Pneumo Update: Das Wissen nach außen tragen
INNSBRUCK – MT sprach mit Univ.-Prof. Dr. Christian Kähler, dem diesjährigen Kongresspräsidenten des Pneumo Update in Innsbruck, über Neuerungen in der Pneumologie. Mit modernen Therapieoptionen wird die Pneumologie künftig hochspezifische individualisierte Behandlungen anbieten können, die über die Anwendung von Kortison und Betamimetikum hinausgehen.
Prof. Kähler: Wir laden prominente Redner ein, die aktuelle Studiendaten aus erster Hand an die Teilnehmer weitergeben. Der Kongress ist somit sowohl für Allgemeinmediziner als auch für Internisten und Pneumologen interessant. Die Pneumologie wurde lange stiefmütterlich betrachtet, weil es nicht viele Therapieoptionen gab, aber das ändert sich gerade dramatisch. Dieses Wissen wollen wir nach außen tragen, damit es auch den Kollegen zur Verfügung steht und für den Patienten umgesetzt werden kann.
Prof. Kähler: Soeben stehen Medikamente zur Behandlung des Lungenhochdrucks vor der Markteinführung: Macitentan ist ein neuer Endothelin-Rezeptor- Antagonist, der noch lipophiler ist und in der größten bisher durchgeführten Studie den kombinierten Endpunkt bezüglich Morbidität und Mortalität erreicht hat. Für die Keynote Lecture zu dem Thema konnten wir Prof. Hossein Ghofrani gewinnen, der seit Jahrzehnten mit der Entwicklung auf diesem Gebiet vertraut ist. Zusätzlich wird wahrscheinlich Riociguat, ein Stimulator der löslichen Guanylatzyklase, Fuß fassen der den PDE-5-Inhibitor Sildenafil ablösen könnte. Die Zulassung wird für die kommenden Monate erwartet.
Prof. Kähler: In der Pneumologie geht man weg von allgemeinen medizinischen Ansätzen hin zu einer hochspezialisierten individuellen Medizin. Das ist beim Asthma die Therapie mit Mepolizumab, ein monoklonaler Antikörper gegen Interleukin 5, der in einer soeben abgeschlossenen Studie zeigen konnte, dass er Eosinophilie und Exazerbationen reduziert. Eine Zusatzoption zu Omalizumab, dem Antikörper gegen IgE, der bereits beim schweren Asthma etabliert ist. Auch für die COPD werden Antikörpertherapien kommen. Zusätzlich wird sich bei der Inhalationstherapie einiges tun, zum Beispiel wird die erste Kombination aus Anticholinergikum und langwirksamem Betamimetikum verfügbar sein. Inhalative Kombinationspräparate haben höhere Bindungskapazitäten und wirken länger und besser bronchodilatatorisch. Obendrein fördert die einmalige Gabe die Compliance. Die Medikamente fluten sehr schnell an, sodass auch die Patienten den Effekt rasch spüren.
Prof. Kähler: Absolut, es wird sicher komplexer werden. Aber komplex wie jede andere Erkrankung – auch arterielle Hypertonie hat viele Medikamente. Man wird sich mit der Erkrankung tiefgehender auseinandersetzen müssen und dem richtigen Patienten die richtigen Medikamente geben. Man wird nicht mehr reflexartig ein Betamimetikum aufschreiben, damit haben wir ja auch in den letzten Jahren nicht so viel erreicht. Man muss lernen, dass es sich hier um hochspezifische Erkrankungen handelt, die spezifisch therapiert werden wollen. Dazu muss man auch den Facharzt mehr fördern, es wird mehr Spezialisten brauchen, die sich damit auseinandersetzen, aber auch der Allgemeinmediziner wird es erlernen können, denn unter anderem dafür machen wir ja den Kongress.
Prof. Kähler: Das ist ein kontroverses Thema. Der Punkt ist, dass Steroide mal einen Hype erleben, dann wieder verteufelt werden. Es kommen neue Kortisonpräparate nächstes Jahr auf den Markt, d.h. die Diskussion um die Steroidtherapie wird neu aufgerollt werden. Wir werden mit Spezialisten ausdiskutieren, welchen Stellenwert die Kortikoide haben, insbesondere wenn die neuen Kombinationspräparate da sind. Auch hier wird es Kombinationspräparate geben, vielleicht sogar Triple-Applikationen. Da muss man auch vorsichtig sein in Hinblick auf Pneumonien und höhere Mortalität. Das wird die Sitzung herausarbeiten.
Prof. Kähler: Wahrscheinlich. Kortison war die Option in der Pulmologie, da man wenig Alternativen hatte. Mittlerweile bekommen wir immer mehr spezifische Medikamente für verschiedenste pulmologische Erkrankungen in die Hände. So auch bei der Lungenfibrose mit Pirfenidon und dem Tyrosinkinase- Inhibitor Nintedanib. Aber es helfen die besten Medikamente nicht, wenn das Wissen nicht hinausgetragen wird. Lungenfachärzte bekommen ihre Patienten oft zu spät überwiesen. Je früher sie kommen, desto besser die Ausgangssituation. Auch dafür machen wir den Kongress.
JoB