oder negative Effekte anderen Ursprungs verstärken können.

Alzheimer und Brustkrebs durch Aluminium?

Ein möglicher ursächlicher Zusammenhang zwischen Belastungen durch Aluminium und Alzheimer-Demenz wird kontrovers diskutiert. Ein direkter und alleiniger kausaler Zusammenhang zwischen Aluminiumexposition und Alzheimer-Demenz ist nicht wahrscheinlich, möglicherweise ist Aluminium aber ein wichtiger Co-Faktor, der die Entstehung fördert. Zahlreiche ExpertInnen sprechen sich aus diesem Grund unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips dafür aus, die Gesamtbelastung mit Aluminium so weit wie möglich zu minimieren. In den letzten Jahrzehnten hat die Häufigkeit von Tumoren im äußeren, oberen Quadranten der Brust zugenommen. Manche WissenschaftlerInnen vermuten als Ursache dafür die Verwendung aluminiumhaltiger Antitranspirantien. Ob Aluminium tatsächlich an der Entstehung von Brustkrebs beteiligt sein kann, wird derzeit kontroversiell diskutiert und weitere Studien zur Untermauerung oder Widerlegung dieser Hypothese sind notwendig.

Expertenkonsultation

Im Vorfeld der Veröffentlichung hat das Gesundheitsministerium Wissenschafter der MedUni Wien sowie Experten der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) und des Deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zu einer Expertenkonsultation eingeladen. Diese stimmten darüber ein, dass die Literaturstudie die momentane Datenlage über Aluminium objektiv und richtig wiedergibt.

Grüne: Mehr Aufklärung nötig

Die Gesundheitssprecherin der Grünen, Eva Mückstein, begrüßte in einer Aussendung am 12. Juni, dass die Empfehlung des Gesundheitsministeriums, den Kontakt mit Aluminium möglichst zu meiden. Sie komme aber zu spät und greife zu kurz, so Mückstein.

>> Gremium für Lebensmittelzusatzstoffe und Lebensmitteln zugesetzte Nährstoffquellen (ANS)
>> BFR: Fragen und Antworten zu Aluminium in Lebensmitteln und verbrauchernahen Produkten

Quelle: APA, BMG