Nicht lustig: Polyneuropathie durch Lachgas-Abusus
Lachgas (N2O) ist nicht nur ein bewährtes Anästhetikum, es wird auch als legale aber durchaus problematische Droge missbraucht. Dies kann zu schwerwiegenden neurologischen Komplikationen führen, wie eine aktuelle Studie aus den Niederlanden zeigt.* Die Situation wird dadurch erschwert, dass man es mit einer schwierigen und wenig adhärenten Population zu tun hat.
Lachgas wurde schon lange vor den ersten medizinischen Anwendungen dieser Substanz als „Partydroge“ verwendet, erlangte jedoch in den vergangenen Jahren zunehmende Popularität, die sich nicht zuletzt in den Niederlanden in Zeitungsberichten zu Unfällen unter Lachgaseinfluss niederschlägt. Allerdings kann die Substanz zu schwerwiegenden neurologischen Komplikationen und Schädigungen führen, wie Dr. Anne Buijnes vom Universitätsklinikum Maastricht ausführt. Hintergrund ist eine Blockade des Vitamin-B12-Metabolismus durch N2O. Allerdings beschränke sich die Literatur zu diesem Problemfeld auf einzelne Fallserien und viele Fragen sind offen. Unklar ist unter anderem, welche neurologischen Manifestationen auftreten können, wie sie mit der Dosis korrelieren, wie die Langzeitprognose aussieht, welche Tests zu empfehlen sind und welche Therapien zur Verfügung stehen.
Retrospektive Studie zu Auswirkungen von Lachgas-Abusus
Etwas mehr Evidenz in diesem Bereich soll nun eine retrospektive Studie erbringen, für die alle verfügbaren Daten zum Lachgas-Abusus von drei Zentren in den Niederlanden ausgewertet wurden. Gesammelt wurden Daten zu Quantität und Dauer des Lachgas-Konsums, Symptomen und Zeichen, Laborparametern, Imaging-Ergebnissen, neurophysiologischen Untersuchungen, Therapien, Krankenhausaufnahmen und Prognose. Über sechs Jahre wurden 251 Patientinnen und Patienten, 63% davon Männer mit einem medianen Alter von 22 Jahren, identifiziert. Die mediane Dauer des Lachgas-Abusus betrug elf Monate, die mediane täglich konsumierte Menge 1,6kg. Bruijne betont, dass dies im Falle eines Gases eine enorme Menge darstellt, zumal ein Lachgas-Ballon ein Gewicht von acht Gramm hat. Knapp ein Drittel der Patientinnen und Patienten inhalierte täglich Lachgas und rund ein Drittel zeigte Zeichen von Abhängigkeit. Die Klinik zeigte bei den Betroffenen mit 78% am häufigsten Polyneuropathie, knapp die Hälfte litt unter Myelopathie und 14% unter Enzephalopathie. Insgesamt waren die Patientinnen und Patienten erheblich beeinträchtigt, zeigten zu 14% kognitive Probleme, litten unter Kopfschmerzen und in 5% unter epileptischen Anfällen. Die axonale Neuropathie, kognitive Defizite, Kopfschmerzen und Anfälle dürften sowohl direkte Lachgas-Toxizität als auch die Folgen leichter chronischer Hypoxämie reflektieren.