Hautbefunde als Alarmzeichen für Tumoren
NÜRNBERG – Verschiedene gastrointestinale Tumorleiden gehen mit Hautmanifestationen einher. Einige dieser klinischen Syndrome stellt ein Dermatologe vor.
Davor, gleichzeitg, danach – dermatologische Veränderungen bei Erkrankungen, die typischerweise mit Magen-Darm-Manifestationen einhergehen, können zu den unterschiedlichsten Zeitpunkten auftreten. Prof. Dr. Erwin Schultz von der Hautklinik am Klinikum Nürnberg-Nord bezeichnete die Haut als „Spitze des Eisbergs“. Hereditäre Syndrome sind dabei insgesamt selten, zu den bekanntesten zählt das Gardner-Syndrom, das autosomal dominant vererbt wird.
Vorwiegend im Gesicht finden sich epidermale Zysten, außerdem sind Lipome sowie Zahn- und Kieferanomalien typisch. Neoplasmen drohen vor allem in Kolon (fast obligat!), Duodenum, Schilddrüse, Nebennieren, Leber und Gehirn. Bereits ab dem zehnten bis 15. Lebensjahr ist eine jährliche Koloskopie angezeigt. Ab dem 25. bis 30. Lebensjahr sollte alle ein bis drei Jahre die Spiegelung des oberen Gastrointestinal (GI)-Traktes erfolgen. Gegebenenfalls kommt eine prophylaktische Proktokolektomie in Betracht. Die Untersuchung der Schilddrüse steht im Abstand von zwölf Monaten an.
Papeln im Gesicht künden vom Cowden-Syndrom
Auch das Peutz-Jeghers-Syndrom wird autosomal dominant vererbt. Es finden sich hamartöse Polypen in Dünndarm und Kolon, die Krankheit prädisponiert für kolorektale Tumoren sowie solche in Dünndarm, Magen, Pankreas, Uterus und Mamma (32 bis 54 Prozent der betroffenen Frauen). An der Haut sind mukokutane Pigmentierungen typisch. Regelmäßige Untersuchungen – inklusive Endoskopie, Sonographie, MRT und Tumormarker- Bestimmung – sind ab der Kindheit ratsam. Das ebenfalls autosomal dominant vererbte Cowden-Syndrom zeichnet sich durch multiple Hamartome, GI-Polypen und erhöhtes Tumorrisiko für Brust, Kolon und Schilddrüse aus.
Den Dermatologen bieten sich faziale Papeln, Trichilemmome und eine orale Papillomatose. Eine autosomal dominante Variante des Lynch-Syndroms stellt das Muir-Torre-Syndrom dar. Neoplasmen sind in Kolon, Magen, Endometrium, Ovarien und im urologischen Bereich zu befürchten, Koloskopien ab dem 25. Lebensjahr alle zwei bis drei Jahre zu empfehlen. Als begleitende Hauterscheinungen nannte Prof. Schultz Talgdrüsenadenome, -epitheliome und -karzinome (Letztere vor allem am Oberlid).
Ein weiteres autosomal-dominant vererbtes Leiden ist die Tuberöse Sklerose. Am GI-Trakt entwickeln die Betroffenen Hamartome und eine Polyposis von Magen und Dünndarm. In Nieren und Lunge können sich Angiomyolipome (reagieren gut auf Sirolimus) bilden, im Gehirn kortikale Tubera und Riesenzellastrozytome. Für die Haut gelten fasziale Angiofibrome, Bindegewebsnävi und Eschenlaubflecken als charakteristisch.
Akanthosis nigricans: Diabetes oder Tumor?
Bei etwa 15 bis 30 Prozent aller Patienten über 40 Jahre mit einer Dermatomyositis steckt ein Tumorleiden dahinter, vorwiegend in GI-Trakt, Pankreas, Lunge, Brust, Ovarien sowie Non-Hodgkin-Lymphome. Das Hautleiden tritt oft sechs Monate vor der Neoplasie auf, deshalb riet Prof. Schultz zur erweiterten Diagnostik mit CT, MRT, Endoskopie, EMG, Muskelbiopsie (lymphozytäre Myositis!) und Bestimmung von CK, LDH und ANA.
Auch bei der Acrokeratosis paraneoplastica (Bazex), einer akral betonten, psoriasiformen Dermatitis, gehen die Hauterscheinungen den Tumoren voraus. Assoziationen bestehen zu Plattenepithelkarzinomen von Zunge, Oropharynx, Ösophagus, Magen und Lunge. Die Acanthosis nigricans kann sowohl in benigner Form (Zusammenhang mit Diabetes und Adipositas) als auch paraneoplastisch bei Adenokarzinomen des GITrakts, aber auch von Lunge, Pankreas, Brust oder hepatobiliärem System auftreten. Non-Hodgkin- Lymphome, chronisch-lymphatische Leukämien oder Adenokarzinome von Kolon, Pankreas, Brust und Prostata können zum paraneoplastischen Pemphigus führen, der einen ausgeprägten Schleimhautbefall (Mund, Nase, Rachen, Ösophagus, Augen, Genitale) aufweist.
Lichen ruber gehäuft bei Hepatitis
Gelegentlich sind auch benigne GI-Leiden mit Hauterscheinungen verknüpft. Die Dermatitis herpetiformis Duhring z.B. ist eine potenzielle Begleiterscheinung der Zöliakie, wobei sich die IgA-Autoantikörper gegen die epidermale Transglutaminase richten. Bei Hepatitis B oder primär biliärer Zirrhose erkranken einige Patienten am Lichen ruber, beruhend auf einer zellulären Autoimmunreaktion gegen basale Keratinozyten. Klinisch und histologisch ähnelt das Bild einer Graft-versus-Host-Krankheit, erklärte Prof. Schultz. Neben Lebererkrankungen gelten auch einige Medikamente (Goldsalze, Betablocker, NSAR, Carbamazepin, Antimalariamittel, TNF-Blocker, Amalgam) als potenzielle Auslöser.
Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
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