Impfungen werden zu wenig genutzt
47.000 Kindern im Alter von zwei bis fünf Jahren fehlt die zweite Masernimpfung, Pneumokokken werden sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen deutlich unterschätzt – das ist das Fazit führender Impfexperten zum Impfstatus in Österreich.
„Pneumokokken fordern jedes Jahr weltweit 1,5 Millionen Todesopfer, bei den Masern sind es 500.000. Pro Jahr gibt es weltweit 14 Millionen Lungenentzündungen durch Pneumokokken. Die Erreger fordern die meisten Todesfälle bei einer durch Impfung verhütbaren Erkrankung“, erklärte Dr. Rudolf Schmitzberger, Impfreferent der Österreichischen Ärztekammer, anlässlich eines Seminars des Verbandes der Österreichischen Impfstoffhersteller (ÖVIH).
Lebensgefährliche Pneumokokken
Eine Gruppe, die besonders stark von potenziell lebensgefährlichen Erkrankungen durch Pneumokokken betroffen ist, sind die unter Fünfjährigen. Eine Immunisierung erfolgt in Österreich im Rahmen des Gratis-Impfprogramms – neuerdings auch mit einer Vakzine, die vor 13 Serotypen der Erreger schützt.
Impflücken schließen
Analysen, die im Auftrag des Gesundheitsministeriums durchgeführt wurden, zeigen, dass die Durchimpfungsrate gegen Masern für die zweite Impfung bei den Zwei- bis Fünfjährigen derzeit bei ca. 82 Prozent liegt. Das bedeutet, dass etwa 47.000 Kinder in dieser Altersgruppe eine zweite Impfung erhalten sollten. Denn um einen ausreichenden Schutz gegen die gefährliche Krankheit zu erreichen und sie – wie von der WHO gefordert – auszurotten, ist eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent notwendig.
Doch auch bei den Kindern im Schulalter gibt es Impflücken. „27.000 Kinder in der Altersgruppe der Sechs- bis Neunjährigen sind nicht ausreichend gegen die Masern geschützt“, berichtete Priv.-Doz. Mag. Dr. Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Abteilung für Impfwesen im Gesundheitsministerium.
Gefährliches „Vergessen“
Und das, obwohl die Kinder im Rahmen des Gratis-Impfprogramms eine vollständige MMR-Immunisierung erhalten sollten. Laut Prim. MedR Ass.-Prof. DDr. Peter Voitl, MBA, Leiter der Kinderintensivstation im SMZ Ost, liegt der Grund für diese Impflücken darin, dass oft auf die zweite und für den Schutz unabdingbar notwendige Teilimpfung mit der MMR-Vakzine „vergessen“ wird. Eine Möglichkeit, Abhilfe zu schaffen, besteht darin, mehrere Impfungen zu kombinieren. Das mache, so Schmitzberger, keine Probleme.
Beteiligung lässt zu wünschen übrig
Die HPV-Impfung, die ebenfalls im Gratis-Impfprogramm enthalten ist, wird in Österreich besonders schlecht angenommen. So beträgt die Durchimpfungsrate bei Buben und Mädchen im Alter von neun bis zehn Jahren derzeit nur 62 Prozent, berichtete Univ.-Prof. Dr. Elmar Joura von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde der MedUni Wien. Und das, obwohl pro Jahr rund 400 Frauen an einem durch HPV verursachten Gebärmutterhalskrebs erkranken und bei 6.700 Frauen Konisationen aufgrund von Zervixkarzinom-Vorstufen durchgeführt werden müssen. Rund 15.000 Patienten erhalten pro Jahr eine Genitalwarzen-Diagnose.